Die Firma
war nicht sonderlich bequem.
»Habt ihr die beiden Boote da draußen gesehen?« fragte Ray leise.
Die Boote waren klein, ungefähr eine Meile von der Küste entfernt, und während der letzten Stunde hatten sie langsam und unauffällig in Sichtweite des Strandes gekreuzt.
»Vermutlich Fischerboote«, sagte Mitch.
»Wer fischt um ein Uhr nachts?« fragte Ray.
Alle drei dachten darüber nach. Es gab keine Erklärung.
Abby sah es zuerst und hoffte und betete, daß es nicht die Leiche war, was da auf sie zutrieb. »Da drüben«, sagte sie und deutete auf eine fünfzig Meter entfernte Stelle. Es war ein schwarzer Gegenstand, der sich auf dem Wasser befand und sich langsam in ihre Richtung bewegte. Sie beobachteten ihn aufmerksam. Dann das Geräusch, ähnlich dem einer Nähmaschine.
»Weiter signalisieren«, sagte Mitch. Es kam näher.
Es war ein Mann in einem kleinen Boot.
»Abanks!« flüsterte Mitch laut. Das summende Geräusch erstarb.
»Abanks«, sagte er noch einmal.
»Wo zum Teufel steckt ihr?« kam die Antwort.
»Hier. Unter der Pier. Machen Sie schnell, verdammt nochmal!«
Das Geräusch setzte wieder ein und wurde lauter, und Abanks brachte ein zweieinhalb Meter langes Schlauchboot unter die Pier. Sie sprangen von der Querstrebe herunter und landeten in einem glücklichen Haufen. Lautlos umarmten sie einander, dann umarmten sie Abanks. Er brachte den Fünf-PS-Elektromotor wieder in Gang und steuerte aufs offene Meer hinaus.
»Wo haben Sie gesteckt?« fragte Mitch.
»Bin ein bißchen herumgefahren«, erwiderte Abanks gelassen.
»Und weshalb kommen Sie so spät?«
»Ich komme so spät, weil ich diesen Fischerbooten ausweichen mußte, voll von Idioten in Touristenkluft, die so tun, als wären sie Fischer.«
»Was meinen Sie, gehören sie zu den Moroltos oder zum FBI?« fragte Abby.
»Nun, wenn es Idioten sind, ist beides möglich.«
»Was ist mit Ihrem grünen Licht passiert?«
Abanks deutete auf eine Signallampe, die neben dem Motor lag. »Die Batterie war leer.«
Das Boot war ein Zwölf-Meter-Schoner, den Abanks in Jamaica für nur zweihunderttausend gekauft hatte. Ein Freund wartete an der Strickleiter und half ihnen an Bord. Sein Name war George, einfach George, und er sprach Englisch mit einem leichten Akzent. Abanks sagte, sie könnten ihm vertrauen.
»Dort im Schrank ist Scotch, wenn Sie mögen«, sagte Abanks. Ray fand den Scotch, Abby fand eine Decke und legte sich auf eine kleine Couch. Mitch stand an Deck und bewunderte sein neues Boot. Als Abanks und George das Schlauchboot an Bord geholt hatten, sagte Mitch: »Machen wir, daß wir fortkommen. Können wir gleich starten?«
»Wie Sie wünschen«, erwiderte George bereitwillig.
Mitch warf noch einen Blick auf die Lichter an der Küste und nahm Abschied. Dann ging er unter Deck und goß sich einen Scotch ein.
Wayne Tarrance schlief, quer über dem Bett liegend, in seinen Kleidern. Seit dem letzten Anruf vor sechs Stunden hatte er sich nicht von der Stelle gerührt. Neben ihm läutete das Telefon. Nachdem es viermal geläutet hatte, fand er es.
»Hallo.« Seine Stimme war träge und heiser.
»Wayne, Baby. Habe ich Sie geweckt?« Eine weibliche Stimme.
»Natürlich.«
»Sie können die Dokumente jetzt haben. Zimmer 39, Sea Gull's Rest Motel, Highway 98, Panama City Beach. An der Rezeption sitzt ein Mann namens Andy, er wird Sie in das Zimmer lassen. Gehen Sie sorgsam mit ihnen um. Unser Freund hat sie alle hübsch ordentlich gekennzeichnet, und er hat sechzehn Stunden Videoaufnahmen gemacht. Also bringen Sie nichts durcheinander.«
»Ich habe eine Frage«, sagte Tarrance.
»Bitte sehr. Fragen Sie nur.«
»Wo hat er Sie gefunden? Ohne Sie wäre das unmöglich gewesen.«
»Danke, Wayne. Gefunden hat er mich in Memphis. Wir haben uns angefreundet, und er hat mir einen Haufen Geld geboten.«
»Wieviel?«
»Spielt das eine Rolle, Wayne? Jedenfalls brauche ich nie wieder zu arbeiten. Muß jetzt Schluß machen. War mir ein Vergnügen.«
»Wo ist er?«
»Während wir uns unterhalten, sitzt er in einem Flugzeug nach Südamerika. Aber bitte, vergeuden Sie nicht Ihre Zeit mit dem Versuch, ihn zu finden, Wayne Baby. Ic h liebe Sie, aber Sie konnten ihn nicht einmal in Memphis erwischen. Leben Sie wohl.« Sie hatte aufgelegt.
41
Morgendämmerung. Sonntag. Der Zwölf-Meter-Schoner fuhr unter vollen Segeln bei klarem Himmel südwärts. Abby schlief in der Eignerkabine. Ray lag in einem vom Scotch ausgelösten Koma auf
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