Die Feriendetektive
eingezeichnet? Darüber konnte Herr Weißmann möglicherweise Auskunft geben. Als Gastwirt hätte er ja auch Verwendung für Wild, wenn es ihm unauffällig geliefert würde.
Durch diesen Gedanken kam ich darauf, mich an dem Bienenhäuschen zu verstecken. Auch Satans ungewöhnliches und unruhiges Verhalten ließ darauf: schließen, daß hier etwas faul war.«
Satan hatte seinen Namen gehört und trabte herein. Er setzte sich Tina zu Füßen und legte ihr den Kopf auf die Knie.
Der Knasterbart machte eine Pause und nahm einen großen Schluck Kaffee. »Gestern abend also sitze ich wieder hinter dem Häuschen und warte. In der Abenddämmerung höre ich unten am Weiher Geräusche. Jemand fängt bis zum Einbruch der Dunkelheit Forellen. Ich bleibe ganz still. Am Weiher ist nichts mehr zu hören. Im Gebüsch wird es finster, und so lege ich meine starke Stablampe neben mich. Plötzlich höre ich es in dem Gang rascheln und knacken. Jemand tappt auf das Häuschen zu. Ich halte die Luft an, bis mir ganz schwindlig wird. Ich höre, wie das Vorhängeschloß aufgeschlossen wird, wie jemand sich drinnen zu schaffen macht. Der Jemand kommt wieder heraus, schließt ab und will davonschleichen. Da trete ich hinter dem Häuschen hervor und rufe ganz laut: ,Halt’! Zugleich knipse ich meine Stablampe an. Im Lichtkegel läßt ein Mann einen Sack fallen und geht vor Schreck in die Knie. ,O Gott’, sagt er, ,jetzt ist alles aus.’ ,Drehen Sie sich mit erhobenen Händen um!’ rufe ich und sehe, daß es Herr Weißmann ist. In dem Sack hatte er zwei tote Rehe, und im Bienenhäuschen hingen noch zwei. Er kam ohne Widerstand mit zur Polizei und legte ein Geständnis ab. So. Den Rest erzähle ich euch, während wir uns den Kuchen schmecken lassen.«
Die Kinder saßen wie betäubt da. Als Frau Fischer aber dann auf jeden Teller ein Riesenstück Apfelkuchen legte, ließen sie es sich schmecken. Wir haben das Wildererversteck, das Bienenhäuschen, entdeckt! dachten sie stolz.
Der Knasterbart wurde ernst: »Das war der erfreuliche Teil der Geschichte. Jetzt kommt der unerfreuliche. Herr Weißmann hatte in München eine Kneipe, in der junge Leute verkehrten. Und er hatte Schulden... Als er hier das Gasthaus pachtete, mußte er soviel wie möglich verdienen, um sie abzuzahlen. Nun hatten zwei von den jungen Männern, die häufig in seiner Münchner Kneipe hockten, keine Arbeit und gleichfalls Schulden. Er merkte schnell, daß sie sich vor keinem Risiko scheuten, und machte ihnen eines Tages den Vorschlag, für ihn zu wildern. Das Abenteuer lockte sie, das allem Verbotenen anhaftet, dazu das leicht und schnell verdiente Geld.
Er besorgte also einen großen Opel mit Schiebedach und ein Kleinkalibergewehr mit Zielfernrohr. Sie schossen für ihn Wild und versteckten es in dem Bienenhäuschen, was viel unauffälliger war, als wenn sie sich immer wieder mit ihm getroffen oder ihn gar besucht hätten. Die beiden jungen Leute — der eine ist zwanzig und der andere erst neunzehn — hat er gestern abend der Polizei genannt. Sie wurden heute morgen zu Hause verhaftet.
Beide werden nun vorbestraft sein und es dann noch schwerer haben, Arbeit zu finden und ihre Schulden loszuwerden. Und warum? Weil sie dumme Jungs sind und ein Mann, der in Schwierigkeiten war, sie zu etwas Verbotenem angestiftet hat! Traurig, daß sich diese jungen Männer ihr Leben verpatzt haben. Aber irgendwann muß jeder darüber nachdenken, welche Folgen seine Arbeit haben kann. Das gilt für uns alle.«
Nachdenklich strich sich der Förster den Bart und aß dann seinen Apfelkuchen auf.
Als sich die Kinder verabschiedeten und Tina traurig Satan streichelte, weil es ja morgen nach Hause zurückging, sagte der Förster noch: »Wenn ihr nächstes Jahr wieder nach Waldeck kommt, müßt ihr auch bei mir hereinschauen. Ihr dürft auf jeden Hochsitz, und das, sooft ihr wollt!« Dieses Angebot tröstete sie alle ein bißchen.
Vor dem Abendessen unternahmen Tina und Karl noch einen langen Spaziergang. Es gab allerhand zu bereden. Sie wollten einander schreiben, wenigstens einmal im Monat.
Tim und Heinrich gingen ein letztesmal zum Weiher hinunter und in ihren Geheimgang hinein. Dort stand das Häuschen! Die Tür war jetzt offen. Zögernd traten sie ein. Es roch staubig, aber noch ein anderer, eigentümlicher Geruch hing in der Luft. Von den Bienenkästen war nichts zu sehen. »Jetzt ist es nur noch ein toller Platz zum Spielen!« sagte Tim.
»Ich weiß nicht«, meinte Heinrich.
Weitere Kostenlose Bücher