Die ewige Straße
waren. »Ich glaube, das ist der Korb, der unter dem Ballon hing«, sagte Chaka. Flojian untersuchte ihn zögernd. Sie gingen weiter. Ein orange gestrichener Schuppen war verpestet mit einem Gestank, den sie selbst zwanzig Minuten später noch in der Nase hatten, als ein älterer Mann schweißbedeckt auf das Haus zulief. »Hallo zusammen«, sagte er winkend und eilte an ihnen vorbei in die Scheune. Sie folgten ihm.
»Warm heute.« Er wischte sich mit einem Tuch über die Stirn. Er war drahtig und muskulös, und sein langes silbernes Haar wurde von einem Stirnband zusammengehalten. »Wollen Sie zu mir?«
Claver war ganz und gar nicht der grüblerische akademische Gelehrte, den Quait eigentlich erwartet hatte. Allerdings umgab den Mann eine verwirrende Aura, ein oberflächliches Lächeln aus leuchtend grünen Augen, die einen nie direkt anzublicken schienen. »Sind Sie Orin Claver?«
»Derselbe. Und wer sind Sie?«
Quait stellte sich und seine Gefährten vor. Claver musterte sie angestrengt. Offensichtlich sah er nicht besonders gut. »Sie reden einen merkwürdigen Dialekt«, sagte er. »Aus welcher Gegend kommen Sie?«
»Aus dem Tal des Mississippi.«
»Ziemlich weit.« Die Antwort überraschte Quait. Er hatte mit dem üblichen ahnungslosen Schulterzucken gerechnet. »Bestimmt sind Sie nicht den ganzen Weg heraufgekommen, nur um mich zu sehen.«
»Wir haben gehört, daß Sie Leute mitnehmen.«
»Sie meinen, im Ballon? Ja, das tue ich. Wohin wollen Sie?« Er trat seine Schuhe in die Ecke und schälte sich aus seinen Kleidern, ohne auf gesellschaftliche Umgangsformen Rücksicht zu nehmen.
»Wir besitzen eine Karte.« Quait zeigte ihm Knobbys Skizze.
Claver warf einen flüchtigen Blick darauf, nickte, als hätte er alles gesehen, und spannte die Oberarme an. »Kaum zu glauben, daß ich siebenundsiebzig Jahre alt bin, was?« Er grinste. »Gehen wir rein.«
Er hatte nichts mehr an außer einer weißen Unterhose. Sie marschierten hintereinander über einen kurz geschnittenen Rasen zum Haupthaus. Direkt vor der Tür hing ein Sack mit Walnüssen.
Er bot seinen Gästen welche an. »Gut für die Verdauung«, sagte er.
Chaka bediente sich dankend. Claver nahm selbst eine und warf zwei weitere auf den Rasen. In Sekundenschnelle erschienen zwei Eichhörnchen und schnappten sich die Nüsse.
Im Innern des Hauses war es hell und freundlich. Die Zimmer waren mit Hickorymöbeln ausstaffiert. An den Fenstern hingen vergilbte Musselinvorhänge. Claver erkundigte sich, welchen Wein seine Gäste bevorzugten, holte ein paar Flaschen aus einem Schrank und füllte drei Gläser. »In der Küche gibt es kaltes Wasser, falls Sie möchten«, sagte er und deutete auf einen kurzen Flur. »Dort hindurch. Fühlen Sie sich wie zu Hause. Wenn Sie mich entschuldigen würden, ich bin in ein paar Minuten wieder bei Ihnen.« Er wuselte aus dem Zimmer.
»Ich bin nicht sicher, ob das eine gute Idee ist«, sagte Flojian, als sie die Dusche hörten. »Wir sollen uns diesem Burschen anvertrauen und in einem seiner Ballons durch den Himmel fliegen? Was, wenn er dort oben einen Herzanfall kriegt?«
»Wenn einer einen Herzanfall kriegt«, sagte Chaka, »dann bestimmt nicht Claver.«
Der Erfinder kam in einer schwarzen Hose und einem weißen Hemd mit Puffärmeln zurück, Kleidern, die einem Fünfundzwanzigjährigen blendend zu Gesicht gestanden hätten. Er war barfuß, und er hielt ein Weinglas in der Hand. »So.« Er nahm neben Chaka Platz. »Und jetzt erzählen Sie mir doch, warum Sie dorthin wollen.«
Quait schlug ein Bein über das andere. »Sagt Ihnen der Name Haven vielleicht etwas?«
»Selbstverständlich.«
»Wir glauben zu wissen, wo Haven liegt.«
Clavers Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Endine«, sagte er und starrte Flojian an. »Ich wußte gleich, daß ich den Namen irgendwoher kenne. Also sind Sie zurückgekehrt. Nach all den Jahren.«
»Das war mein Vater«, sagte Flojian.
»Ah. Ja. Sicher. Und Sie sind gekommen, um an seiner Stelle … Was wollen Sie erreichen?«
»Ich will Haven finden.«
»Das ist schon einmal schiefgegangen. Was bringt Sie auf den Gedanken, Sie könnten es besser?«
»Sie fanden Haven«, sagte Flojian. »Daran besteht nicht der geringste Zweifel.«
»Das überrascht mich zu hören. Die meisten starben dort draußen, und das einzige, was überlebt hat, sind Geschichten über Dämonen.«
»Und eine Kopie von Ein Yankee aus Connecticut an König Artus’ Hof.«
»Tatsächlich? Und wie kommt
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