Der gläserne Drache Band II (German Edition)
1. Ankunft in Torgard
Nach etwa zwei Wochen überschritt der Reitertrupp die Grenze des Fürstentums Torgard.
Obwohl Malux dies nicht für nötig fand, hatte König Mendor ihnen eine Eskorte von zehn Mann mitgegeben.
„Ihr vergesst, Herward von Walland, dass Ihr die zukünftigen Herrscher von Torgard nachhause führt!“ hatte der König gesagt. „Sollen sie sich wie Diebe in ihr Schloss schleichen?
Ihr wisst, dass ich bereits einen Boten zu Gondar gesandt und die Ankunft der wiedergefundenen Söhne des Prios angekündigt habe. Somit wird euch ein festlicher Empfang bereitet werden. Da schickt es sich nicht, dass ihr wie herumziehende Vagabunden ohne entsprechende Begleitung in die Burg einzieht.
Ich verlasse mich auf E uch, dass Ihr darauf achtet, dass die jungen Männer auch dem Anlass entsprechend gekleidet in Torgard einreiten. Was sollen die Untertanen sonst von ihren neuen Herren denken?“
Seufzend hatte sich Malux in die verständliche Anordnung gefügt, obwohl die Menge der Leute und die dafür erforderliche Anzahl der Packpferde die Geschwindigkeit des Ritts behinderte.
Auch die zwar prächtige, aber nicht immer praktische Kleidung störte Malux, der durch seinen jahrelangen Dienst als Romandos Pferdeknecht daran nicht mehr gewöhnt war. Auch Tanis empfand die kostbare Ausstattung beim Reiten als unbequem.
Der einzige, der sich in seiner prachtvollen Aufmachung in den Blicken der Leute sonnte, war Wigo. Er genoss die Ehrerbietung, die ihnen überall entgegengebracht wurde, und hatte schon bald das Gehabe der Leute seines Standes angenommen.
Als sie daher am Abend in einer kleinen Stadt hinter der Grenze in einem Gasthof einkehrten, war es Wigo, der wie selbstverständlich dem Wirt und seinem Gesinde mit schroffen Worten Anweisungen für die Unterbringung der Leute erteilte.
Malux vermerkte das mit Missbilligung, sagte jedoch nichts. Solange Wigo keine falschen Entscheidungen traf, sollte er sich ruhig in seine neue Rolle einfinden.
Nur Tanis war verblüfft und etwas verärgert. Als sie daher beim Abendessen saßen, sagte er auch unwillig:
„Du klingst schon fast wie Romando! Du solltest nicht vergessen, dass der König Malux die Führung anvertraut hat. Und das wird auch für die nächsten zwei Jahre so bleiben. Auch wenn du wie immer meinst, schon alles zu können und zu wissen, wirst du wohl auch weiterhin seinen Anordnungen folgen und es ihm überlassen müssen, was er für uns vorsieht.
Und ich denke, dass wir bis heute auch damit nicht schlecht gefahren sind!“
Wigo wurde rot, ob vor Zorn über die Zurechtweisung oder vor Scham wegen der Missachtung von Malux‘ Status war nicht klar ersichtlich.
„Verzeihung!“ sagte er eingeschnappt. „Aber ich denke, gerade weil Malux so viel für uns getan hat, können wir ihm das eine oder andere abnehmen.“
„Dagegen ist nichts einzuwenden“, mischte sich Malux nun doch ein, „aber du solltest darauf achten, in welchem Ton du mit den Leuten redest.
Erinnere dich daran, wie du dich bei solcher Rede gefühlt hast, als du noch der Bauernjunge Wigo warst. Auch einem Fürsten wird niemand Freundlichkeit gegenüber seinen Untertanen verargen – im Gegenteil, man wird dich dafür umso mehr schätzen.“
Wigo schwieg, aber man sah ihm seine Verärgerung deutlich an. Tanis, dem es schon Leid tat, den Bruder so hart zurechtgewiesen zu haben, lenkte schnell auf ein anderes Thema über.
„Wie es scheint, nimmt die Kraft zur Übertragung unsere Gedankenbilder mit der Entfernung ab“, sagte er. „Anfangs konnte ich Anina noch klar und deutlich Botschaften übermitteln, doch seit einigen Tagen werden die Bilder immer blasser.
Daher wäre ich dir sehr dankbar, wenn wir unsere Kraft einmal zusammenschließen könnten, damit die Mädchen wissen, wie es uns geht.“
„Sie werden sich denken können, dass es uns gut geht“, sagte Wigo mit gleichgültigem Achselzucken. „Schließlich sind wir mit ausreichender Bedeckung und guter Führung auf dem Weg in unsere Heimat. Was sollte uns also geschehen?“
Tanis war entsetzt. Was war nur in seinen sonst stets hilfsbereiten Bruder gefahren? Doch bevor er etwas antworten konnte, sagte Dormas entrüstet:
„Was ist los mit dir, mein Junge? So kenne ich dich ja gar nicht! Warum willst du deinem Bruder den Gefallen nicht tun, seiner Liebsten einen Gruß zu senden?
Ob ihr nun Bauern oder Fürsten seid – ihr seid Brüder! Und das
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