Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
gerade das direkte Gegenteil hiervon, die Theorie Pallas’, anzunehmen, dass nämlich solche Bedingungen allgemein jene Neigung eliminiren; so dass also die domestizierten Nachkommen von Arten, welche in ihrem Naturzustande in einem gewissen Grade unfruchtbar bei ihrer Kreuzung gewesen sein werden, vollkommen fruchtbar mit einander werden. Bei Pflanzen führt die Kultur so wenig eine Neigung zur Unfruchtbarkeit distincter Spezies herbei, dass in mehreren bereits erwähnten wohl beglaubigten Fällen gewisse Pflanzen gerade in einer entgegengesetzten Art und Weise affiziert worden sind; sie sind nämlich selbst-impotent geworden, während sie die Fähigkeit, andere Arten zu befruchten und von andern Arten befruchtet zu werden, noch immer beibehalten haben. Wenn die Pallasische Theorie von der Elimination der Unfruchtbarkeit durch lange fortgesetzte Domestikation angenommen wird, – und sie kann kaum zurückgewiesen werden –, so wird es im höchsten Grade unwahrscheinlich, dass lange andauernde ähnliche Umstände gleichfalls diese Neigung herbeiführen sollten; doch könnte in gewissen Fällen bei Spezies mit eigentümlicher Constitution gelegentlich Unfruchtbarkeit dadurch herbeigeführt werden. Auf diese Weise können wir, wie ich glaube, einsehen, warum bei domestizierten Tieren keine Varietäten produziert worden sind, welche wechselseitig unfruchtbar sind; und warum bei Pflanzen nur wenig derartige, sofort zu besprechende Fälle beobachtet worden sind.
Die wirkliche Schwierigkeit bei dem vorliegenden Gegenstande liegt, wie mir scheint, nicht darin, dass domestizierte Varietäten nicht wechselseitig unfruchtbar bei ihrer Kreuzung geworden sind, sondern darin, dass dies so allgemein bei natürlichen Varietäten eingetreten ist, so bald sie in hinreichendem Grade und so ausdauernd modifiziert worden sind, um als Spezies betrachtet zu werden. Wir kennen durchaus nicht genau die Ursache; auch ist dies nicht überraschend, wenn wir sehen, wie völlig unwissend wir in Bezug auf die normale und abnorme Tätigkeit des Reproduktivsystems sind. Wir können aber sehen, dass Spezies in Folge ihres Kampfes um die Existenz mit zahlreichen Concurrenten während langer Zeiträume gleichförmigeren Bedingungen ausgesetzt gewesen sein müssen, als domestizierte Varietäten; und dies kann wohl eine beträchtliche Verschiedenheit im Resultate herbeiführen. Denn wir wissen, wie gewöhnlich wilde Tiere und Pflanzen, wenn sie aus ihren natürlichen Bedingungen genommen und in Gefangenschaft gehalten werden, unfruchtbar gemacht werden; und die reproduktiven Funktionen organischer Wesen, welche immer unter natürlichen Bedingungen gelebt haben, werden wahrscheinlich in gleicher Weise für den Einfluss einer unnatürlichen Kreuzung äußerst empfindlich sein. Auf der andern Seite waren aber domestizierte Erzeugnisse, wie schon die blosse Tatsache ihrer Domestikation zeigt, nicht ursprünglich gegen Veränderungen in ihren Lebensbedingungen in hohem Grade empfindlich und können jetzt allgemein mit unverminderter Fruchtbarkeit wiederholten Veränderungen der Bedingungen widerstehen; es konnte daher erwartet werden, dass sie Varietäten hervorbrächten, welche durch den Akt der Kreuzung mit andern Varietäten, die in gleicher Weise entstanden sind, ihr Reproduktivvermögen nicht leicht schädlich beeinflusst haben würden.
Ich habe bis jetzt so gesprochen, als seien die Varietäten einer nämlichen Art bei der Kreuzung unabänderlich fruchtbar. Es ist aber unmöglich, sich den Zeugnissen für das Dasein eines gewissen Maßes von Unfruchtbarkeit in den folgenden wenigen Fällen zu verschließen, die ich kurz anführen will. Der Beweis ist wenigstens eben so gut als derjenige, welcher uns an die Unfruchtbarkeit einer Menge von Arten glauben macht, und ist auch von gegnerischen Zeugen entlehnt, die in allen andern Fällen Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit als gute Beweise spezifischer Verschiedenheit betrachten. Gärtner hielt einige Jahre lang eine Sorte Zwergmais mit gelbem und eine große Varietät mit rotem Samen, welche nahe beisammen in seinem Garten wuchsen; und obwohl diese Pflanzen getrennten Geschlechtes sind, so kreuzten sie sich doch nie von selbst mit einander. Er befruchtete dann dreizehn Blüten des einen mit dem Pollen des andern; aber nur ein einziger Kolben gab einige Samen und zwar nur fünf Körner. Die Behandlungsweise kann in diesem Falle nicht schädlich gewesen sein, indem die Pflanzen getrennte Geschlechter haben.
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