Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
Vorrede
1.
Als mir der Tod auf Bali begegnete, hatte Bayan Frühdienst. Der Zimmerjunge des Grand Hotel Bali Beach bereitete, wie jeden Morgen, Opfergaben für den höchsten Gott, Sangyang Widi. Zwei Schalen füllte er mit Zitronen-, Mango- und Papayastücken, etwas Reis, Hibiskus- und Lotosblütenblättern und machte sich damit auf den Weg zum kleinen Hoteltempel.
Im zweiten Stock des Vier-Sterne-Hotels, kurz hinter einer Biegung, bemerkte Bayan die offene Tür von Zimmer 233. Er wunderte sich, warum Herr Maurer seine Tür offen gelassen hatte. Das kam sonst nie vor. Er blickte sich irritiert um. Da er niemanden sah, ging er zur Tür. Stille. Ein mulmiges Gefühl überkam ihn.
Es war heiß und schwül schon morgens um halb acht. Die Luft war stickig. Mit leicht vorgebeugtem Oberkörper lugte Bayan ins Zimmer und rief leise: „Mister Maurer?“
Als er keine Antwort bekam, rief er noch einmal, aber etwas lauter: „Mister Maurer?“ Wieder keine Antwort.
Es roch muffig und, wie er später zu Protokoll gab, nach Alkohol. Bayan, ein freundlicher, fröhlicher Mensch und sehr beliebt bei den Gästen, spürte ein Unbehagen, das sich langsam in seinem Magen ausbreitete. Die Stille war ihm unheimlich und passte ganz und gar nicht zur ansonsten heiteren und ausgelassenen Urlaubsstimmung im Hotel.
Bayan richtete den Blick ins Innere des Zimmers. Die Wände waren in dunklem Holz getäfelt. Das Sonnenlicht erhellte den Raum. Er versuchte, sich zu konzentrieren, um mehr zu erkennen. In der Mitte stand ein großes Bett.
„Aaaahhhhhhh.“
Ein ohrenbetäubender Schrei kam über Bayans Lippen. Er ließ beide Schalen fallen. Sie krachten zu Boden und der Inhalt verteilte sich im ganzen Raum. Bayan drehte sich ruckartig um und lief so schnell er konnte die Treppe hinunter zur Rezeption, um Hilfe zu holen.
Horst Maurer lag im Hotelbett, nur mit Shorts bekleidet. Auf seinem Gesicht und dem Hals war ein weißes Muster zu erkennen. Es sah aus wie eine leichte Salzkruste. Getrockneter Schweiß. Sein Mund war leicht geöffnet, friedlich geschlossen die Augen. Ein balinesischer Dolch, Kris genannt, steckte tief in seiner Brust. An beiden Seiten der Klinge klebte getrocknetes Blut. Der handgefertigte Dolch war verziert mit bunten Edelsteinen. Er soll – laut Bayan – mit magischen Kräften ausgestattet und der Stolz eines jeden indonesischen Mannes sein.
Die Schwüle war an diesem Morgen kaum mehr auszuhalten.
Gleich würde der große Regen kommen.
Die Menschen im Grand Hotel Bali Beach würden sich daran nicht erfreuen können.
2.
„Diese Insel ist eine andere Welt.“
Hätte nicht ein alter Freund von mir vor einigen Monaten diesen Satz gesagt, wäre ich wohl nie nach Bali gekommen. Er war gerade von seiner Reise zurückgekehrt und machte mich neugierig mit dem, was er erzählte.
Von Göttern, Geistern, Dämonen und Schattenspielen, von Tempeln, Festen, Aberglauben und Totenverbrennungen. Jedes Wort, jeder Satz klang exotisch. Alles hörte sich fremd an, vieles rätselhaft.
Nichts von dem, was er sagte, hatte mit meinem Leben etwas zu tun. Ich war fasziniert von der Idee, diese andere Welt kennenzulernen.
Ich war nicht lange dort. Vierzehn Tage, um genau zu sein. Aber in dieser Zeit schlitterte ich in turbulente Ereignisse, und die Insel zeigte sich mir von ihrer geheimnisvollsten Seite.
Erster Urlaubstag
1.
Andreas Rauscher betrat den Jumbo von Cathay Pacific, der ihn via Hongkong nach Bali fliegen sollte, atmete erleichtert auf und tippte noch schnell eine SMS an Lena, seine Geliebte:
„Hallo Liebesengel. Bin jetzt in der Maschine auf dem Weg ins Paradies und freue mich auf Meer, Strand und Palmen. Vermisse dich schon jetzt. Tausend Küsse.“
Er schaltete das Handy aus, und seine gute Laune war kaum zu überbieten. Es war nicht nur Reiselust, die den Kommissar aus Frankfurt nach Bali trieb, es war vor allem sein katastrophaler körperlicher und geistiger Zustand. Er war ausgelaugt und hatte Urlaub dringend nötig. Sein Chef hatte in Anbetracht seiner Verfassung den Urlaubsantrag ohne Murren und Maulen genehmigt und unterschrieben. Da war Rauscher sofort Bali eingefallen. Bali – allein schon dieser Name reizte ihn. Und nun bot sich ihm die Gelegenheit. Rauscher, 1,80 m groß, mit kräftigen Gesichtszügen, schwarzem Haar und Dreitagebart, verstaute sein Handgepäck und machte es sich direkt am Gang auf Platz C38 bequem. Am Gang saß er gerne. Er konnte aufstehen wann er wollte, ohne erst umständlich jemanden
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