Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
sich selbst durch Stoßen mit den Füßen gegen seine Feinde so gut verteidigen wie einige der kleineren Vierfüßer. Man kann sich vorstellen, dass der Urvater des Straußes eine Lebensweise etwa wie die Trappe gehabt habe, und dass er in dem Maße, als er in einer langen Generationsreihe immer größer und schwerer geworden ist, seine Beine mehr und seine Flügel weniger gebraucht habe, bis er endlich ganz unfähig geworden sei, zu fliegen.
Kirby hat bemerkt (und ich habe dieselbe Tatsache beobachtet), dass die Vordertarsen vieler männlicher Kothkäfer oft abgebrochen sind; er untersuchte siebenzehn Exemplare seiner Sammlung, und fand in keinem auch nur eine Spur mehr davon. Onitis Apelles hat seine Tarsen so gewöhnlich verloren, dass man dies Insekt so beschrieben hat, als fehlten sie ihm gänzlich. In einigen anderen Gattungen sind sie wohl vorhanden, aber nur in verkümmertem Zustande. Dem Ateuchus oder heiligen Käfer der Aegypter fehlen sie gänzlich. Der Nachweis, dass zufällige Verstümmelungen erblich seien, ist für jetzt nicht entscheidend; aber der von Brown-Séquard beobachtete merkwürdige Fall von der Vererbung der an einem Meerschweinchen durch Beschädigung des Rückenmarks verursachten Epilepsie auf dessen Nachkommen sollte uns vorsichtig machen, wenn wir die Neigung dazu läugnen wollten. Daher scheint es vielleicht am geratensten, den gänzlichen Mangel der Vordertarsen des Ateuchus und ihren verkümmerten Zustand in einigen anderen Gattungen nicht als Fälle vererbter Verstümmelungen, sondern lieber als von der langfortgesetzten Wirkung ihres Nichtgebrauches bei deren Stammvätern abhängend anzusehen; denn da die Tarsen vieler Kothkäfer fast immer verloren gehen, so muss dies schon früh im Leben geschehen; sie können daher bei diesen Insekten weder von wesentlichem Nutzen sein, noch viel gebraucht werden.
In einigen Fällen können wir leicht dem Nichtgebrauche gewisse Abänderungen der Organisation zuschreiben, welche jedoch gänzlich oder hauptsächlich von natürlicher Zuchtwahl herrühren. Wollaston hat die merkwürdige Tatsache entdeckt, dass von den 550 Käferarten, welche Madeira bewohnen (man kennt aber jetzt mehr), 200 so unvollkommene Flügel haben, dass sie nicht fliegen können, und dass von den 29 endemischen Gattungen nicht weniger als 23 lauter solche Arten enthalten. Mehrere Tatsachen, – dass nämlich in vielen Teilen der Welt fliegende Käfer häufig in’s Meer geweht werden und zu Grunde gehen, dass die Käfer auf Madeira nach Wollaston’s Beobachtung meistens verborgen liegen, bis der Wind ruhet und die Sonne scheint, dass die Zahl der flügellosen Käfer an den ausgesetzten kahlen Desertas verhältnismäßig größer als in Madeira selbst ist, und zumal die außerordentliche Tatsache, worauf Wollaston so nachdrücklich aufmerksam macht, dass gewisse große, anderwärts äußerst zahlreiche Käfergruppen, welche durch ihre Lebensweise viel zu fliegen absolut genötigt sind, auf Madeira beinähe gänzlich fehlen, – diese mancherlei Gründe lassen mich glauben, dass die ungeflügelte Beschaffenheit so vieler Käfer dieser Insel hauptsächlich von natürlicher Zuchtwahl, doch wahrscheinlich in Verbindung mit Nichtgebrauch herrühre. Denn während vieler aufeinander folgender Generationen wird jeder individuelle Käfer, der am wenigsten flog, entweder weil seine Flügel wenn auch um ein noch so geringes weniger entwickelt waren oder weil er der indolenteste war, die meiste Aussicht gehabt haben, alle anderen zu überleben, weil er nicht in’s Meer geweht wurde; und auf der anderen Seite werden diejenigen Käfer, welche am liebsten flogen, am öftesten in die See getrieben und vernichtet worden sein.
Diejenigen Insekten auf Madeira dagegen, welche sich nicht am Boden aufhalten und, wie die an Blumen lebenden Käfer und Schmetterlinge, von ihren Flügeln gewöhnlich Gebrauch machen müssen, um ihren Unterhalt zu gewinnen, haben nach Wollaston’s Vermutung keineswegs verkümmerte, sondern vielmehr stärker entwickelte Flügel. Dies ist mit der Tätigkeit der natürlichen Zuchtwahl völlig verträglich. Denn wenn ein neues Insekt zuerst auf die Insel kommt, wird das Streben der natürlichen Zuchtwahl, die Flügel zu verkleinern oder zu vergrößern, davon abhängen, ob eine größere Anzahl von Individuen durch erfolgreiches Ankämpfen gegen die Winde, oder durch mehr oder weniger häufigen Verzicht auf diesen Versuch sich rettet. Es ist derselbe Fall, wie bei den
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