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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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instinctiv getan. Es würde aber ein bedenklicher Irrtum sein anzunehmen, dass die Mehrzahl der Instinkte durch Gewohnheit schon während einer Generation erworben und dann auf die nachfolgenden Generationen vererbt worden sei. Es lässt sich genau nachweisen, dass die wunderbarsten Instinkte, die wir kennen, wie die der Korbbienen und vieler Ameisen, unmöglich durch die Gewohnheit erworben sein können.
    Man wird allgemein zugeben, dass für das Gedeihen einer jeden Spezies in ihren jetzigen Existenzverhältnisen Instinkte eben so wichtig sind, als die Körperbildung. Ändern sich die Lebensbedingungen einer Spezies, so ist es wenigstens möglich, dass auch geringe Änderungen in ihrem Instinkte für sie nützlich sein werden. Wenn sich nun nachweisen lässt, dass Instinkte, wenn auch noch so wenig, variieren, dann kann ich keine Schwierigkeit für die Annahme sehen, dass natürliche Zuchtwahl auch geringe Abänderungen des Instinktes erhalte und durch beständige Häufung bis zu einem vorteilhaften Grade vermehre. In dieser Weise dürften, wie ich glaube, alle und auch die zusammengesetztesten und wunderbarsten Instinkte entstanden sein. Wie Abänderungen im Körperbau durch Gebrauch und Gewohnheit veranlasst und verstärkt, dagegen durch Nichtgebrauch verringert und ganz eingebüßt werden können, so ist es zweifelsohne auch mit den Instinkten der Fall gewesen. Ich glaube aber, dass die Wirkungen der Gewohnheit in vielen Fällen von ganz untergeordneter Bedeutung sind gegenüber den Wirkungen natürlicher Zuchtwahl auf sogenannte spontane Abänderungen des Instinktes, d. h. auf Abänderungen in Folge derselben unbekannten Ursachen, welche geringe Abweichung in der Körperbildung veranlassen.
    Kein zusammengesetzter Instinkt kann möglicherweise durch natürliche Zuchtwahl anders als durch langsame und stufenweise Häufung vieler geringer, aber nutzbaren Abänderungen hervorgebracht werden. Hier müssten wir, wie bei der Körperbildung, in der Natur zwar nicht die wirklichen Übergangsstufen, die jeder zusammengesetzte Instinkt bis zu seiner jetzigen Vollkommenheit durchlaufen hat, – die ja bei jeder Art nur in ihren Vorgängern gerader Linie zu entdecken sein würden –, wohl aber einige Beweise für solche Abstufungen in den Seitenlinien von gleicher Abstammung finden, oder wenigstens nachweisen können, dass irgend welche Abstufungen möglich sind; und dies sind wir sicher im Stande. Bringt man aber selbst in Rechnung, dass fast nur die Instinkte von in Europa und Nordamerika lebenden Tieren näher beobachtet worden und die der untergegangenen Tiere uns ganz unbekannt sind, so war ich doch erstaunt zu finden, wie ganz allgemein sich Abstufungen bis zu den Instinkten der zusammengesetztesten Art entdecken lassen. Instinktänderungen mögen zuweilen dadurch erleichtert werden, dass eine und dieselbe Spezies verschiedene Instinkte in verschiedenen Lebensperioden oder Jahreszeiten besitzt, oder wenn sie unter andere äußere Lebensbedingungen versetzt wird u. s. w., in welchen Fällen dann wohl entweder nur der eine oder nur der andere Instinkt durch natürliche Zuchtwahl erhalten werden wird. Beispiele von solcher Verschiedenheit des Instinktes bei einer und derselben Art lassen sich in der Natur nachweisen.
    Nun ist, wie es bei der Körperbildung der Fall und meiner Theorie gemäß ist, auch der Instinkt einer jeden Art nützlich für diese und so viel wir wissen niemals zum ausschließlichen Nutzen anderer Arten vorhanden. Eines der triftigsten Beispiele, die ich kenne, von Tieren, welche anscheinend zum blossen Besten anderer etwas tun, liefern die Blattläuse, indem sie, wie Huber zuerst bemerkte, freiwillig den Ameisen ihre süßen Excretionen überlassen. Daß sie dies freiwillig tun, geht aus folgenden Tatsachen hervor. Ich entfernte alle Ameisen von einer Gruppe von etwa zwölf Aphiden auf einer Ampferpflanze und hinderte ihr Zusammenkommen mehrere Stunden lang. Nach dieser Zeit glaubte ich sicher, dass die Blattläuse das Bedürfnis der Excretion hätten. Ich beobachtete sie eine Zeit lang durch eine Lupe: aber nicht eine gab eine Excretion von sich. Darauf streichelte und kitzelte ich sie mit einem Haare, so gut ich es konnte auf dieselbe Weise, wie es die Ameisen mit ihren Fühlern machen, aber keine Excretion erfolgte. Nun ließ ich eine Ameise zu, und aus ihrem eifrigen Hin- und Herrennen schien hervorzugehen, dass sie augenblicklich erkannt hatte, welch’ ein reicher Genuß ihrer harre. Sie

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