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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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begann dann mit ihren Fühlern den Hinterleib erst einer und dann einer anderen Blattlaus zu betasten, deren jede, sowie sie die Berührung des Fühlers empfand, sofort den Hinterleib in die Höhe richtete und einen klaren Tropfen süßer Flüssigkeit ausschied, der alsbald von der Ameise eingesogen wurde. Selbst ganz junge Blattläuse benahmen sich auf diese Weise und zeigten, dass ihr Verhalten ein instinctives und nicht die Folge der Erfahrung war. Nach den Beobachtungen Huber’s ist es sicher, dass die Blattläuse keine Abneigung gegen die Ameisen zeigen, und wenn diese fehlen, so sind sie zuletzt genötigt, ihre Excretionen auszustoßen. Da nun die Aussonderung außerordentlich klebrig ist, so ist es ohne Zweifel für die Aphiden von Nutzen, dass sie entfernt werde; und so ist es denn wahrscheinlich auch mit dieser Excretion nicht auf den ausschließlichen Vorteil der Ameisen abgesehen. Obwohl kein Zeugnis dafür existiert, dass irgend ein Tier in der Welt etwas zum ausschließlichen Nutzen einer andern Art thue, so sucht doch jede Art Vorteil von den Instinkten anderer zu ziehen und macht sich die schwächere Körperbeschaffenheit anderer zu Nutze. So können denn auch in einigen Fällen gewisse Instinkte nicht als absolut vollkommen betrachtet werden, was ich aber bis ins einzelne auseinanderzusetzen hier unterlassen will, da ein derartiges Eingehen nicht unerlässlich ist.
    Da im Naturzustande ein gewisser Grad von Abänderung in den Instinkten und die Erblichkeit solcher Abänderungen zur Wirksamkeit der natürlichen Zuchtwahl unerlässlich ist, so sollten wohl so viel Beispiele als möglich angeführt werden, aber Mangel an Raum hindert mich es zu tun. Ich kann bloss versichern, dass Instinkte gewiß variieren, wie z. B. der Wanderinstinct nach Ausdehnung und Richtung variieren oder sich auch ganz verlieren kann. So ist es mit den Nestern der Vögel, welche teils je nach der dafür gewählten Stelle, nach den Natur- und Wärmeverhältnisen der bewohnten Gegend, teils aber auch oft aus ganz unbekannten Ursachen abändern. So hat Audubon einige sehr merkwürdige Fälle von Verschiedenheiten in den Nestern derselben Vogelarten, je nachdem sie im Norden oder im Süden der Vereinigten Staaten leben, mitgeteilt. Warum, hat man gefragt, hat die Natur wenn Instinkt veränderlich ist, der Biene nicht »die Fähigkeit erteilt, andere Materialien da zu benützen, wo Wachs fehlt?« Aber welche andere Materialien könnten Bienen benützen? Ich habe gesehen, dass sie mit Cochenille erhärtetes und mit Fett erweichtes Wachs gebrauchen und verarbeiten. Andrew Knight sah seine Bienen, statt emsig Pollen einzusammeln, ein Cement aus Wachs und Terpentin gebrauchen, womit er entrindete Bäume überstrichen hatte. Endlich hat man kürzlich Bienen beobachtet, die, statt Blüten um ihres Samenstaubs willen aufzusuchen, gerne eine ganz verschiedene Substanz, nämlich Hafermehl, verwendeten. – Furcht vor irgend einem besonderen Feinde ist gewiß eine instinctive Eigenschaft, wie man bei den noch im Neste sitzenden Vögeln zu erkennen Gelegenheit hat, obwohl sie durch Erfahrung und durch die Wahrnehmung von Furcht vor demselben Feinde bei anderen Tieren noch verstärkt wird. Aber Tiere auf abgelegenen kleinen Eilanden lernen wie ich anderwärts gezeigt habe, sich nur langsam vor dem Menschen fürchten; und so nehmen wir auch in England selbst wahr, dass die großen Vögel, weil sie vom Menschen mehr verfolgt werden, sich viel mehr vor ihm fürchten als die kleinen. Wir können die stärkere Scheuheit großer Vögel getrost dieser Ursache zuschreiben; denn auf von Menschen unbewohnten Inseln sind die großen nicht scheuer als die kleinen; und die Elster, so furchtsam in England, ist in Norwegen eben so zahm wie die Krähe ( Corvus cornix ) in Ägypten.
    Daß die geistigen Qualitäten der Individuen einer Spezies im Allgemeinen, auch wenn sie in der freien Natur geboren sind, vielfach abändern, kann mit vielen Tatsachen belegt werden. Auch ließen sich bei nicht gezähmten Tieren Beispiele von zufälligen und fremdartigen Gewohnheiten anführen, die, wenn sie der Art nützlich wären, durch natürliche Zuchtwahl zu ganz neuen Instinkten Veranlassung gegeben haben könnten. Ich weiß aber wohl, dass diese allgemeinen Behauptungen, ohne einzelne Tatsachen zum Belege, nur einen schwachen Eindruck auf den Leser machen werden, kann jedoch nur meine Versicherung wiederholen, dass ich nicht ohne gute Beweise so

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