Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
betrachtet, welche »Verbindungsglieder mit den in Wasser lebenden Fleischfressern darstellen«.
Selbst der weite Abstand zwischen Vögeln und Reptilien wird, wie der eben erwähnte Forscher gezeigt hat, zum Teil in der unerwartetsten Weise ausgefüllt, und zwar auf der einen Seite durch den Strauss und den Archaeopteryx , auf der andern Seite durch den Compsognathus , einen Dinosaurier, also zu einer Gruppe gehörig, welche die gigantischsten Formen aller terrestrischen Reptilien umfasst. Was die Wirbellosen betrifft, so versichert Barrande, gewiß die erste Autorität in dieser Beziehung, wie er jeden Tag deutlicher erkenne, dass, wenn auch die paläozoischen Tiere in noch jetzt lebende Gruppen eingereiht werden können, diese Gruppen aus jener alten Zeit doch nicht so bestimmt von einander verschieden waren, wie in der Jetztzeit.
Einige Schriftsteller haben sich dagegen erklärt, dass man irgend eine erloschene Art oder Artengruppe als zwischen lebenden Arten oder Gruppen in der Mitte stehend ansehe. Wenn damit gesagt werden sollte, dass die erloschene Form in allen ihren Charakteren genau das Mittel zwischen zwei lebenden Formen oder Gruppen halte, so wäre die Einwendung wahrscheinlich begründet. In einer natürlichen Klassification stehen aber sicher viele fossile Arten zwischen lebenden Arten, und manche erloschene Gattungen zwischen lebenden Gattungen oder sogar zwischen Gattungen verschiedener Familien. Der gewöhnlichste Fall zumal bei von einander sehr verschiedenen Gruppen, wie Fische und Reptilien sind, scheint mir der zu sein, dass da wo dieselbigen heutigen Tages, nehmen wir beispielsweise an durch ein Dutzend Charaktere von einander unterschieden werden, die alten Glieder der nämlichen zwei Gruppen in einer etwas geringeren Anzahl von Merkmalen unterschieden waren, so dass beide Gruppen vordem einander etwas näher standen, als sie jetzt einander stehen.
Es ist eine gewöhnliche Meinung, dass je älter eine Form sei, sie um so mehr geneigt sei, mittelst einiger ihrer Charaktere jetzt weit getrennte Gruppen zu verknüpfen. Diese Bemerkung muss ohne Zweifel auf solche Gruppen beschränkt werden, die im Verlaufe geologischer Zeiten große Veränderungen erfahren haben, und es möchte schwer sein, den Satz zu beweisen; denn hier und da wird selbst immer noch ein lebendes Tier wie der Lepidosiren entdeckt, das mit sehr verschiedenen Gruppen zugleich verwandt ist. Wenn wir jedoch die älteren Reptilien und Batrachter, die älteren Fische, die älteren Cephalopoden und die eocenen Säugetiere mit den neueren Gliedern derselben Klassen vergleichen, so müssen wir einige Wahrheit in der Bemerkung zugestehen.
Wir wollen nun zusehen, in wie fern diese verschiedenen Tatsachen und Schlüsse mit der Theorie einer Descendenz mit Modifikationen übereinstimmen. Da der Gegenstand etwas verwickelt ist, so muss ich den Leser bitten, sich nochmals nach dem im vierten Kapitel gegebenen Schema umzusehen. Nehmen wir an, die numerirten cursiv gedruckten Buchstaben stellen Gattungen und die von ihnen ausstrahlenden punctirten Linien die dazu gehörigen Arten vor. Das Schema ist insofern zu einfach, als zu wenige Gattungen und Arten darauf angenommen sind; doch ist dies unwesentlich für uns. Die wagrechten Linien mögen die aufeinander folgenden geologischen Formationen vorstellen und alle Formen unter der obersten dieser Linien als erloschene gelten. Die drei lebenden Gattungen a 14 , q 14 , p 14 mögen eine kleine Familie bilden; b 14 und f 14 eine nahe verwandte oder eine Unterfamilie, und o 14 , e 14 , m 14 eine dritte Familie. Diese drei Familien zusammen mit den vielen erloschenen Gattungen auf den verschiedenen von der Stammform A auslaufenden Descendenzreihen werden eine Ordnung bilden; denn alle werden von ihrem alten und gemeinschaftlichen Urerzeuger auch etwas Gemeinsames ererbt haben. Nach dem Prinzip fortdauernder Divergenz des Charakters, zu dessen Erläuterung jenes Bild bestimmt war, muss jede Form, je neuer sie ist, im Allgemeinen um so stärker von ihrem ersten Erzeuger abweichen. Daraus erklärt sich eben auch die Regel, dass die ältesten fossilen am meisten von den jetzt lebenden Formen verschieden sind. Doch dürfen wir nicht glauben, dass Divergenz des Charakters eine notwendig eintretende Erscheinung ist; sie hängt allein davon ab, dass hierdurch die Nachkommen einer Art befähigt werden, viele und verschiedenartige Plätze im Haushalte der Natur einzunehmen. Daher ist es auch ganz wohl
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