Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
zurückkehrte, fand sie das kleine Mädchen trockenen Auges und gefasst vor.
»Catalina, bist du wohlauf?« Isabella von Spanien saß ab und wandte sich an ihre jüngste, ihre Lieblingstochter. Sie unterdrückte das Verlangen, auf die Knie zu sinken und das kleine Mädchen in ihre Arme zu schließen. Ein verzärteltes Kind konnte nie zu einer Kriegerin des Glaubens werden, und einer Prinzessin stand es nicht an, Schwäche zu zeigen.
Das Kind war ebenso eisern wie seine Mutter. »Jetzt geht es mir gut«, erwiderte Catalina.
»Du hast keine Angst gehabt?«
»Überhaupt nicht.«
Die Frau nickte zufrieden. »Das ist gut«, sagte sie. »Das ist die Art, die ich von einer Prinzessin von Spanien erwarte.«
Und von einer Prinzessin von Wales«, fügte die Tochter hinzu.
***
Ich bin das kleine, fünf Jahre alte Mädchen, das mit bleichem Gesicht und schreckgeweiteten Augen auf einer Truhe kauert, das sich kein Zittern erlaubt und sich auf die Lippen beißt, um einen neuerlichen Schrei zu unterdrücken. Ich bin das kleine Mädchen, das in einem Heerlager empfangen wurde, gezeugt von Eltern, die sowohl Gegner als auch Liebende sind; geboren in einem stillen Moment, in einer Kampfpause mitten in einem Winter der sintflutartigen Überschwemmungen; aufgezogen von einer starken Frau in schimmernder Rüstung. Meine gesamte Kindheit verbrachte ich auf Feldzügen, ich war dazu bestimmt, um meinen Platz in der Welt zu kämpfen, meinen Glauben zu verteidigen, meine Heilige Schrift gegen die eines anderen Volkes. Ich wurde geboren, um für meinen Namen, meinen Glauben und meinen Thron zu kämpfen. Ich bin Catalina, Prinzessin von Spanien, Tochter der beiden mächtigsten Herrscher der Welt: Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragón. Ihre Namen sind gefürchtet von Kairo bis Bagdad und Konstantinopel bis nach Indien und darüber hinaus, gefürchtet von den Mauren in allen ihren Nationen: Osmanen, Indern, Chinesen. Sie alle sind unsere Gegner, unsere Bewunderer und unsere Feinde bis in den Tod. Im Namen Gottes und mit dem Segen des Papstes verteidigen meine Eltern den wahren Glauben gegen die Macht des Islam. Sie sind die tapfersten Kreuzritter der Christenheit und zugleich die mächtigsten Könige Spaniens - und ich bin ihre jüngste Tochter, Catalina, Prinzessin von Wales, und eines Tages werde ich Königin von England sein.
Seit meinem dritten Geburtstag bin ich mit Prinz Arthur, dem Sohn König Heinrichs von England, verlobt, und sobald ich fünfzehn Jahre alt bin, werde ich auf einem wunderschönen Schiff unter meiner flatternden Standarte in sein Land reisen, und dort werde ich seine Ehefrau und Königin. Sein Land ist reich und fruchtbar, dort sprudeln Quellen und Bäche, die Früchte reifen und die Blumen duften ... dieses wird mein Reich sein, und ich werde mich darum kümmern. Unsere Verlobung ist schon vor meiner Geburt festgelegt worden, und ich habe meine Bestimmung stets gekannt. Obwohl es mir leidtut, meine Mutter und meine Heimat zu verlassen, bin ich doch zur Königin bestimmt worden, und ich kenne meine Pflicht.
Ich bin ein Kind von Gewissheiten. Ich weiß, dass ich eines Tages Königin von England sein werde, weil es Gottes Wille ist und der Wunsch meiner Mutter. Und wie jeder in meiner Welt glaube ich, dass Gott und meine Mutter stets der gleichen Meinung sind und dass nichts ihrem Willen entgegenstehen kann.
***
Am Morgen war das Heerlager vor Granada eine dumpfige Masse aus schwelenden Behängen, zerstörten Zelten und Bergen verkohlter Gerätschaften - vernichtet durch eine einzige Kerze, die unbeaufsichtigt gebrannt hatte. Der Armee blieb keine Möglichkeit außer dem Rückzug. Im Vollgefühl seiner Macht war das spanische Heer ausgezogen, um das letzte große Reich der Mauren in Spanien zu belagern, und nun hatte ein Brand alle Hoffnungen zunichte gemacht. Man würde sich zurückziehen müssen, um sich wieder neu zu formieren.
»Nein, wir treten nicht den Rückzug an«, bestimmte Isabella von Spanien.
Die Hauptleute, die zu einer Notbesprechung unter einem angesengten Vorzelt zusammengerufen worden waren, schlugen nach den Fliegen, die sich in großen Schwärmen an den Trümmern des Feldlagers gütlich taten.
»Eure Majestät, in dieser Jahreszeit bleibt uns nur der Rückzug«, wagte einer der Befehlshaber anzumerken. »Es ist keine Sache der Ehre oder des Kampfesmutes. Wir haben keine Zelte, wir haben keinen Unterschlupf mehr. Ein furchtbares Pech, gewiss, doch uns bleibt nur der
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