Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes
einer magischen Barriere schützen, bevor die schweren, tödlichen Brocken mit ohrenbetäubendem Getöse auf den Boden niederprasselten. Danach trat Stille ein.
Um Atem zu holen, blieb sie, von der Zauberwand geschützt, unter den Trümmern liegen. Ihre Kräfte ließen nach, ihre Wut jedoch nicht. Das unbändige Verlangen, zu kämpfen und Amhal zu besiegen, nahm sie völlig ein und ließ ihr Herz wie wild in der Brust pochen. Dieser Kampf hatte etwas Archaisches, als sei es ein seit langem festgelegtes Schicksal, das ihnen die Hand führte, ein Schicksal, das Teil eines größeren Ganzen war, dem sie sich vor Jahrhunderten, Jahrtausenden, Ewigkeiten geweiht hatten. Zudem verspürte Adhara das brennende Verlangen, für Gerechtigkeit zu sorgen und Adrass’ Tod zu rächen. Der Körper ihres Erzeugers lag, für immer verloren, unter den Trümmern begraben, und bei dem Gedanken überkam sie das schmerzhafte Gefühl, allein und verlassen zu sein.
Alle Sinne angespannt, das Schwert fest umklammert, während ihr Körper die letzten Kräfte freimachte, wartete die Feuerkämpferin auf den nächsten Zug ihres Feindes. Die Schutzbarriere wurde schon dünner, und während sie noch darüber nachdachte, was zu tun sei, ließen das dumpfe Geräusch von Schritten und ein metallisches Kreischen und Klappern sie aufschrecken.
Amhal kam auf sie zu und ließ dabei sein Schwert über den unebenen Boden schleifen.
Da nahm sie alle ihre verbliebenen Kräfte zusammen, schloss die Augen und konzentrierte sich. Der Marvash war jetzt schon ganz nahe, sehr nahe, thronte fast schon über ihr.
In diesem Augenblick ließ sie die Barriere explodieren und schnellte, die Klinge nach oben gerichtet, aus den Trümmern hervor. Sie spürte, wie ihr Fleisch unter der linken Schulter aufgerissen wurde, gleichzeitig aber auch, dass ihre Klinge tief in die Seite ihres Feindes eindrang. Und mit aller Kraft bohrte sie den Stahl immer weiter hinein. Dann sanken beide zu Boden, kraftlos – und verblüfft. Denn dieser letzte Zusammenstoß schien etwas ausgelöst zu haben: Plötzlich befanden sie sich nicht mehr in der Halle hinter dem Tempel, sondern in einem Wald, über den sich ein mit funkelnden Sternen übersäter Himmel spannte. Nur wenige Schritte von ihnen entfernt türmten sich die Trümmer des zerstörten Portals. Um sie herum die unnatürliche Stille dieser Lichtung und ein kalter Wind, der über ihre schweißnassen Gesichter hinwegstrich.
Auf ihr Schwert gestützt, stemmte sich Adhara als Erste hoch. Jeder Knochen im Leib schmerzte, während sie nun, sich kaum bewusst, was sie da tat, auf Amhal zuhumpelte. Auch der hatte sich mühsam aufgerichtet und kniete am Boden, eine Hand wie im Krampf um das Heft seines Schwertes geschlossen. Adhara konnte das Blut riechen, das ihm aus den Wunden troff, ein Geruch, der ihr sehr vertraut vorkam. Und sie erinnerte sich:
Wie er sich in langen, einsamen Trainingsstunden mit dem Schwert geschunden und immer wieder selbst verwundet hatte, um sich für seine Raserei zu bestrafen, diesen
Blutdurst, der seine Seele zersetzte, seit er auf der Welt war. Seinen ewigen Kampf, um das lebendig zu erhalten, was an Gutem in ihm steckte.
Und plötzlich fühlte sie sich von einem seltsamen Gefühl durchdrungen und sah in diesem jungen Mann, der keuchend und mit ausdrucksloser Miene vor ihr kniete, jenen Geliebten wieder, dem sie bis vor kurzem noch gefolgt war. Der Hass verrauchte, und Adrass’ Worte hallten ihr durch den Schädel.
Du wirst frei sein. Frei von mir, von Thenaar, von jedweder Beschränkung. Du wirst frei sein und glücklich .
Das war das Erbe, das ihr Adrass hinterlassen hatte, sein letzter Wunsch, bevor er den Opfertod starb. Er hatte ihr aufgetragen, sich nicht selbst zu verleugnen, um einen Kampf zu führen, der nicht der eigene war, sich nicht diesem Schicksal zu beugen, das er ihr auferlegt hatte. Sondern gemäß der eigenen Überzeugungen, der eigenen Gefühle zu leben. Denn das machte ein Lebewesen zu einer Person, einem Individuum.
Adhara ließ ihr Schwert aus den Fingern zu Boden gleiten, und als Amhal sein eigenes aufheben wollte, stellte sie den Fuß darauf, so lange, bis er seinen Griff löste.
Dann sank sie auf die Knie und blickte dabei unablässig diesem verlorenen Mann vor ihr in die Augen.
»Ich will das gar nicht«, sagte sie leise. »Ich will dich nicht hassen.« Sie näherte sich seinem Gesicht, streichelte über diese verzerrten, ausdruckslosen Züge. »Ich weiß nicht, wo er
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