Die Favoritin
schaffen und wieder zu verstecken.«
Ich glaubte, der Rausch habe seinen Verstand benebelt.
»Wer soviel getrunken hat«, sagte ich …
»Ich verlasse Gonzalo. Er und ich, das ist aus.«
»Was sagst du!«
»Soll ich es dir verraten? Ich bin kein Selbstmörder. Binnen kurzem ist Gonzalo ein toter Mann.«
»Aber erwartet ihr nicht Verstärkung aus Arequipa, aus La Plata und anderen Städten? Bedenk doch, Bartolomé! Alle sagen: La Gasca hat verloren!«
»Wenn du auf Säufer und Phantasten hörst! Ich habe Gonzalo gewarnt, als La Gasca gelandet ist: der Geistliche mit seinen Freundlichkeiten, seiner Nachsicht und seinen Segenssprüchen ist gefährlicher als jede Armee. Gonzalo lachte. Er wollte mir nicht glauben. Er will nicht wissen, was die Stunde geschlagen hat. Er hält an seinem Knochen fest, krepiert lieber, anstatt loszulassen. Soll er! Ich gebe auf.«
»Was hast du vor?«
»La Gasca meinen Degen anzubieten. In Zeiten wie jetzt gilt: wer nicht für ist, der ist gegen. Ein Dazwischen gibt es nicht. Und du … Sowie meine Unterwerfung publik wird, gebe ich nichts mehr auf unsere Köpfe, wenn Gonzalo uns fängt! Geh nach Yucay. Dein Verwalter scheint seine Vorteile zu kennen. Mach ihm klar, daß die unseren auch die seinen sind. Wenn nötig, soll er dich verstecken.«
In aller Frühe, bevor Villalcázar sich auf den Weg nach Lima machte, setzten wir beide, seinem Willen entsprechend, unsere Testamente auf. Für den Todesfall vererbte jeder seinen Besitz dem überlebenden Gatten. Der eilig herbeigerufene Notar besiegelte die Urkunden.
»Man weiß ja nie, bei den ganzen Scherereien mit den Verwaltungen und da du ›Indierin‹ bist …«, sagte Villalcázar. »Wenn ich sterbe, behältst du immerhin das Haus.«
Ich versagte mir zu bemerken, daß das ein bißchen spärlich sei im Vergleich mit dem, was er erbte, falls ich als erste stürbe.
»Gott sei mit dir«, sagte ich.
Die Wärme, mit der ich das sagte, entfachte ein Begehren, das ein wenig abgeflaut war.
***
Ich lebte wieder in meinem Palast. Von Zeit zu Zeit kamen die Späher gelaufen, die Marca Vichay aufgestellt hatte. Dann flüchtete ich in seine Wohnung und mischte mich unter seine Frauen. Aber es war immer falscher Alarm. Zweimal überbrachten mir Diener, die Villalcázar mitgenommen hatte, eine Botschaft.
Die erste teilte mir mit, wie vorzüglich La Gasca ihn aufgenommen habe. Die zweite erreichte mich im Regenmonat Dezember: die königliche Armee bereite sich vor, Jauja, wo sie stand, zu verlassen und über Amancay in Richtung Cuzco zu marschieren, um die ziemlich zusammengeschmolzenen Truppen Gonzalo Pizarros zu vernichten.
Ich bangte um Villalcázar.
Ich wollte nicht, daß er mir entkam. Sein Tod gehörte mir. Darum flehte ich inbrünstig zu unserem Vater der Sonne, dessen Kelch vor Kränkungen überquoll: er konnte meinen Vorhaben nur gnädig sein. Ich suchte auch alle Huacas im Tal auf. Qhora und ich brachten ihnen reiche Gaben, Kokablätter, Chicha, feine Wolle und fetten Mais, damit sie Villalcázar beschützten.
Zu Beginn des neuen Jahres zog ich Marca Vichay auf mein Lager. Etwas an ihm hatte mir schon immer gefallen. Und ich war seit der Zeit Huascars erwachsen geworden. Ich fürchtete nicht mehr, daß Dämonen und Würmer meinen Leib verschlängen, wenn ein anderer als der Inka mich berührte.
Marca Vichay kam seiner Liebhaberrolle mit derselben Ergebenheit nach, mit der er mir sonst diente …
Na nun! Was habe ich denn gesagt? Ich dachte, Pater Juan, Ihr wäret jetzt soweit, alles zu hören! Solltet Ihr womöglich glauben, ich hätte mich, der Lüsternheit verfallen, mit meinem schönen Canari im Sumpf gesielt? Dann laßt Euch gleich enttäuschen. Unsere Beziehung war diskret und liebenswert. Entspannung für Körper und Geist. Mehr wollte ich nicht. Sobald Marca Vichay mein Lager verließ, schlüpfte er wieder in den Rock des Verwalters. Der Abstand zwischen unser beider Stellung blieb, wie es sich geziemte, enger wurden nur die Treuebande, die ihn mir verpflichteten und bis heute verpflichten.
Auf dem Land mißt man die Zeit am Wirken der Natur. Bei meiner Ankunft hoben die jungen Maissprosse die Erde. Sie waren gewachsen, gereift und reckten ihre saftstrotzenden Kolben auf wie Lanzenspitzen, als Villalcázar erschien.
»Ich komme dich holen. Wir brauchten praktisch nicht zu kämpfen. Als es zum Treffen kam, liefen Gonzalos Truppen auseinander. Gemeinsamer Heroismus braucht einen Funken Hoffnung. Es gab keine mehr.
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