Die facebook-Falle
sie immer wieder, ’wie schrecklich! Und wie kannst du solche Dingen sagen, kein Teil des Ganzen sein zu wollen?«
Ganz so gruselig geht es im Facebook-Land natürlich nicht zu, und Facebook kann durchaus Spaß machen, wie jeder von uns schon erfahren hat. Also »teilen« Sie mit mir die Geschichten dieses Buches, wie Facebook sagen würde. Und seien Sie gewiss: Sie sind nicht allein.
KAPITEL 1
In der Facebook-Falle
Wie uns die Zurschaustellung des Privaten ins Verderben reißen kann
Mark Zuckerberg ist ein egozentrisches Arschloch . Diesen Satz hätte ich nie zu schreiben gewagt. Denn ich habe den Facebook-Gründer nie kennengelernt und auch kein Interview mit ihm erhalten, weil er keine Interviews gibt. Ich fand diese Formulierung in einer Rezension des Kinofilms The Social Network in der Berliner Zeitung, und die Autorin wagte sogar, sie ohne Anführungszeichen zu schreiben. 2 Die Welt platzierte diese charakterliche Einschätzung des Gründers und Chefs von Facebook sogar im Titel ihrer Filmkritik: »Zuckerberg – ein einsames selfmade Arschloch«. 3 Die Suchbegriff-Kombination »Zuckerberg Asshole« ergibt bei Google 310 000 Treffer, die deutsche Kombination immerhin noch 17 700. 4 In David Finchers Film wird Zuckerberg mehrfach als Arschloch bezeichnet. Gleich in den ersten Minuten macht seine genervte Freundin mit ihm Schluss und sagt: »Ok, du wirst später bestimmt mal ein sehr erfolgreicher
Computermensch und wirst ein Leben lang glauben, dass die Frauen nicht auf dich stehen, weil du ein Nerd bist, ich möchte dir von ganzem Herzen mitteilen, dass das nicht der Fall sein wird, es wird daran liegen, dass du ein Arschloch bist.« Am Ende des Films taucht das Arschloch-Motiv abermals auf. Der Prozess um den angeblichen Ideenklau Zuckerbergs bei zwei reichen Harvard-Sprösslingen steht kurz vor dem Abschluss. Eine junge Anwältin, die ihn allem Anschein nach sympathisch findet, sitzt wieder mal mit ihm allein in einem Raum. Und wieder gelingt es ihr nicht, dem offenkundig sozial inkompetenten Zuckerberg menschliche Nähe abzuringen. Bevor sie den Raum verlässt, sagt sie, er sei gar kein Arschloch, tue aber alles, eines zu sein. Das Arschloch vom Anfang des Films wird in gewisser Weise abgeschwächt, aber in den Medien bleibt das Attribut an dem realen Mark Zuckerberg hängen.
Der reagierte gelassen auf den Film. In einer Talkshow wenige Tage vor dem Kinostart kommentierte er den Streifen knapp als »interessant, aber Fiktion«. Zugleich verkündete er, 100 Millionen Dollar für Schulen in der armen Region um Newark/New Jersey spenden zu wollen. Arbeitet Zuckerberg nun aktiv an seinem Ruf? Nach dem Film, der zu einem beträchtlichen Teil auf Aussagen von Zuckerbergs Weggefährten und Freund Eduardo Saverin beruht, der in dem Milliardenspiel um Facebook ausgebootet wurde und bereits in Ben Mezrichs Buch Milliardär per Zufall 5 zu Wort kam, dürfte ihm dies schwerfallen.
In dem Film sagt Saverin zu Zuckerberg, er verliere den »einzigen Freund«, den er je hatte – ein für das Image eines Unternehmensgründers, der aufgebrochen ist, alle Welt zu
»Freunden« zu machen, tödlicher Satz. Mark Zuckerberg war 19 Jahre jung, als er Facebook startete. Sieben Jahre später ist er 6,9 Milliarden Dollar schwer und kann eine Erfolgsgeschichte vorweisen, die Millionen Kinogängern gerührte Freudentränen in die Augen treiben könnte, wäre der Film anders, wären die Spuren aus seiner Vergangenheit einfach gelöscht worden.
Wie rette ich meinen Ruf?
Menschen, die sich Zuckerbergs Netzwerk Facebook anvertraut haben, geht es ähnlich. Sie stehen vor einem kaum zu lösenden Problem: unangenehme Spuren im Netz zu löschen. Jeden Monat stellen die Nutzer von Facebook drei Milliarden private Fotos und zehn Millionen Videos auf die Plattform. Die Chancen, dabei Fehler zu machen, stehen also nicht schlecht. Den einen werden Fotos von Jugendsünden bei ihrer ersten Bewerbung zum Verhängnis, andere schrieben Texte, die sie so nie wieder schreiben würden. Und wer sich früher für erotisch orientierte Facebook-Gruppen interessierte, hat womöglich später als Bankberater oder Topmanager ein Imageproblem. All diesen Menschen gemeinsam ist, dass sie glaubten, sich in einem »sozialen Netzwerk« frei bewegen zu können, bis sie plötzlich feststellten, dass sie sich damit im weltweiten Netz dauerhaft entblößt haben. Die Zahl der Menschen, die solche Fehler gemacht haben und nun ihre digitalen Spuren beseitigen wollen,
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