Die Filmerzaehlerin
war, in einem Komikerduo mit einem gewissen Manuel Medel auftrat?«
Heute bin ich so weit zu glauben, dass Marilyn Monroe ihm in erster Linie wegen der Ms in ihrem Namen gefiel. Mehr als wegen sonst etwas. Er hatte sich immer ein »weibliches Kind« gewünscht, um es nach ihr zu nennen. Meine Mutter sagte: »Nur über meine Leiche.« Sie behauptete stur, sie verachte diese »wasserstoffblonde Trulla«, die würde in ihren Filmen »nicht mal anständig arbeiten«. Trotzdem war es Marilyns Art zu gehen, die sie nachahmte. Und als sie (kurz bevor sie uns verlassen hat) von Marilyns Tod erfuhr, weinte sie die ganze Nacht.
Weil in unserer Familie zum Leidwesen meines Vaters erst nur Jungen zur Welt kamen, stellte die Namenswahl kein größeres Problem dar. Bis zur Geburt des vierten. Da hielt mein Vater es nicht länger aus und wollte ihn Marilyno nennen.
Meine Mutter trat ihm mit dem Küchenmesser in der Hand entgegen.
Den wirklich großen Krieg gab es allerdings, als ich zur Welt kam. Mein Vater hat angeblich gelodert vor Glück, als er erfuhr, ihm sei schließlich ein Töchterchen geboren. Jetzt würde er endlich eine Marilyn im Haus haben. Aber meine Mutter weigerte sich und drohte sogar mit Scheidung. Am Ende begnügte sich mein Vater mit den beiden Ms und gab mir den Namen María Margarita, der mir, wenn ich ehrlich bin, nie sonderlich gefallen hat: Für mich klang er zahm, gefügig, einverstanden mit einem Leben als Mutter.
Und ich wollte einmal etwas anderes sein.
Was genau, wusste ich nicht, aber etwas anderes.
Darin ähnelte ich meiner Mutter. Die war nie mit etwas einverstanden, wechselte ständig ihre Frisur, schminkte sich anders, übte Gesichtsausdrücke und Posen vorm Spiegel, sagte sich etwas vor, dessen Bedeutung das kleine Mädchen, das ich damals war, nur vage ahnte:
»Ich meine, warum soll man Glühwürmchen sein, wenn man Stern sein kann?«
Und sie wand sich vor dem Spiegel wie verrückt in den Hüften.
Deshalb suchte ich mir, als meine Bekanntheit als Filmerzählerin wuchs, einen Namen, der besser zu meiner Kunst passte. Aber ich greife schon wieder vor.
Geduld, dazu kommen wir noch.
10
Ich muss zugeben, dass ich nie ernsthaft damit gerechnet hätte, den Wettbewerb um das beste Filmerzählen zu gewinnen. Mein zweitältester Bruder Mirto, genannt »der Vogel« und bei uns daheim für den Einkauf zuständig, galt allen als Favorit. Auch ich hätte unbesehen für ihn gestimmt. Er war immer fröhlich und redelustig und plapperte den ganzen Tag von dem, was ihm so passierte; er besaß eine Menge Sinn für Humor.
Mein ältester Bruder Mariano hatte dagegen nicht die geringste Chance. Er stotterte wie ein Dieselmotor und wurde deshalb »der Caterpillar« genannt (er kümmerte sich ums Kochen, obwohl er der intelligenteste von uns war und »ernster als ein Wachsoldat«, wie mein Vater sagte). Der Ärmste hatte das Stottern angefangen, als unsere Mutter weggegangen war.
Meinem Bruder Manuel, dem dritten und fürs Putzen zuständig, gefiel das Kino nicht mal besonders. Der Fußball war sein ein und alles, der Bolzplatz sein zweites Zuhause; seine Spiele dauerten den ganzen Tag, der Vormittag war die erste, der Nachmittag die zweite Halbzeit, dazwischen gab es eine kurze Unterbrechung fürs Mittagessen. Dass er sich den Ball bei jedem Freistoß an einem Erdklumpen zurechtlegte, hatte ihm den Spitznamen »Klümpchen« eingetragen.
In der Wüste schmückte sich jeder stolz mit seinem Beinamen wie mit einem Schleifchen am Hut; wer keinen besaß, war wie ungeboren, ein Don Niemand, nicht existent.
Mein vierter Bruder, Marcelino, alias »der Buchkopf«, war eine Künstlernatur. Er zeichnete und malte gern mit Buntstiften. Zu Hause war er ziemlich still, hörte lieber zu, als dass er redete. Und seine einzige Aufgabe bestand darin, den Müll rauszubringen.
Dann kam ich, und weil ich eine Frau war, hätte niemand einen rostigen Nagel auf mich gewettet. Die andern dachten, Frauen taugten nur zum Bettenmachen und für den Abwasch (darum kümmerte ich mich im Haus), entsprechend schlecht sah es für mich aus. Und doch gab es drei Dinge, die mir einen Vorteil vor den anderen verschafften, auch wenn ich das damals selbst nicht erkannte. Erstens verschlang ich alles, was ich an Comics über Hopalong Cassidy, Gene Autry, Kid Colt und andere Westernhelden in die Finger kriegen konnte, und die anderen lasen nichts. Außerdem war ich verrückt nach Hörspielserien im Radio, eine Schwäche, die ich von meiner
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