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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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wenn es hoch entwickelt ist, aus einer Masse von Pollenkörnern, welche einem elastischen Gestell oder Schwänzchen und dieses wieder einer kleinen Masse von äußerst klebriger Substanz angeheftet ist. Die Pollinien werden auf diese Weise durch Insekten von einer Blüte auf das Stigma einer anderen übertragen. Bei manchen Orchideen findet sich kein Schwänzchen an den Pollenmassen, sondern die Körner sind bloss durch feine Fäden an einander geheftet, da diese indessen nicht auf die Orchideen beschränkt sind, brauchen sie hier nicht betrachtet zu werden; doch will ich erwähnen, dass wir am Grunde der ganzen Orchideenreihe, bei Cypripedium sehen können, wie wahrscheinlich die Fäden zuerst entwickelt worden sind. Bei andern Orchideen hängen die Fäden an dem einen Ende der Pollenmasse zusammen, und dies bildet die erste auftauchende Spur eines Schwänzchens. Daß dies der Ursprung des Schwänzchens ist, selbst wenn dasselbe von beträchtlicher Länge und Höhe entwickelt ist, dafür haben wir gute Belege in den abortirten Pollenkörnern, welche sich zuweilen innerhalb der zentralen und soliden Teile eingebettet nachweisen lassen.
    Was die zweite hauptsächliche Eigentümlichkeit betrifft, nämlich die geringe Menge klebriger Masse, welche an das Ende des Schwänzchens geheftet ist, so kann eine lange Reihe von Abstufungen aufgezählt werden, von denen eine jede von offenbarem Nutzen für die Pflanze ist. In den meisten Blüten von Pflanzen, welche zu andern Ordnungen gehören, sondert die Narbe ein wenig klebriger Substanz ab. Nun wird bei gewissen Orchideen ähnliche klebrige Substanz abgesondert, aber in viel größeren Mengen und nur von einem der drei Stigmen, und dies Stigma wird, vielleicht in Folge dieser massigen Absonderung, unfruchtbar. Wenn ein Insekt eine Blüte dieser Art besucht, so reibt es etwas von der klebrigen Substanz ab und nimmt dabei gleichzeitig einige der Pollenkörner mit fort. Von diesem einfachen Zustande, welcher nur wenig von dem von einer Menge gewöhnlicher Blumen abweicht, führen endlose Abstufungen zu Arten, bei denen die Pollenmasse in ein sehr kurzes freies Schwänzchen ausgeht, dann zu andern, bei denen das Schwänzchen fest an die klebrige Masse angeheftet wird, während das unfruchtbare Stigma selbst bedeutend modifiziert wird. In diesem letzten Falle haben wir dann ein Pollinium in seiner höchsten Entwicklung und seinem vollkommenen Zustande. Wer sorgfältig die Blüten von Orchideen selbst untersuchen wird, wird nicht läugnen, dass die oben angeführte Reihe von Abstufungen wirklich existiert: von einer Masse von Pollenkörnern, welche nur durch Fäden mit einander verbunden sind, während das Stigma nur wenig von dem einer gewöhnlichen Blüte abweicht, zu einem äußerst komplizierten Pollinium, welches für den Transport durch Insekten wunderbar wohl angepasst ist; auch wird er nicht läugnen können, dass alle die Abstufungen bei den verschiedenen Spezies in Beziehung auf den allgemeinen Bau einer jeden Blüte wunderbar gut für die Befruchtung durch verschiedene Insekten angepasst sind. In diesem, – und in der Tat beinahe jedem andern – Falle kann die Untersuchung noch weiter zurück verfolgt werden; man kann fragen, wie kam es, dass das Stigma einer gewöhnlichen Blume klebrig wurde. Da wir indessen nicht die vollständige Geschichte einer einzigen Gruppe organischer Wesen kennen, so ist es eben so nutzlos zu fragen, als der Versuch derartige Fragen zu beantworten hoffnungslos ist.
    Wir wollen uns nun zu den kletternden Pflanzen wenden. Diese können in eine lange Reihe angeordnet werden, von denen, welche sich einfach um eine Stütze winden, zu denjenigen, welche ich Blattkletterer genannt habe und zu den mit Ranken versehenen. In diesen letzten zwei Klassen haben die Stämme allgemein, aber nicht immer, das Vermögen des Windens verloren, trotzdem aber das Vermögen des Aufrollens, welches gleicherweise die Ranken besitzen, beibehalten. Die Abstufungen von Blattkletterern zu Rankenträgern sind wunderbar eng und gewisse Pflanzen lassen sich ganz ununterschieden in beide Klassen einordnen. Geht man indessen die Reihe aufwärts, von einfachen Windeformen zu Blattkletterern, so tritt eine bedeutungsvolle Eigenschaft hinzu, nämlich die Empfindlichkeit für eine Berührung, durch welches Mittel die Stengel der Blätter oder der Blüten oder die in Ranken modifizierten und umgewandelten Stengel gereizt werden, sich um den berührenden Gegenstand herumzubiegen

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