Die Familie ohne Namen
seiner Race, von den durch ihn verrathenen französischen Canadiern in die Acht erklärt, völlig verschwunden ist. Vielleicht hat er die Neue Welt ganz verlassen; vielleicht ist er todt…
– Nun, könnte man das Mittel, das sich bei Simon Morgaz wirksam erwies, fragte Sir John Colborne, nicht auch bei einem der Führer jener Reformer in Anwendung bringen?
– Rechnen Sie darauf nicht, General, antwortete Lord Gosford. Solche Patrioten – diese Anerkennung kann ihnen Niemand versagen – sind über jede Bestechung erhaben. Daß sie sich als Feinde der englischen Macht hinstellen und für Canada dieselbe Unabhängigkeit erträumen, welche die Vereinigten Staaten sich England abgerungen, ist leider nur zu wahr; dabei aber zu hoffen, daß man sie erkaufen, sie durch Zusicherungen von Gold oder Ehren bestimmen könnte, einen Verrath zu begehen – niemals. Ich habe die feste Ueberzeugung, daß Sie keinen Verräther unter ihnen finden werden!
– Dasselbe sagte man von Simon Morgaz, warf dagegen Sir John Colborne ironisch ein, und er hat seine Genossen dennoch ausgeliefert. Und gerade dieser Johann Namenlos, von dem Sie sprechen, wer weiß, ob dieser nicht käuflich ist…
– Ich glaub’ es nicht, erwiderte lebhaft der Polizeiminister.
– Jedenfalls, fügte Oberst Gore hinzu, ist, ob es sich nun darum handelt, ihn zu kaufen oder ihn zu henken, die erste Bedingung, daß man ihn auch hat, und da seine Anwesenheit in Quebec gemeldet worden ist…«
In diesem Augenblick erschien an einer der Biegungen der Allee des Gartens ein Mann, der auf zehn Schritte Entfernung stehen blieb.
Der Minister erkannte einen Geheimpolizisten oder vielmehr den »Unternehmer der Polizei«, eine Bezeichnung, die er in jeder Hinsicht verdiente.
Dieser Mann gehörte nämlich nicht zur regulären Brigade Comeau’s, des Chefs der anglo-canadischen Agenten.
Gilbert Argall lud ihn durch ein Zeichen ein, näher zu treten.
»Es ist Rip, vom Hause Rip & Compagnie, sagte er, sich an Lord Gosford wendend. Wollen Eure Herrlichkeit erlauben, uns hier seinen Bericht zu erstatten?«
Lord Gosford stimmte durch eine Bewegung des Kopfes zu. Rip näherte sich respectvoll und wartete, bis es Gilbert Argall beliebte, ihn zu fragen, was dieser mit den Worten that:
»Haben Sie darüber Gewißheit erhalten, daß Johann ohne Namen in Quebec gesehen worden ist?
– Ich glaube das Euer Ehren versichern zu können.
– Und wie kam es, daß er da nicht dingfest gemacht wurde? fragte Lord Gosford.
– Eure Herrlichkeit wollen meine Leute und mich gütig entschuldigen, antwortete Rip, wir erhielten aber selbst zu spät Nachricht. Vorgestern war gemeldet worden, daß Johann ohne Namen eines der Häuser der kleinen Champlainstraße besucht haben sollte, und zwar das, welches neben dem Laden des Schneiders Emotand zur Linken liegt, wenn man die Stufen genannter Straße hinaufsteigt. Ich habe das Haus sofort einschließen lassen. Dasselbe bewohnt ein Herr Sebastian Gramont, ein Rechtsanwalt und Abgeordneter, der in der Reformpartei eine hervorragende Stellung einnimmt. Johann ohne Namen hatte sich daselbst aber nicht gezeigt, obwohl der Abgeordnete Gramont unzweifelhaft mit ihm in Verbindung steht. Unsere Haussuchung ist vergeblich gewesen.
– Glauben Sie, daß jener Mann sich noch in Quebec aufhält? fragte Sir John Colborne.
– Das könnte ich Euer Excellenz nicht mit Bestimmtheit sagen, erwiderte Rip.
– Sie kennen ihn nicht?
– Ich habe ihn in der That niemals gesehen, und es gibt überhaupt nur wenige Leute, welche ihn kennen.
– Mag sein, doch welche Richtung dürfte er von Quebec aus eingeschlagen haben?
– Das weiß ich nicht, gestand Rip.
– Und was ist Ihre Meinung? fragte der Polizeiminister.
– Meine Ansicht ist, daß der Mann sich nach der Grafschaft Montreal hingewendet haben dürfte, wo die Agitatoren mit Vorliebe ihr Wesen treiben. Wenn ein Aufstand vorbereitet ist, so wird er wahrscheinlich in diesem Theile Canadas zum Ausbruch kommen. Ich schließe daraus, daß Johann ohne Namen in einem Dorfe nahe den Ufern des St. Lorenzo versteckt sein wird…
– Ganz recht, fiel Gilbert Argall ein, und nach dieser Seite hin werden sich die weiteren Nachforschungen zu bewegen haben.
– So erlassen Sie die betreffenden Befehle, sagte der General-Gouverneur.
– Eure Herrlichkeit wird zufrieden gestellt werden. Sie, Rip, verlassen morgen schon Quebec mit den besten Beamten Ihrer Agentur. Ich selbst werde die Ueberwachung des Herrn de
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