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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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Kulturpflanzen, wie der Weizen z. B., geben noch immer neue Varietäten, und unsre ältesten Haustiere sind noch immer rascher Umänderung und Veredelung fähig.
    So viel ich nach langer Beschäftigung mit dem Gegenstande zu urteilen vermag, scheinen die Lebensbedingungen auf zweierlei Weise zu wirken: direkt auf den ganzen Organismus oder nur auf gewisse Teile, und indirekt durch Affection der Reproduktionsorgane. In Bezug auf die direkte Einwirkung müssen wir im Auge behalten, dass in jedem Falle, wie Professor Weismann vor Kurzem betont hat und wie ich in meinem Buche, ,das Variieren im Zustande der Domestikation’ gelegentlich gezeigt habe, zwei Faktoren tätig sind: nämlich die Natur des Organismus und die Natur der Bedingungen. Das erstere scheint bei weitem das Wichtigere zu sein. Denn nahezu ähnliche Variationen entstehen zuweilen, so viel sich urteilen lässt, unter ähnlichen Bedingungen; und auf der andern Seite treten unähnliche Abänderungen unter Bedingungen auf, welche nahezu gleichförmig zu sein scheinen. Die Wirkungen auf die Nachkommen sind entweder bestimmt oder unbestimmt. Sie können als bestimmt angesehen werden, wenn alle oder beinahe alle Nachkommen von Individuen, welche während mehrerer Generationen gewissen Bedingungen ausgesetzt gewesen sind, in demselben Maße modifiziert werden. Es ist außerordentlich schwierig, in Bezug auf die Ausdehnung der Veränderungen, welche in dieser Weise bestimmt herbeigeführt worden sind, zu irgend einem Schlusse zu gelangen. Kaum ein Zweifel kann indes über viele kleine Abänderungen bestehen: wie Größe in Folge der Menge der Nahrung, Farbe in Folge der Art der Nahrung, Dicke der Haut und des Haares in Folge des Klima’s u. s. w. Jede der endlosen Varietäten, welche wir im Gefieder unsrer Hühner sehen, muss ihre bewirkende Ursache gehabt haben: und wenn eine und dieselbe Ursache gleichmäßig eine lange Reihe von Generationen hindurch auf viele Individuen einwirken würde, so würden auch wahrscheinlich alle in derselben Art modifiziert werden. Solche Tatsachen, wie die komplizierten und außerordentlichen Auswüchse, welche unveränderlich der Einimpfung eines minutiösen Tröpfchens Gift von einem Gall-Insekt folgen, zeigen uns, was für eigentümliche Modifikationen bei Pflanzen aus einer chemischen Änderung in der Natur des Saftes resultiren können.
    Unbestimmte Variabilität ist ein viel häufigeres Resultat veränderter Bedingungen als bestimmte Variabilität und hat wahrscheinlich bei der Bildung unserer Kulturrassen eine bedeutungsvollere Rolle gespielt. Wir finden unbestimmte Variabilität in den endlosen unbedeutenden Eigentümlichkeiten, welche die Individuen einer und derselben Art unterscheiden und welche nicht durch Vererbung von einer der beiden elterlichen Formen oder von irgend einem entfernteren Vorfahren erklärt werden können. Selbst stark markierte Verschiedenheiten treten gelegentlich unter den Jungen einer und derselben Brut auf und bei Sämlingen aus derselben Frucht. In langen Zeiträumen erscheinen unter Millionen von Individuen, welche in demselben Lande erzogen und mit beinahe gleichem Futter ernährt wurden, so stark ausgesprochene Strukturabweichungen, dass sie Monstrositäten genannt zu werden verdienen; Monstrositäten können aber durch keine bestimmte Trennungslinie von leichteren Abänderungen geschieden werden. Alle derartigen Strukturveränderungen, mögen sie nun äußerst unbedeutend oder scharf markiert sein, welche unter vielen zusammenlebenden Individuen erscheinen, können als die unbestimmten Einwirkungen der Lebensbedingungen auf jeden individuellen Organismus angesehen werden, in beinahe derselben Weise, wie eine Erkältung verschiedene Menschen in einer unbestimmten Weise affiziert, indem sie je nach dem Zustande ihres Körpers oder ihrer Constitution Husten oder Schnupfen, Rheumatismus oder Entzündung verschiedener Organe verursacht.
    In Bezug auf das, was ich indirekte Wirkung veränderter Bedingungen genannt habe, nämlich Abänderungen durch Affection des Fortpflanzungssystems, können wir folgern, dass hierbei die Variabilität zum Teil Folge der Tatsache ist, dass dieses System äußerst empfindlich gegen jede Veränderung der Bedingungen ist, zum Teil hervorgerufen wird durch die Ähnlichkeit, welche, wie Kölreuter und andere bemerkt haben, zwischen der einer Kreuzung bestimmter Arten folgenden und der bei allen unter neuen und unnatürlichen Bedingungen aufgezogenen Pflanzen und

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