Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
dementsprechend reagieren. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
Es geschah, als die Königin und ihre Kinder in Zubia weilten, einem Dorf in der Nähe Granadas, das Ihrer Majestät einen guten Blick auf die unbezwingbaren Mauern der Festung gewährte. Nur von einer kleinen Garde begleitet, waren sie dorthin geritten. Plötzlich sprengte ihnen der Anführer der Garde auf dem Dorfplatz entgegen und rief, die Mauren hätten die Tore ihrer roten Burg geöffnet und schickten ihr gesamtes Heer zum Angriff aus. Es blieb keine Zeit, um zum Feldlager zurückzukehren. Die Königin und ihre Kinder waren den schnellen Araberhengsten der Mauren hoffnungslos unterlegen, und es gab kein Versteck, in dem man sich verschanzen konnte.
In verzweifelter Hast erklomm Königin Isabella mit der kleinen Prinzessin an der Hand das flache Dach des nächsten Hauses; die älteren Schwestern folgten. »Ich muss es sehen!«, rief sie.
»Madre! Ihr tut mir weh!«
»Ruhig, Kind. Wir müssen sehen, was sie vorhaben.«
»Kommen sie uns jetzt holen?«, greinte das Kind und schlug sich die Patschhand vor den Mund.
»Vielleicht. Ich muss sie beobachten.«
Es war jedoch nur ein maurischer Stoßtrupp, nicht das gesamte Heer. Angeführt wurde er vom tapfersten Ritter der Mauren, einem wahren Hünen, schwarz wie Ebenholz. Unter seinem Helm lächelte er siegesgewiss. Er thronte auf einem riesigen schwarzen Ross, das die Zähne fletschte wie ein tollwütiger Hund.
»Madre, wer ist dieser Mann?«, flüsterte die Prinzessin ihrer Mutter zu, als sie ihn von dem erhöhten Platz auf dem Dach erblickte.
»Er ist ein Maure mit Namen Yarfe, und ich fürchte, er hat es auf deinen Freund Hernando abgesehen.«
»Sein Pferd sieht so Furcht einflößend aus, als ob es beißen wollte.«
»Er hat ihm die Lippen abgeschnitten, damit es die Zähne fletscht. Aber wir lassen uns von solchen Dingen keine Angst einjagen. Wir sind keine ängstlichen Kinder.«
»Sollten wir nicht fliehen?«, bettelte das verängstigte Kind.
Die Mutter hatte die Augen auf das Pferd geheftet und hörte das Flüstern ihrer Tochter nicht einmal.
»Ihr lasst doch nicht zu, dass sie Hernando wehtun, nicht wahr? Madre?«
»Hernando hat Yarfe herausgefordert. Yarfe nimmt die Herausforderung an. Wir werden kämpfen müssen«, erwiderte die Königin ruhig. »Yarfe ist ein Ritter, ein Mann von Ehre. Er muss sich einer Herausforderung stellen.«
»Wie kann er ein Mann von Ehre sein, wenn er ein Ketzer ist? Ein Maure?«
»Es sind höchst ehrenhafte Männer, Catalina, auch wenn es Ungläubige sind. Und dieser Yarfe ist ihr Held.«
»Was werdet Ihr tun? Wie können wir uns retten? Dieser Mann ist ja so groß wie ein Riese!«
»Ich werde beten«, erwiderte Isabella. »Und mein Ritter Garallosco de la Vega wird Hernando rächen.«
Ruhig, als befände sie sich in ihrer Hauskapelle in Córdoba, kniete Isabella auf dem Dach des kleinen Hauses nieder und bedeutete ihren Töchtern, das Gleiche zu tun. Mürrisch ließ sich Catalinas Schwester Juana auf die Knie nieder, und die beiden Älteren, Isabel und Maria, folgten ihrem Beispiel. Während sie betete, linste Catalina zwischen ihren verschränkten Fingern hindurch und sah, dass Maria vor Angst zitterte und dass Isabel in ihrer Trauerkleidung vor Entsetzen kreidebleich geworden war.
»Heiliger Vater im Himmel, wir bitten dich, breite deine schützende Hand über uns und unser Heer.« Königin Isabella schaute zu dem strahlend blauen Himmel auf. »Wir beten für den Sieg deines Ritters, Garallosco de la Vega, in dieser Stunde seiner Prüfung.«
»Amen«, sagten die Töchter und folgten dann dem Blick der Mutter, der auf ihre kleine Garde gerichtet war, die sich unter Schweigen formierte.
»Aber wenn Gott ihn doch beschützt ...«, begann Catalina.
»Sei still«, wehrte ihre Mutter sanft ab. »Lass ihn sein Werk verrichten, lass Gott das Seine tun und mich das Meine.« Sie schloss die Augen und betete stumm.
Catalina wandte sich an ihre älteste Schwester und zupfte sie am Ärmel. »Isabel, wenn Gott ihn beschützt, wie kann er dann in Gefahr schweben?«
Isabel schaute auf die kleine Schwester herab. »Gott ebnet nicht die Wege für die, welche er liebt«, flüsterte sie mit rauer Stimme. »Stattdessen schickt er ihnen Mühsal. Jene, die Gott am meisten liebt, müssen am meisten leiden. Ich weiß das, weil ich den einzigen Mann verloren habe, den ich jemals lieben kann. Du weißt es auch. Denke an Hiob, Catalina.«
»Aber wie sollen
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