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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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oder geringerem Maße gehäuften Abänderungen stärkere oder schwächere bleibende Modifikationen in den sich ändernden Arten veranlassen, dies hängt von vielen verwickelten Bedingungen ab: von der Nützlichkeit der Veränderungen, von der Möglichkeit der Kreuzung, vom langsamen Wechsel in der natürlichen Beschaffenheit der Gegend, von dem Einwandern neuer Colonisten, und zumal von der Beschaffenheit der übrigen Organismen, welche mit den sich ändernden Arten in Konkurrenz kommen. Es ist daher keineswegs überraschend, wenn eine Art ihre Form viel länger unverändert bewahrt, während andere sie wechseln, oder wenn sie in geringerem Grade abändert als diese. Wir finden ähnliche Beziehungen zwischen den Bewohnern verschiedener Länder, z. B. auf Madeira, wo die Landschnecken und Käfer in beträchtlichem Maße von ihren nächsten Verwandten in Europa abgewichen, während Vögel und Seemollusken die nämlichen geblieben sind. Man kann vielleicht die anscheinend raschere Veränderung in den Landbewohnern und den höher organisierten Formen gegenüber derjenigen der marinen und der tieferstehenden Arten aus den zusammengesetzteren Beziehungen der vollkommeneren Wesen zu ihren organischen und unorganischen Lebensbedingungen, wie sie in einem früheren Abschnitte auseinandergesetzt worden sind, herleiten. Wenn viele von den Bewohnern einer Gegend abgeändert und vervollkommnet worden sind, so begreift man aus dem Prinzip der Konkurrenz und aus den vielen so höchst wichtigen Beziehungen von Organismus zu Organismus in dem Kampfe um’s Leben, dass eine jede Form, welche gar keine Änderung und Vervollkommnung erfährt, der Austilgung preisgegeben ist. Daraus ersehen wir denn, warum alle Arten einer Gegend zuletzt, wenn wir nämlich hinreichend lange Zeiträume betrachten, modifiziert werden; denn, wenn nicht, müssen sie zu Grunde gehen.
    Bei Gliedern einer und derselben Klasse mag vielleicht der mittlere Betrag der Änderung während langer und gleichem Zeiträume nahezu gleich sein. Da jedoch die Anhäufung lange dauernder an Fossilresten reicher Formationen dadurch bedingt ist, dass große Sedimentmassen während einer Senkungsperiode abgesetzt werden, so müssen sich unsere Formationen notwendig meist mit langen und unregelmäßigen Zwischenpausen gebildet haben; daher denn auch der Grad organischer Veränderung, welchen die in aufeinander folgenden Formationen abgelagerten organischen Reste an sich tragen, nicht gleich ist. Jede Formation bezeichnet nach dieser Anschauungsweise nicht einen neuen Akt der Schöpfung, sondern nur eine gelegentliche, beinahe aus Zufall herausgerissene Scene aus einem langsam vor sich gehenden Drama.
    Man begreift leicht, warum eine einmal zu Grunde gegangene Art nicht wieder zum Vorschein kommen kann, selbst wenn die nämlichen unorganischen und organischen Lebensbedingungen nochmals eintreten. Denn obwohl die Nachkommenschaft einer Art so angepasst werden kann (was zweifellos in unzähligen Fällen vorgekommen ist), dass sie den Platz einer andern Art im Haushalte der Natur genau ausfüllt und sie ersetzt, so können doch beide Formen, die alte und die neue, nicht identisch die nämlichen sein, weil beide fast gewiß von ihren verschiedenen Stammformen auch verschiedene Charaktere mitgeerbt haben und bereits von einander abweichende Organismen auch in verschiedener Art variieren werden. So könnten z. B., wenn unsere Pfauentauben ausstürben, Taubenliebhaber durch lange Zeit fortgesetzte und auf denselben Punkt gerichtete Bemühungen möglicherweise wohl eine neue von unserer jetzigen Pfauentaube kaum unterscheidbare Rasse zu Stande bringen. Wäre aber auch deren Urform, unsere Felstaube, im Naturzustande, wo die Stammform gewöhnlich durch ihre vervollkommnete Nachkommenschaft ersetzt und vertilgt wird, zerstört worden, so müsste es doch ganz unglaubhaft erscheinen, dass ein Pfauenschwanz, mit unserer jetzigen Rasse identisch, von irgend einer andern Taubenart oder selbst von einer andern guten Varietät unserer Haustauben gezogen werden könne, weil die successiven Abänderungen beinahe sicher in irgend einem Grade verschieden sein und die neugebildete Varietät wahrscheinlich von ihrem Stammvater einige charakteristische Verschiedenheiten erben würde.
    Artengruppen, das heißt Gattungen und Familien, folgen in ihrem Auftreten und Verschwinden denselben allgemeinen Regeln, wie die einzelnen Arten selbst, indem sie mehr oder weniger schnell in größerem oder geringerem

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