Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
Vom Netzwerk:
einzulösen und ihn zu Huascars Versteck zu führen.
    Ich war soweit. Am festgesetzten Tag brachen wir auf.
    Villalcázar war gereizt. Am Eingang des heiligen Tals überließ er mich meinen Trägern und preschte im Galopp zum Palast hinauf. Zum Abendessen, ich erinnere mich gut, gab es köstliche Rebhühner und geröstete Bananen. Nach dem Dessert ergingen wir uns in den Gärten, ließen uns nieder. Marca Vichay brachte Ananas, Erdnüsse und einen Krug Wein.
    Villalcázar begann mir von seiner Reise nach Spanien zu erzählen, die er vorhatte. Seine Familie unterhielt gute Beziehungen zum Hof. Er hoffte, sie würden ihm den Zugang zum König ermöglichen. Die Vorstellung gestaltete sich in seinem Kopf wie ein neuer Eroberungszug. Die Düsternis, die seit Gonzalos Hinrichtung an ihm nagte, war gewichen.
    Mit dem Verschwinden der Pizarros, man ahnte es schon, ging die Ära der großen Abenteuer und Kriegsspiele zu Ende. Die platte Zukunft, die Villalcázar vor sich sah, erschreckte ihn. Er sagte es nicht, doch ich spürte es. Er gehörte zu jenen Temperamenten, die, sowie ein Ziel erreicht ist, schon nach einem neuen ausspähen … Ich bin überzeugt, daß er damals auf den Anlaß geradezu geflogen ist, den Martins Schwester ihm bot, eine Vermählung zu sprengen, die, kaum geschlossen, ihn auch schon zum Gähnen langweilte! In der Neuen Welt, wo es ja nur wenigen vergönnt war, sich in führenden Rängen zu behaupten, müssen die Herausforderungen, die Hindernisse und Unsicherheiten ihn begeistert haben. Und ich … Wäre ich ihm nicht rebellisch, völlig unfügsam begegnet, er hätte nicht mehr Aufmerksamkeit und Zeit an mich verschwendet, als ein Mann braucht, um eine Frau auf sein Lager zu strecken, sie zu nehmen, sein Gewand zu richten und sie als eine unter anderen zu vergessen. Nur der Aufeinanderprall unserer Charaktere hatte die reißende Leidenschaft entfacht, die Zara getötet hat, eine Leidenschaft, die jetzt verglomm und in Kürze zu Asche zerstäuben würde, denn jeglicher noch so heiß begehrte Besitz erweckte bei Villalcázar sehr bald Überdruß und Gleichgültigkeit.
    Nun also träumte er davon, eine neue Tür aufzustoßen, die des spanischen Hofes, und die Kette Huascars einzutauschen gegen den Titel eines Grafen oder eines Marqués. Das hatte er noch nicht, also fehlte es ihm, also wollte er es!
    Aber sich in einer Gesellschaft von Kratzfüßen, steifen Manieren und kläglichen Intrigen durchzuschlagen ging ihm vollkommen wider den Strich. Deshalb redete er darüber viel und erregt.
    Und während ich im tiefblauen Schatten der hohen Pisonays mit anhörte, was er sich ausgedacht hatte, um diese und jene Kreise und Vorzimmer für seine Zwecke zu erschließen, hätte ich ihm am liebsten zugerufen: »Sieh den wunderbaren Abend, atme den Duft der Kräuter, genieße den Wein und die köstlichen Früchte, lebe diese Stunden mit Bedacht, es könnten deine letzten sein.«
    Im Morgengrauen setzten wir den Weg fort. Marca Vichay begleitete uns. Wir übernachteten in der Nähe von Ollantaytambo. Anderntags ließen wir Villalcázars und Marca Vichays Tiere in der Obhut eines Knechts zurück und überquerten den Urubamba.
    Villalcázar, der keine drei Schritt zu Fuß gehen konnte, schimpfte und fluchte. Ich hatte ihm eine Sänfte vorgeschlagen. Er hatte abgelehnt: »Wie sähe das aus? Soll ich mich tragen lassen wie eine Truhe? Das ist was für Weiber, Schwächlinge und Greise.« Er weigerte sich genau wie Ihr, Pater Juan, nur nicht so höflich.
    Nach einem harten Aufstieg durchs Dickicht ließ ich halten. Villalcázar verlangte zu trinken. Ich schritt ein. Vergorene Getränke sind schädlich, wenn man nicht ans Klettern gewöhnt ist. Er wurde zornig. Marca Vichay füllte ihm einen Becher. Er leerte ihn auf einen Zug. Wir stiegen weiter.
    Um zu dem alten Fort zu gelangen, wo Huascar einst seine Träger zurückgelassen hatte, brauchten wir fünfmal soviel Zeit. Villalcázar hatte mit Übelkeit, Erbrechen und Schwindel zu kämpfen.
    Bei der abendlichen Rast, während die Knechte uns geröstetes Fleisch, Pfefferschoten und Maiskolben vorsetzten, erklärte ich, er sei nicht in dem Zustand, den Weg fortzusetzen, wir sollten es auf ein andermal verschieben. Villalcázar verstand meine Worte so, als wollte ich ihm den Schatz vorenthalten, und geriet in Wut. Glaubt mir, Pater Juan, man braucht den Willen eines Mannes nur zu durchkreuzen, und er wird sich desto fester daran klammern!
    Das Ziel des Ausflugs, so hatten wir

Weitere Kostenlose Bücher