Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
ging zum Fenster der Bibliothek, das in den Garten von Argus House blickte, ohne das Rascheln der weggelegten Blätter und die gelegentlichen leisen Flüche in seinem Rücken zu beachten.
    Hals drei kleine Söhne spielten im Garten Jäger und Tiger und sprangen mit Gebrüll aus dem Gebüsch aufeinander los, gefolgt von begeistertem Geschrei und Ausrufen wie: »Peng! Nimm das, du gestreifter Hurensohn!«
    Das Kindermädchen, das am Rand des Fischteichs saß und das Kleidchen der kleinen Dottie fest im Griff hatte, blickte bei diesen Worten auf, verdrehte aber nur mit Märtyrermiene die Augen. Es gibt Grenzen für Fleisch und Blut , sagte ihr Gesicht in aller Deutlichkeit, und dann paddelte sie weiter mit der Hand im Wasser, um einen der großen Goldfische anzulocken, damit Dottie ihm Brotkrumen zuwerfen konnte.
    John wäre so gern dort unten bei ihnen gewesen. Es war ein selten schöner Tag für Anfang April, und er spürte ihn in seinen Adern, fühlte, wie es ihn drängte, im Freien zu sein und barfuß durch das frische Gras zu laufen. Nackt in das Wasser zu rennen … Die Sonne stand hoch am Himmel und strömte warm durch die Glastüren, und er schloss die Augen und wandte ihr das Gesicht entgegen.
    Siverly . Der Name schwebte in der Dunkelheit hinter seinen Augen, quer über das ausdruckslose Gesicht eines Majors in einer Karikatur gemalt, der in Uniform gezeichnet war, ein übergroßes Schwert in der Hand trug und den Hosenboden voller Geldbeutel stecken hatte, die ihm obszön die Rockschöße ausbeulten. Ein oder zwei davon waren zu Boden gefallen und aufgeplatzt, so dass man den Inhalt sehen konnte – Münzen in dem einen, der andere voller kleiner Gegenstände, die wie Holzpüppchen aussahen. Jede mit einem winzigen Messer im Herzen.
    Hinter ihm fluchte Hal auf Deutsch. Er musste bei der Stelle mit den Gewehren angelangt sein; deutsche Flüche blieben extremen Situationen vorbehalten, während Französisch bei geringfügigeren Anlässen wie einem angebrannten Abendessen zum Zuge kam und Latein bei formellen Beleidigungen, die er schriftlich zu Papier brachte. Minnie ließ weder Hal noch John im Haus auf Englisch fluchen, weil sie nicht wollte, dass die Jungen schlechte Angewohnheiten annahmen. John hätte ihr sagen können, dass es für solche Vorsichtsmaßnahmen zu spät war, tat es aber nicht. Er wandte sich um und sah, dass Hal aufgestanden war, kreidebleich vor Wut, ein zerknülltes Blatt Papier in der Hand.
    »Wie kann er es wagen? Wie kann er es wagen?«
    Ein kleiner Knoten, den er bis jetzt gar nicht wahrgenommen hatte, löste sich in Johns Brustkorb. Sein Bruder hatte sich das eigene Regiment, das 46ste, buchstäblich aus den Rippen geschnitten; es gab niemanden, der weniger Verständnis für militärische Dienstvergehen hatte. Dennoch beruhigte ihn Hals Reaktion.
    »Dann glaubst du Carruthers also?«
    Hal funkelte ihn an.
    »Du etwa nicht? Du hast den Mann doch gekannt.«
    Er hatte Charles Carruthers gekannt – in mehr als nur einer Hinsicht.
    »Ja, ich habe ihm schon geglaubt, als er mir in Kanada von Siverly erzählt hat, und das da …«, er wies kopfnickend auf die Papiere, die Hal jetzt auf den Schreibtisch geworfen hatte, »… überzeugt mich noch mehr. Man könnte meinen, er wäre Anwalt gewesen.« Er konnte Carruthers’ Gesicht immer noch vor sich sehen, bleich im Zwielicht des Dachkämmerchens in der kleinen Garnisonsstadt Gareon, von der Krankheit gezeichnet und doch voller Entschlossenheit, so lange am Leben zu bleiben, dass er gewiss sein konnte, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wurde. Ganz so lange hatte Charlie nicht mehr gelebt, jedoch immerhin lang genug, um den Fall Major Siverly bis ins letzte Detail niederzuschreiben und ihm das Ganze anzuvertrauen.
    Er war die Zündschnur, die diese Granate zur Detonation bringen würde. Und er wusste nur zu gut, was mit einer Lunte geschah, wenn sie erst einmal brannte.
    » WAS IST DENN DAS ?« Stirnrunzelnd betrachtete Hal einen der Papierbögen. Grey legte das Buch in seiner Hand nieder und trat zu ihm, um einen Blick auf das Blatt zu werfen. Es war in Carruthers’ Handschrift verfasst, mit derselben Sorgfalt wie der Rest; Carruthers hatte gewusst, dass er Beweismittel für ein Kriegsgericht zu Papier brachte und hatte sich um Lesbarkeit bemüht.
    Lesbar war es auch, soweit Grey die Buchstaben ausmachen konnte, aus denen sich die Worte zusammensetzten. Doch die Worte selbst … so etwas hatte er noch nie gesehen.
    Éistigí, Fir na dtrí

Weitere Kostenlose Bücher