Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
Noch Niemand hat meines Wissens diese zwei Varietäten von Mais für verschiedene Arten angesehen; und es ist wesentlich zu bemerken, dass die aus ihnen erzogenen Blendlinge selbst vollkommen fruchtbar waren, so dass auch Gärtner selbst nicht wagte, jene Varietäten für zwei verschiedene Arten zu erklären.
Girou de Buzareingues kreuzte drei Varietäten von Gurken mit einander, welche wie der Mais getrennten Geschlechtes sind, und versichert, ihre gegenseitige Befruchtung sei um so weniger leicht, je größer ihre Verschiedenheit. In wie weit diese Versuche Vertrauen verdienen, weiß ich nicht; aber die drei zu denselben benützten Formen sind von Sageret, welcher sich bei seiner Unterscheidung der Arten hauptsächlich auf die Unfruchtbarkeit stützt, als Varietäten aufgestellt worden, und Naudin ist zu demselben Schlusse gelangt.
Weit merkwürdiger und anfangs fast unglaublich erscheint der folgende Fall; jedoch ist er das Resultat einer erstaunlichen Zahl viele Jahre lang an neun Verbascum -Arten fortgesetzter Versuche, welche hier noch um so höher in Anschlag zu bringen sind, als sie von Gärtner herrühren, der ein eben so vortrefflicher Beobachter als entschiedener Gegner ist: es ist dies die Tatsache, dass die gelben und die weißen Varietäten der nämlichen Verbascum -Arten bei der Kreuzung mit einander weniger Samen geben, als jede derselben liefern, wenn sie mit Pollen aus Blüten von ihrer eigenen Farbe befruchtet werden. Er versichert außerdem, dass wenn gelbe und weiße Varietäten einer Art mit gelben und weißen Varietäten einer andern Art gekreuzt werden, man mehr Samen erhält, wenn man die gleichfarbigen als wenn man die ungleichfarbigen Varietäten miteinander paart. Auch Scott hat mit den Arten und Varietäten von Verbascum Versuche angestellt, und obgleich er nicht im Stande war, Gärtner’s Resultate über das Kreuzen distincter Arten zu bestätigen, so findet er doch, dass die ungleich gefärbten Varietäten derselben Art weniger Samen ergeben (im Verhältnis von 86 zu 100), als die ähnlich gefärbten Varietäten. Und doch weichen diese Varietäten in keiner Beziehung als in der Farbe ihrer Blüten von einander ab, und eine Varietät lässt sich zuweilen aus dem Samen der andern erziehen.
Kölreuter, dessen Genauigkeit durch jeden späteren Beobachter bestätigt worden ist, hat die merkwürdige Tatsache nachgewiesen, dass eine eigentümliche Varietät des gemeinen Tabaks, wenn sie mit einer ganz andern ihr weit entfernt stehenden Spezies gekreuzt wird, fruchtbarer ist als die andern Varietäten. Er machte mit fünf Formen Versuche, die allgemein für Varietäten gelten, was er auch durch die strengste Probe, nämlich durch Wechselkreuzungen bewies, und fand, dass die Blendlinge vollkommen fruchtbar waren. Doch gab eine dieser fünf Varietäten, mochte sie nun als Vater oder Mutter mit ins Spiel kommen, bei der Kreuzung mit Nicotiana glutinosa stets minder unfruchtbare Bastarde, als die vier andern Varietäten bei Kreuzung mit Nicotiana glutinosa gaben. Es muss daher das Reproduktivsystem dieser einen Varietät in irgend einer Weise und in irgend einem Grade modifiziert gewesen sein.
Nach diesen Tatsachen kann nicht länger mehr behauptet werden, dass Varietäten bei ihrer Kreuzung unabänderlich völlig fruchtbar sind. Bei der großen Schwierigkeit, die Unfruchtbarkeit der Varietäten im Naturzustande zu bestätigen, weil jede bei der Kreuzung nur in irgend einem Grade etwas unfruchtbare Varietät allsbald allgemein für eine Spezies erklärt werden würde, sowie in Folge des Umstandes, dass der Mensch bei seinen domestizierten Varietäten nur auf die äußeren Charaktere sieht, und da solche Varietäten keine sehr lange Zeit hindurch gleichförmigen Lebensbedingungen ausgesetzt worden sind: – nach all’ diesen Betrachtungen können wir schließen, dass die Fruchtbarkeit bei Kreuzungen keinen fundamentalen Unterscheidungsgrund zwischen Varietäten und Arten abgibt. Die allgemeine Unfruchtbarkeit gekreuzter Arten kann getrost nicht als etwas besonders Erlangtes, oder als besondere Begabung, sondern als etwas mit Veränderungen unbekannter Natur in ihren Sexualelementen Zusammenhängendes betrachtet werden.
Bastarde und Blendlinge unabhängig von ihrer Fruchtbarkeit verglichen
Die Nachkommen mit einander gekreuzter Arten und gekreuzter Varietäten lassen sich unabhängig von der Frage der Fruchtbarkeit noch in mehreren andern Beziehungen mit einander vergleichen. Gärtner,
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