Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
Repräsentanten darbieten, oder annehmen, dass die große Mehrzahl der Forscher Unrecht hat und dass die tertiären Arten alle von den jetzt lebenden wahrhaft distinct sind, so erhalten wir hier den Beweis vom häufigen Vorkommen der geforderten leichten Modifikationen. Wenn wir überdies größere Zeitunterschiede, den aufeinander folgenden Stöcken einer nämlichen großen Formation entsprechend, berücksichtigen, so finden wir, dass die in ihnen eingeschlossenen Fossilen, wenn auch gewöhnlich allgemein als verschiedene Arten betrachtet, doch immerhin bei weitem näher mit einander verwandt sind, als die in weit getrennten Formationen enthaltenen Arten; so dass wir auch hier einen unzweifelhaften Beleg einer stattgefundenen Veränderung nach Maßgabe meiner Theorie erhalten. Doch werde ich auf diesen Gegenstand im folgenden Abschnitte zurückkommen.
Bei Tieren und Pflanzen, welche sich rasch vervielfältigen und nicht viel wandern, haben wir, wie früher gezeigt wurde, Grund zu vermuten, dass ihre Varietäten anfangs gewöhnlich local sind, und dass solche örtliche Varietäten sich nicht weit verbreiten und ihre Stammformen erst ersetzen, wenn sie sich in einem etwas beträchtlicheren Maße modifiziert und vervollkommnet haben. Nach dieser Annahme ist die Aussicht, alle die früheren Übergangsstufen zwischen je zwei solchen Arten in einer Formation irgend einer Gegend in übereinander folgenden Schichten zu finden nur klein, weil vorauszusetzen ist, dass die einzelnen Übergangsstufen als Localformen auf eine bestimmte Stelle beschränkt gewesen sind. Die meisten Seetiere besitzen eine weite Verbreitung; und da wir gesehen haben, dass die Pflanzen welche am weitesten verbreitet sind, auch am öftesten Varietäten darbieten, so werden auch unter den Mollusken und andern Seetieren höchst wahrscheinlich diejenigen, welche sich vordem am weitesten verbreitet haben, weit über die Grenzen der bekannten geologischen Formationen Europas, auch am öftesten die Bildung anfangs localer Varietäten und endlich neuer Arten veranlasst haben. Auch dadurch muss die Wahrscheinlichkeit in irgend welcher geologischen Formation die Reihenfolge der Übergangsstufen aufzufinden außerordentlich vermindert werden.
Eine zu demselben Resultat führende, neuerdings von Falconer betonte Betrachtung ist noch wichtiger, dass nämlich die Zeiträume, während deren die Arten einer Modifikation unterlagen, wenn auch nach Jahren bemessen sehr lang, doch im Verhältnis zu den Zeiträumen, während deren dieselben Arten keine Veränderung erfuhren, wahrscheinlich kurz waren.
Man darf nicht vergessen, dass man heutigen Tages, selbst wenn man vollständige Exemplare zur Untersuchung hat, selten zwei Formen durch Zwischenvarietäten verbinden und so deren Zusammengehörigkeit zu einer Art beweisen kann, wenn man nicht viele Exemplare von vielen Örtlichkeiten zusammengebracht hat; und bei fossilen Arten ist man selten im Stande dies zu tun. Man wird vielleicht am besten begreifen, wie wenig wahrscheinlich wir in der Lage sein können, Arten durch zahlreiche feine fossil gefundene Zwischenglieder unter einander zu verketten, wenn wir uns selbst fragen, ob z. B. Geologen späterer Zeiten im Stande sein würden zu beweisen, dass unsere verschiedenen Rinder-, Schaf-, Pferde- und Hunderassen von einem oder von mehreren ursprünglichen Stämmen herkommen, – oder ferner ob gewisse Seeconchylien der nord-amerikanischen Küsten, welche von einigen Conchyliologen als von ihren europäischen Vertretern abweichende Arten und von andern Conchyliologen als blosse Varietäten derselben angesehen werden, wirklich nur Varietäten oder sogenannte eigene Arten sind. Dies könnte künftigen Geologen nur gelingen, wenn sie viele fossile Zwischenstufen entdeckten, was jedoch im höchsten Grade unwahrscheinlich ist.
Es ist von Schriftstellern, welche an die Unveränderlichkeit der Arten glauben, immer und immer wieder behauptet worden, die Geologie liefere keine vermittelnden Formen. Diese Behauptung ist aber, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, sicherlich falsch. Sir J. Lubbock sagt: »jede Art ist ein Mittelglied zwischen andern verwandten Formen.« Wir erkennen dies deutlich, wenn wir aus einer Gattung, welche reich an fossilen und lebenden Arten ist, vier Fünftel der Arten ausstoßen, wo dann niemand bezweifeln wird, dass die Lücken zwischen den noch übrig bleibenden Arten größer sein werden als vorher. Sind es zufällig die extremen Formen,
Weitere Kostenlose Bücher