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Die falsche Geliebte (German Edition)

Die falsche Geliebte (German Edition)

Titel: Die falsche Geliebte (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Warschau zu meiner idealen Geliebten. Ihr galt mein Denken und Sehnen; sie war die Königin meiner Tage und Nächte! Diese Frau wußte nichts, aber warum es ihr sagen?... Ich liebte meine Liebe. Ermessen Sie aus diesem Jugendabenteuer, wie glücklich ich war, in Ihrer Atmosphäre zu leben, Ihr Pferd zu pflegen, ganz neue Goldstücke für Ihre Börse auszusuchen, für den Glanz Ihrer Tafel und Ihrer Gesellschaften zu sorgen und größere Vermögen als das Ihre durch meine Geschicklichkeit zu überstrahlen. Mit welchem Eifer stürzte ich in die Stadt, wenn Adam sagte: ›Thaddäus, sie will das und das.‹ Das war ein unsägliches Glück. Sie wollten in einer bestimmten Frist Kleinigkeiten haben, die mich zu Gewaltanstrengungen nötigten. Ich fuhr sieben Stunden im Wagen umher. Und welche Wonne, für Sie zu gehen! Sah ich Sie lächelnd inmitten Ihrer Blumen, ohne von Ihnen gesehen zu werden, so vergaß ich, daß niemand mich liebte... Kurz, ich war damals wieder achtzehn Jahre alt. An manchen Tagen, wo mein Glück mich berauschte, ging ich des Nachts an die Stelle, wo Ihre Füße für mich leuchtende Spuren hinterlassen hatten, und küßte sie, wie ich einst Diebskünste gebraucht hatte, um den Schlüssel zu küssen, den die Gräfin Ladislas berührt hatte, als sie eine Tür öffnete. Die Luft, die Sie atmeten, war balsamisch; sie einzuatmen, verlieh mir stärkeres Leben; ich war, wie man es in den Tropen sein soll, von einer Wolke schöpferischer Kräfte umgeben. »Ich muß Ihnen das alles gestehen, um Ihnen den seltsamen Dünkel meiner ungewollten Gedanken zu erklären. Ich wäre lieber gestorben, als Ihnen mein Geheimnis zu verraten! Sie müssen sich der wenigen Tage der Neugier entsinnen, als Sie den Urheber der Wunder sehen wollten, die Ihnen schließlich auffallen mußten. Ich glaubte, verzeihen Sie mir, ich glaubte, daß Sie mich lieben könnten. Ihr Wohlwollen, Ihre von einem Verliebten gedeuteten Blicke schienen mir so gefährlich für mich, daß ich mir Malaga zulegte, denn ich wußte, daß es Beziehungen gibt, die die Frauen nie verzeihen. Ich legte sie mir in dem Augenblick zu, wo ich sah, daß meine Liebe notgedrungen Gegenliebe erzeugte. Überschütten Sie mich nun mit der Verachtung, die Sie mit vollen Händen über mich ausgeschüttet haben, ohne daß ich sie verdiente.
    »Aber das glaube ich gewiß: hätte ich Ihnen an dem Abend, da Ihre Tante den Grafen mit sich nahm, das gesagt, was ich Ihnen hier schreibe, wäre es einmal ausgesprochen worden, so wäre ich wie der gezähmte Tiger gewesen, der seine Zähne wieder in frisches Fleisch schlägt, der die Wärme des Blutes fühlt und ...
    Mitternacht.
    »Ich konnte nicht weiterschreiben. Die Erinnerung an jenen Abend ist noch zu lebendig! Ja, damals hatte ich das Delirium. In Ihren Augen leuchtete Hoffnung. Die rote Flagge des Sieges hätte in den meinen geglänzt und die Ihren entzündet. Mein Verbrechen war, das alles zu denken, vielleicht zu Unrecht. Sie allein sind Richterin jener furchtbaren Szene, in der ich Liebe, Verlangen, die unbezwinglichsten Menschenkräfte, mit der eisigen Hand ewiger Dankbarkeit ersticken mußte. Ihre furchtbare Verachtung war meine Strafe. Sie haben mir bewiesen, daß man Ekel und Verachtung nicht überwindet. Ich liebe Sie wie ein Wahnsinniger. Nach Adams Tod hätte ich fortgemußt: nach Adams Wiederherstellung muß ich es erst recht. Man entreißt seinen Freund nicht den Armen des Todes, um ihn zu betrügen. Zudem ist meine Abreise die Strafe für meinen Gedanken, ihn sterben zu lassen, als die Ärzte mir sagten, daß sein Leben in der Hand seiner Pfleger läge. Leben Sie wohl, Gräfin. Indem ich Paris verlasse, verliere ich alles. Sie verlieren nichts, wenn Sie nicht mehr in Ihrer Nähe haben
    Ihren ergebenen
    Thaddäus Paç.«
     
    »Wenn mein armer Adam sagt, er hätte einen Freund verloren, was habe ich dann verloren?« fragte sich Clementine niedergeschmettert und die Augen auf eine Blume in ihrem Teppich geheftet. Folgenden Brief übergab Konstantin heimlich dem Grafen:
    »Lieber Mizislas, Malaga hat mir alles gesagt. Im Namen Deines Glückes möge Dir Clementine gegenüber nie ein Wort über Deine Besuche bei der Kunstreiterin entschlüpfen! Laß sie stets in dem Glauben, daß Malaga mich 100 000 Franken gekostet hat. Die Gräfin würde Dir bei ihrem Charakter nie Deine Verluste im Spiel und Deine Besuche bei Malaga verzeihen. Ich gehe nicht nach Chiva, sondern in den Kaukasus. Ich habe den Spleen, und so, wie ich
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