Die Familie ohne Namen
die ins Auge genommene Landungsstelle zu säubern, donnerten noch einige Salven über die Boote hinweg und deren Kugeln bohrten sich in den Boden der Insel ein oder sprangen, ganz flach auffallend, weit über diesen dahin.
Johann wurde nicht einmal gestreift.
»Patrioten, rief er, jetzt seid bereit!«
Alle warteten, bis die Boote in Schußweite waren, um erst dann das Feuer ihrerseits zu eröffnen.
Die Angreifer, welche sich platt niedergeworfen hatten, um den Gewehrkugeln weniger Ziel zu bieten, mochten gegen drei-bis vierhundert zählen und bestanden aus regulären Truppen und Kronfreiwilligen.
Wenige Minuten später, als die Boote sich auf der Mitte des Stromes befanden, waren sie der Insel bereits so nahe, daß die Artillerie von Chippewa ihr Feuer einstellen mußte.
Da knatterten die ersten Flintenschüsse hinter den Felsen hervor. Die Besatzung der Boote antwortete fast augenblicklich, doch da diese dem Feuer vom Uferabhang her weit offener ausgesetzt war, arbeiteten die Ruder nun mit verdoppelter Kraft.
Kurze Zeit genügte, um aus Land zu stoßen, und jetzt galt es denn, auf der einen Seite wie auf der anderen, sich auf ein Handgemenge einzulassen.
Johann befehligte inmitten eines Kugelhagels, der gleich Kartätschen rings um ihn niederprasselte.
»Suchen Sie Deckung! rief ihm Vincent Hodge zu.
– Ich? »antwortete er.
Und mit lauter Stimme rief er den Angreifern, welche das Ufer zu erklimmen begannen, zu:
»Ich bin Johann ohne Namen!«
Dieser Name erregte wirklich die größte Verblüffung, denn die Königlichen mußten doch glauben, daß Johann ohne Namen schon im Fort Frontenac den Kugeln erlegen sei.
Dann rief Johann, auf die ersten Boote losstürzend:
»Vorwärts, Blaumützen!… Drauf auf die Rothröcke!«
Der Kampf wurde bald äußerst hitzig und die ersten Boote mußten wirklich noch einmal abstoßen. Einige Verletzte fielen in die Strömung, welche sie nach den Wasserfällen zu wegschwemmte. Die Patrioten verließen ihre Deckung unter den Felsstücken und schlugen sich mit einer so ungestümen Wuth, daß der Vortheil anfangs auf ihrer Seite war. Schon sah es aus, als ob alle Boote zurückweichen müßten. Da kamen diesen aber schon noch weitere zu Hilfe und mehreren hundert Mann gelang es, die Insel selbst zu betreten. Der Uebergang auf dieselbe wurde mit Gewalt erzwungen und die Zahl siegte über den Muth.
Gegenüber diesem ihnen weit überlegenen Feinde sahen sich die Vertheidiger gezwungen, das Vorland am Ufer aufzugeben; und wenn sie nicht zurückwichen, ohne dem Feinde schweren Schaden zugefügt zu haben, so erlitten sie doch auch die grausamsten Verluste.
So wurden Thomas Harcher, Pierre und Michel, die von den Kugeln gefallen waren, durch die wildwüthenden Freiwilligen, welche keinen Pardon gaben, getödtet. William Clerc und André Farran fielen, Beide verwundet, in Gefangenschaft, nachdem sie einen Kreis von Blut um sich gezogen hatten. Ohne das Dazwischentreten eines Officiers wären sie demselben Loose wie der Farmer und seine Söhne verfallen gewesen. Der Oberst Mac Nab hatte aber ausdrücklich befohlen, die Anführer so viel wie möglich zu verschonen, da die Regierung sie vor die Kriegsgerichte in Quebec und Montreal zu stellen beabsichtigte. Nur aus diesem Grunde entgingen Clerc und Farran jetzt dem Tode.
Es erwies sich übrigens völlig unmöglich, der Ueberzahl zu widerstehen. Die Blaumützen, welche sich wie verzweifelt geschlagen, und mit ihnen die Mahogannis, die sich mit dem kaltblütigen Muthe vertheidigt hatten, der die Indianer ihrer Rasse auszeichnet, mußten, von Hecke zu Hecke verfolgt, über die Insel zurückweichen; so wurden sie bis an deren Rand getrieben und von rückwärts her noch in Menge getödtet. Es war ein richtiges Wunder zu nennen, daß Lionel nicht zwanzigmal den Tod fand und daß selbst Meister Nick dem Blutbade entrann. Von den Huronen freilich sollten sehr viele nicht wieder nach ihrem Wigwam in Walhatta zurückkehren.
Als er wieder in die Nähe des Hauses des Herrn de Vaudreuil kam, wollte Meister Nick Clary bestimmen, eines der Boote zu besteigen, um sie nach Schlosser hinüber zu bringen.
»So lange mein Vater noch auf der Insel ist, erwiderte sie, verlasse ich diese auch nicht!«
Ja, ihr Vater, und wohl auch Johann, obgleich sie wußte, daß dieser nur hierher gekommen war, um zu sterben.
Gegen fünf Uhr Nachmittags überzeugte sich Herr de Vaudreuil, daß ein, fernerer Widerstand gegen mehrere hundert Angreifer, welche schon
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