Die Entführung in der Mondscheingasse
Kerl und bumste
mit der Stirn auf die grüne Tuchbespannung des Billardtisches. „Aufhören! Mein
Arm!“
Glockner legte ihm die Stahlfessel an,
verstaute seine Waffe und trat zurück.
„Puh“, machte Jansen. „Der... hat mich
hart erwischt. Aber jetzt geht’s wieder.“
Er übernahm den Gefesselten, der
südländisch aussah und ein zernarbtes Gesicht hatte.
Glockner griff eine schwarze
Aktentasche, die zwischen zwei Stühlen stand, und eilte mit Tarzan hinaus.
„Ich bin nicht allein“, entschloß
Tarzan sich zur Vorwarnung, „die andern sind auch da.“
„Ich denke, ihr seid im Rathaus — wegen
der Ehrung.“
„Waren wir. Gaby hat Ihre Urkunde
mitgebracht.“
Sie kamen gerade rechtzeitig. Der
Bullige begann, sich zu regen. Karl und Klößchen hielten ihre Luftpumpen
griffbereit, um jeden Fluchtversuch mit Gewalt zu unterbinden. Einige Passanten
glotzten aus sicherer Entfernung.
„Hallo, Papi“, rief Gaby. Es klang
erleichtert, wie Tarzan feststellte. Daß ihr Vater unversehrt war, hatte sie
mit einem Blick festgestellt.
Der Rest war ein Kinderspiel und der
Bullige gefesselt, ehe er sich versah. Beide Ganoven wurden in den Polizeiwagen
gestopft, wo sie sich gegenseitig beschimpften. Jeder gab dem anderen die
Schuld daran, daß sie aufgeflogen waren.
„Es sind Heroin-Dealer“, sagte Glockner
leise zu seinen jungen Freunden, während Jansen schon in den Wagen kletterte. „Hier!“
Er hob die Aktentasche an. „Das sind mindestens zwölf Kilo Heroin. Ist ein
Vermögen wert. Damit ist uns ein entscheidender Schlag gegen eine Mailänder
Rauschgift-Organisation geglückt. Daß der Zugriff heute und hier gelang, hätten
wir uns nicht träumen lassen. Sonst wären wir mit einem Dutzend Leuten
angerückt. Carlo Bonsani — das ist der Kleine — hat die Sendung gebracht.
Burkhard Eichhorn sollte sie übernehmen. Als wir Zugriffen, hat er Jansen
niedergeschlagen. Beinahe wäre er dann entkommen. Er ist also gestolpert, wie
ich höre.“
„Über Tarzans Bein“, sagte Gaby.
„Wir hörten das Gebrüll“, räumte Tarzan
ein. „Als der Kerl ‘ne Fliege machte, dachte ich: Besser, der bleibt noch.“
Glockner schloß die Aktentasche im
Kofferraum ein.
„Bis später!“ Er nickte den
TKKG-Freunden zu. „Die Urkunden sehe ich mir an, sobald ich Zeit habe.“
„Wir haben deine mitgebracht“, rief
Gaby. „Und nicht nur das, sondern auch eine Einladung in den Tyroler Hof zu
Herrn Zinke-Schollau, der uns alle am nächsten Wochenende verwöhnen will. Also,
Papi, richte dich darauf ein. Heute ist Montag. Zur Vorbereitung bleibt genug
Zeit.“
Glockner lachte. „Darüber sprechen wir
noch.“
Das geschah Stunden später.
Nach dem Abendessen im Internat
flitzten Tarzan und Klößchen zur Stadt zurück, über der ein leichter Mairegen
niederging. Im Altstadtviertel brach Dämmerung an. In der Glocknerschen Wohnung
über dem Lebensmittelgeschäft brannte Licht. Karl war schon da. Oskar, Gabys
schwarzweißer Cocker-Spaniel, empfing die Jungs mit dem üblichen Freudentanz,
an dem auch die Hundezunge beteiligt war, versuchte er doch, seinem Freund Tarzan übers Gesicht zu schlecken.
Der Kommissar war zu Hause. Gaby hatte
sich hausfein gemacht. Sie trug einen erdfarbenen Schlabberpulli, in den sogar
Tarzans Schultern gepaßt hätten. Frau Glockner kam gerade von ihrer Freundin
Melanie zurück, die zwar wohlgemut, aber zur Zeit völlig hilflos war. Bevor die
Einladung nach Tirol als Thema aufs Tablett kam, wollten die Jungs mehr von der
Heroin-Bande wissen.
„Mit der ist es aus“, meinte Glockner. „Jedenfalls
was ihre Geschäfte hier in der Stadt betrifft. Eichhorn hat eine leichte
Gehirnerschütterung. Vielleicht war er deshalb geständig. Er verriet zwei
Komplicen, die hier als Dealer mit Heroin pushen (handeln). Die beiden
sind verhaftet. Damit befinden sich alle hiesigen Banden-Mitglieder hinter Schloß
und Riegel. Leider heißt das nicht, daß wir an die Mailänder Zentrale
rankommen. Aber vielleicht bemühen sich die italienischen Kollegen. Was
Eichhorns Festnahme betrifft, Tarzan, müßte ich eigentlich dafür sorgen, daß du
in der Presse erwähnt wirst. Aber das unterlasse ich lieber. In deinem
Interesse. Diese Rauschgift-Organisation ist über mehrere Länder verzweigt und
arbeitet mit brutalsten Methoden. Im eigenen Land wurden ein Staatsanwalt und
ein ermittelnder Kommissar Opfer von Mordanschlägen. Die beiden waren den
Drahtziehern im Hintergrund zu nahe gekommen.“
„Heißt
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