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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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Grunde der Stipulae und beim gemeinen Lorbeer auf dem Rücken seiner Blätter bewirkt. Diese Flüssigkeit, wenn auch nur in geringer Menge vorhanden, wird von Insekten begierig aufgesucht; aber ihre Besuche sind in keiner Weise für die Pflanzen von Vorteil. Nehmen wir nun an, es werde ein wenig solchen süßen Saftes oder Nectars von der inneren Seite der Blüten einer gewissen Anzahl von Pflanzen irgend einer Spezies ausgesondert. In diesem Falle werden die Insekten, welche den Nectar aufsuchen, mit Pollen bestäubt werden und denselben oft von einer Blume auf die andere übertragen. Die Blumen zweier verschiedener Individuen einer und derselben Art würden dadurch gekreuzt werden; und die Kreuzung liefert, wie sich vollständig beweisen lässt, kräftige Sämlinge, welche mithin die beste Aussicht haben zu gedeihen und auszudauern. Die Pflanzen mit Blüten, welche die stärksten Drüsen oder Nectarien besitzen und den meisten Nectar liefern, werden am öftesten von Insekten besucht und am öftesten mit andern gekreuzt werden und so mit der Länge der Zeit allmählich die Oberhand gewinnen und eine locale Varietät bilden. Ebenso werden diejenigen Blüten, deren Staubfäden und Staubwege so gestellt sind, dass sie je nach Größe und sonstigen Eigentümlichkeiten der sie besuchenden Insekten in irgend einem Grade die Übertragung ihres Samenstaubs erleichtern, gleicherweise begünstigt. Wir könnten auch den Fall annehmen, die zu den Blumen kommenden Insekten wollten Pollen statt Nectar einsammeln; es wäre nun zwar die Entführung des Pollens, der allein zur Befruchtung der Pflanze erzeugt wird, dem Anscheine nach einfach ein Verlust für dieselbe; wenn jedoch anfangs gelegentlich und nachher gewöhnlich ein wenig Pollen von den ihn verzehrenden Insekten entführt und von Blume zu Blume getragen und hiedurch eine Kreuzung bewirkt würde, möchten auch neun Zehntel der ganzen Pollenmasse zerstört werden, so könnte dies doch für die so beraubten Pflanzen ein großer Vorteil sein, und diejenigen Individuen, welche mehr und mehr Pollen erzeugen und immer größere Antheren bekommen, würden zur Nachzucht gewählt werden.
    Wenn nun unsere Pflanze durch lange Fortdauer dieses Prozesses für die Insekten sehr anziehend geworden ist, so werden diese, ihrerseits ganz unabsichtlich, regelmäßig Pollen von Blüte zu Blüte bringen; und dass sie dies sehr wirksam tun, könnte ich durch viele auffallende Beispiele belegen. Ich will nur einen Fall anführen, welcher zugleich als Beispiel eines ersten Schrittes zur Trennung der Geschlechter bei Pflanzen dient. Einige Stechpalmenstämme bringen nur männliche Blüten hervor, welche vier nur wenig Pollen erzeugende Staubgefässe und ein verkümmertes Pistill enthalten; andere Stämme liefern nur weibliche Blüten, die ein vollständig entwickeltes Pistill und vier Staubfäden mit verschrumpften Antheren einschließen, in welchen nicht ein Pollenkörnchen zu entdecken ist. Nachdem ich einen weiblichen Stamm genau 60 Yards von einem männlichen entfernt gefunden hatte, nahm ich die Stigmata aus zwanzig Blüten von verschiedenen Zweigen unter das Mikroscop und entdeckte an allen ohne Ausnahme einige Pollenkörner und an einigen sogar eine ungeheure Menge derselben. Da der Wind schon einige Tage lang vom weiblichen gegen den männlichen Stamm hin geweht hatte, so konnte er nicht den Pollen dahin geführt haben. Das Wetter war schon einige Tage lang kalt und stürmisch und daher nicht günstig für die Bienen gewesen, und demungeachtet war jede von mir untersuchte weibliche Blüte durch die Bienen befruchtet worden, welche beim Aufsuchen von Nectar von Baum zu Baum geflogen waren. Doch kehren wir nun zu unserem ersonnenen Falle zurück. Sobald jene Pflanze in solchem Grade anziehend für die Insekten gemacht worden ist, dass sie den Pollen regelmäßig von einer Blüte zur andern tragen, wird ein anderer Prozess beginnen. Kein Naturforscher zweifelt an dem Vorteil der sogenannten »physiologischen Teilung der Arbeit«; daher darf man glauben, es sei nützlich für eine Pflanzenart, in einer Blüte oder an einem ganzen Stocke nur Staubgefäße und in der andern Blüte oder auf dem andern Stocke nur Pistille hervorzubringen. Bei cultivirten oder in neue Existenzbedingungen versetzten Pflanzen schlagen manchmal die männlichen und zuweilen die weiblichen Organe mehr oder weniger fehl. Nehmen wir nun an, dies geschehe in einem wenn auch noch so geringen Grade im Naturzustande

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