Die facebook-Falle
nicht nur Freunde trifft. So leistet sich Facebook beispielsweise einen Lobbyisten in Washington, der unter anderem Kontakte zum US-Geheimdienstsektor unterhält, was sowohl Google als auch Microsoft und Apple bislang gemieden haben. Längst nutzen große Konsumgüter-Konzerne sogenannte »Opinion Mining«-Programme, um unsere Meinung in sozialen Netzwerken auszuforschen. Alles, was wir uns auf Facebook mitteilen, wird auf Stichworte hin durchforstet und analysiert: Sind wir einem Produkt gegenüber aufgeschlossen, oder kritisieren wir es? Die Programme erkennen sogar unseren »Tonfall«. Genau derselben Methode bedienen sich von der CIA bezahlte Firmen, um die Meinung der Weltnetzgemeinde abzuhören. Die Freiheit des Internets droht sich gegen uns alle zu kehren.
Dessen ungeachtet lieben wir alle das Netz und können nicht von ihm lassen. So haben die Aktivitäten von Google Street View in Deutschland im Jahr 2010 zwar Politiker aller Parteien auf den Plan gerufen, weil sie die Privatsphäre bedroht sahen, aber all diese Kritiker sollten sich besser fragen, wann sie selbst zum letzten Mal beispielsweise vor Antritt einer Urlaubsreise bei Google Maps stöberten, um sich zu vergewissern, ob der Strand wirklich sauber, der Weg dorthin nicht zu weit oder die Straße nicht zu nah ist. Wir alle sind das Internet – und ohne uns gäbe es kein Facebook. Und dieselben Politiker, die sich für Datenschutz und die Wahrung der Privatsphäre im Netz stark machen, geben selber auf Facebook ihr Privatleben preis, um bei
einem Teil ihrer potenziellen Wähler zu punkten. Die Aufregung der Politik über Google Street View steht in keinem Verhältnis zu den wirklich privaten Daten, die Nutzern und Nichtnutzern digitaler Dienste im World Wide Web aus ihren Computern gesaugt werden. Und die diese bereit sind, mit der Weltnetzgemeinde zu teilen. Die Satirezeitschrift Titanic stieß bei ihrer getürkten Aktion »Googlehomeview« auf erstaunlich wenig Widerstand und konnte zahlreiche deutsche Wohnzimmer filmen. Aber was treibt uns, einst dem engsten Freundeskreis vorbehaltene Informationen und intime Details im Internet auszubreiten? Definiert sich das Private heute anders, und was ist noch wirklich privat?
All diesen Fragen geht das vorliegende Buch nach, und es werden Menschen vorgestellt, denen ihr virtuelles Treiben im realen Leben zum Verhängnis wurde. Mit den Spuren, die sie im Netz hinterließen, gefährdeten sie nicht nur ihren Ruf, sondern auch ihre Jobs und sozialen Beziehungen. Und natürlich sind nicht nur Arbeitgeber auf die Idee gekommen, des Öfteren einen Blick in die Facebook-Profile ihrer mitunter gelangweilten Angestellten zu werfen. Auch Geheimdienste, Kriminalpolizei und private Ermittler haben längst erkannt, dass ihre Klientel sich zwar real versteckt hält, ihre virtuellen Handlungen manchmal jedoch alles andere als verbirgt.
Vorgestellt werden auf den folgenden Seiten darüber hinaus Menschen, die sich um die Schattenseiten der Facebook-Welt kümmern, darunter eine Publizistin, die unter Polizeischutz gegen Kinderporno-Ringe im Netz kämpft, BKA-Beamte, die im Internet ermitteln, und ein Privatermittler
auf den Datenspuren von Top-Managern. Außerdem eine Journalistin, die gegen Umtriebe von Rechtsextremisten auf Facebook vorgeht.
Schließlich spürt dieses Buch der großen Frage nach, ob und vor allem wie Facebook die Welt verändert. Mark Zuckerberg selber geriert sich öffentlich als radikaler Verfechter persönlicher Transparenz. Er glaubt, dass Menschen verantwortlicher handeln, wenn sie ihre Persönlichkeit, ihre Lebensverhältnisse, ihr Denken und Handeln öffentlich machen, weil auf die Weise die Folgen ihrer Handlungen öffentlich würden. Was die Welt auf Dauer ein Stück besser mache. Es ist eine etwas naive Theorie über das globale Dorf, in dem alle sich liebhaben.
Dabei ist Facebook in Wahrheit ein geniales Geschäftsmodell – genial wie Google, aber deutlich expansiver. Geschätzte fast 1,1 Milliarden Dollar aus Werbeeinnahmen und Spiele-Tantiemen wurden im Jahr 2010 in die Firmenkasse gespült. Der Wert des noch nicht börsennotierten Unternehmens wird mittlerweile auf mehr als 30 Milliarden Dollar taxiert. Facebook, darin sind sich alle Beobachter einig, ist längst zum großen Herausforderer von Google geworden und der Internet-Suchmaschine womöglich auf lange Sicht überlegen. Google wertet quantitativ aus, welche Websites wie häufig angeklickt werden. Das Google-Ranking macht den Wert
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