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Die Fahrt des Leviathan

Die Fahrt des Leviathan

Titel: Die Fahrt des Leviathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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schneidend, »äußert sich darin, dass ich Sie unversehrt gehen lasse. Diesmal. Wehe Ihnen, sollte ich Sie je wieder in Karolina sehen!«
    Stieber nahm die Drohung ohne erkennbare Gemütsbewegung auf. »Keine Sorge. Sie werden mich nicht sehen. Niemand sieht mich, wenn ich es nicht will.«
    Er verbeugte sich kurz, wünschte einen angenehmen Tag und verließ den Salon. Amalie, Rebekka, Pfeyfer und Täubrich verharrten für einige Momente stumm und regungslos. Dann erst atmeten sie auf, so als wäre mit Stiebers Verschwinden ein furchtbarer Albdruck von ihnen abgefallen. Im Überschwang der plötzlichen Erleichterung brachen sie in sinnloses Lachen aus und es dauerte Minuten, bis sie sich wieder fingen.
    Rebekka öffnete einen Vitrinenschrank, holte eine Weinflasche hervor und füllte schwungvoll vier Gläser bis zum Rand. »So viel Zeit muss noch sein, bevor wir zum Prinzen fahren!«, befand sie, und alle stimmten lebhaft zu.
    Sie erhoben die Gläser. Jeder wollte einen Trinkspruch ausbringen, aber Amalie setzte sich durch. »Auf das, was wir lieben!«, rief sie laut aus.
    Plötzlich wurde die Tür geöffnet. Schlagartig verstummten alle, in Erwartung missliebiger Überraschungen. Doch sie hatten Glück.
    Carmen Dallmeyer, noch mit der Reisetasche in der Hand, stand in der Tür, schaute perplex drein und bat orientierungslos: »Könnte mir
irgendjemand
erklären, was hier vorgeht?«

25. Februar
Berlin
    Otto von Bismarck stand am Fenster seines Arbeitszimmers. Draußen wirbelten Schneeflocken im gelblichen Licht der Gaslaternen durch die frostige Februarnacht. Die Trottoirs der Wilhelmstraße waren menschenleer; nur ein einsamer Schutzmann stapfte durch den frischen Schnee und hauchte sich gelegentlich in die Hände.
    Nichts davon nahm der preußische Ministerpräsident wahr. Er ging in Gedanken noch einmal die Depesche durch, die er heute von Wilhelm Stieber erhalten hatte. Seine Erwartungen waren voll und ganz erfüllt worden. Ein Verlust Karolinas stand nicht mehr zu befürchten. Nun verfügte er über ein gesichertes Fundament für seine weiteren Projekte. Bismarck war zufrieden.
    Er wandte sich vom Fenster ab, kehrte an seinen Schreibtisch zurück und entnahm seiner Rocktasche einen Schlüssel, mit dem er die oberste Schublade öffnete. Darin befand sich ein einziger Zettel, den Bismarck herausholte und vor sich legte. Nur vier Worte waren untereinander auf das Papier geschrieben. Mit einem Rotstift strich Bismarck das ganz oben aufgeführte
Karolina
durch. Dann zog er einen Kringel um das nachfolgende
Dänemark.
    Die zuunterst stehenden Worte
Österreich
und
Frankreich
blieben unmarkiert.
    Vorerst.

Historische Charaktere
    Otto von Bismarck (1815–1898)
    Konservativer preußischer Politiker; seit 1862 Ministerpräsident Preußens, von 1871 an Reichskanzler des neu geschaffenen Deutschen Reichs. Führte die Reichsgründung durch die Kriege von 1864, 1866 und 1871 herbei und prägte das Wesen des neuen Kaiserreiches durch seine repressive, strikt obrigkeitsstaatliche Innenpolitik.
     
    Montgomery Blair (1813–1883)
    Amerikanischer Politiker; von 1861 bis 1864 als Postminister Angehöriger von Abraham Lincolns Kabinett.
     
    Isambard Kingdom Brunel (1806–1859)
    Britischer Ingenieur, der wegen seiner herausragenden und spektakulären Leistungen auf verschiedenen Gebieten der Technik zu den Berühmtheiten seiner Zeit zählte. Die 1854 begonnene
Great Eastern
sollte die Krönung seiner Karriere werden, doch finanzielle Unstimmigkeiten, Druck von Seiten der ungeduldigen Geldgeber und massive organisatorische Probleme ruinierten seine Gesundheit, während immer neue Verzögerungen bei der Fertigstellung und mehrere misslungene Stapelläufe Brunels Ansehen beschädigten. Zerrüttet von den überhand nehmenden Belastungen, erlitt er unmittelbar vor der Jungfernfahrt der
Great Eastern
einen Schlaganfall, an dessen Folgen er zehn Tage darauf verstarb.
     
    Ambrose Burnside (1824–1881)
    Amerikanischer Offizier und Politiker; wurde 1862 anstelle George McClellans Oberbefehlshaber der Potomac-Armee und führte sein Heer wenig später mit einem blutigen Frontalangriff gegen Lees Stellungen bei Fredericksburg in ein desaströses Fiasko, das zu seiner Ablösung führte. Danach erhielt Burnside nur noch zweitrangige Kommandos. Nach dem Bürgerkrieg war er als Geschäftsmann und Senator für Rhode Island tätig. Durch seinen auffallend üppigen Backenbart wurde er zum Namensgeber für buschige Koteletten, die im

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