Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
sind, was sie jetzt sind; und wie ich von Herrn Brent erfahre, gibt es bei Glasgow Hauspurzler, welche nicht dreiviertel Ellen weit fliegen können, ohne sich einmal kopfüber zu bewegen. Ebenso ist es zu bezweifeln, ob jemals irgend Jemand daran gedacht habe, einen Hund zum Vorstehen abzurichten, hätte nicht etwa ein individueller Hund von selbst eine Neigung verraten, es zu tun, und man weiß, dass dies zuweilen vorkommt, wie ich es selbst einmal an einem ächten Pinscher beobachtete; das »Stellen« ist wahrscheinlich, wie Manche gedacht haben, nur eine verstärkte Pause eines Tieres, das sich in Bereitschaft setzt, auf seine Beute einzuspringen. Hatte sich ein erster Anfang des Stellens einmal gezeigt, so mögen methodische Zuchtwahl und die erbliche Wirkung zwangsweiser Abrichtung in jeder nachfolgenden Generation das Werk bald vollendet haben; und unbewusste Zuchtwahl ist noch immer in Tätigkeit, da jedermann, wenn auch ohne die Absicht eine verbesserte Rasse zu bilden, sich gern die Hunde verschafft, welche am besten vorstehen und jagen. Andrerseits hat auch Gewohnheit allein in einigen Fällen genügt. Kaum irgend ein Tier ist schwerer zu zähmen als das Junge des wilden Kaninchens, und kaum ein Tier zahmer als das Junge des zahmen Kaninchens; und doch kann ich kaum glauben, dass die Hauskaninchen nur der Zahmheit wegen gezüchtet worden sind; wir müssen daher wenigstens zum größeren Teile die erbliche Veränderung von äußerster Wildheit bis zur äußersten Zahmheit der Gewohnheit und lange fortgesetzten engen Gefangenschaft zuschreiben.
Natürliche Instinkte gehen im domestizierten Zustande verloren; ein merkwürdiges Beispiel davon sieht man bei denjenigen Geflügelrassen, welche selten oder nie brütig werden; d. h. welche nie eine Neigung zum Sitzen auf ihren Eiern zeigen. Nur die tägliche Gewöhnung verhindert uns zu sehen, in wie hohem Grade und wie beständig die geistigen Fähigkeiten unserer Haustiere durch Zähmung verändert worden sind. Es ist kaum möglich daran zu zweifeln, dass die Liebe zum Menschen beim Hund instinctiv geworden ist. Alle Wölfe, Füchse, Schakals und Katzenarten sind, wenn man sie gezähmt hält, sehr begierig Geflügel, Schafe und Schweine anzugreifen, und dieselbe Neigung hat sich bei solchen Hunden unheilbar gezeigt, welche man jung aus Gegenden zu uns gebracht hat, wo wie im Feuerlande und in Australien die Wilden jene Haustiere nicht halten. Und wie selten ist es auf der andern Seite nötig, unseren civilisierten Hunden, selbst wenn sie noch jung sind, die Angriffe auf jene Tiere abzugewöhnen. Ohne Zweifel machen sie manchmal einen solchen Angriff und werden dann geschlagen und, wenn das nicht hilft, endlich weggeschafft, – so dass Gewohnheit und wahrscheinlich einige Zuchtwahl zusammengewirkt haben, unseren Hunden ihre erbliche Civilisation beizubringen. Andererseits haben junge Hühnchen, ganz in Folge von Gewöhnung, die Furcht vor Hunden und Katzen verloren, welche sie zweifelsohne nach ihrem ursprünglichen Instinkte besaßen; denn ich erfahre von Capt. Hutton, dass die jungen Küchlein der Stammform Gallus bankiva , wenn sie auch von einer gewöhnlichen Henne in Indien ausgebrütet worden, anfangs außerordentlich wild sind. Dasselbe ist auch mit den jungen Fasanen aus Eiern, die man in England von einem Haushuhn hat ausbrüten lassen, der Fall. Und doch haben die Hühnchen keineswegs alle Furcht verloren, sondern nur die Furcht vor Hunden und Katzen; denn sobald die Henne ihnen durch Glucken eine Gefahr anmeldet, laufen alle (zumal junge Truthühner) unter ihr hervor, um sich im Grase und Dickicht umher zu verbergen, offenbar in der instinctiven Absicht, wie wir bei wilden Bodenvögeln sehen, es ihrer Mutter möglich zu machen davon zu fliegen. Freilich ist dieser bei unseren jungen Hühnchen zurückgebliebene Instinkt im gezähmten Zustande ganz nutzlos geworden, weil die Mutterhenne das Flugvermögen durch Nichtgebrauch gewöhnlich fast eingebüßt hat.
Es lässt sich nun hieraus schließen, dass im Zustande der Domestikation Instinkte erworben worden und natürliche Instinkte verloren gegangen sind, teils durch eigene Gewohnheit und teils durch die Einwirkung des Menschen, welcher viele aufeinanderfolgende Generationen hindurch eigentümliche geistige Neigungen und Fähigkeiten, die uns in unserer Unwissenheit anfangs nur ein sogenannter Zufall geschienen, durch Zuchtwahl gehäuft und gesteigert hat. In einigen Fällen hat erzwungene Gewöhnung
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