Die Firma
an, dann Mineralwasser. Sie saßen an einem glänzenden Konferenztisch aus Mahagoni und tauschten Höflichkeiten aus.
McDeere knöpfte sein Jackett auf und schlug die Beine übereinander. Er hatte inzwischen reichlich Erfahrungen bei Vorstellungsgesprächen gesammelt und wußte, daß sie ihn haben wollten. Er entspannte sich. Bei drei Stellenangeboten von drei der angesehensten Finnen im Lande war er nicht auf dieses Interview, diese Firma angewiesen. Er konnte es sich jetzt leisten, ein bißchen zu viel Selbstsicherheit an den Tag zu legen. Er war aus Neugierde gekommen. Und er sehnte sich nach wärmerem Klima.
Oliver Lambert, der Seniorpartner, lehnte sich auf den Ellenbogen vor und übernahm bei dem einleitenden Geplauder die führende Rolle. Er war gewandt und verbindlich, mit einem angenehmen, fast professionellen Bariton. Mit einundsechzig war er der Großvater der Firma und ve r brachte den größten Teil seiner Zeit damit, den riesenhaften Egos einiger der reichsten Anwälte im Lande beizustehen und sie im Gleichgewicht zu halten. Er war die Vaterfigur, derjenige, an den sich die jüngeren Mitarbeiter mit ihren Problemen wendeten. Mr.
Lambert war auch für die Rekrutierung zuständig, und es war seine Aufgabe, Mitchell Y. McDeere einzustellen.
»Haben Sie die Interviews satt?« fragte Oliver Lambert.
»Eigentlich nicht. Sie gehören nun einmal dazu.«
Ja, ja, stimmten alle zu. Es kam ihnen vor wie gestern, als sie selbst zu Vorstellungsgesprächen erschienen waren und Bewerbungen einreichten und eine Heidenangst hatten, daß sie keinen Job finden würden und drei Jahre Plackerei für die Katz gewesen wären. Sie wußten genau, was er durchmachte.
»Darf ich eine Frage stellen?« fragte Mitch.
»Gewiß.«
»Natürlich.«
»Fragen Sie nur.«
»Weshalb findet dieses Gespräch in einem Hotelzimmer statt? Die anderen Firmen führen ihre Interviews auf dem Campus durch, über das Vermittlungsbüro.«
»Gute Frage.« Sie alle nickten und schauten sich an und waren sich einig, daß dies eine gute Frage war.
»Vielleicht kann ich Ihnen darauf eine Antwort geben, Mitch«, sagte Royce McKnight, der geschäftsführende Partner. »Sie müssen verstehen, was es mit unserer Firma auf sich hat. Wir sind anders, und wir sind stolz darauf. Wir haben einundvierzig Anwälte, sind also klein im Vergleich zu anderen Firmen. Wir stellen nicht sonderlich viele Mitarbeiter ein, ungefähr einen pro Jahr. Wir offerieren die höchsten Gehälter und Zulagen im ganzen Land, und das ist keine Übertreibung. Deshalb sind wir sehr wählerisch. Wir haben Sie ausgewählt. Der Brief, den Sie vorigen Monat erhalten h a ben, wurde geschrieben, nachdem wir mehr als zweitausend Jurastudenten an den besten Universit ä ten überprüft hatten. Es wurde nur ein Brief versandt.
Wir schreiben offene Stellen nicht aus und geben keine Inserate auf. Wir halten uns bedeckt, und wir machen alles anders. Das ist unsere Erklärung.«
»Klingt einleuchtend. Um was für eine Art Firma handelt es sich?«
»Steuern. Einige Wertpapier-, Immobilien-und Bankgeschäfte, aber achtzig Prozent sind Steuersachen. Aus diesem Grunde wollen wir Sie kennenlernen, Mitch. Für den Steuersektor bringen Sie die besten Voraussetzungen mit.«
»Weshalb sind Sie in Western Kentucky aufs College gegangen?« fragte Oliver Lambert.
»Aus dem einfachen Grund, weil mir dort ein volles Stipendium angeboten wurde, wenn ich Football spielte. Sonst hätte ich das College nicht bezahlen können.«
»Erzählen Sie uns von Ihrer Familie.«
»Ist das wichtig?«
»Für uns ist es sehr wichtig, Mitch«, sagte Royce McKnight herzlich.
Das sagen sie alle, dachte McDeere. »Okay, mein Vater kam bei einem Grubenunglück ums Leben, als ich sieben Jahre alt war. Meine Mutter hat wieder geheiratet und lebt jetzt in Florida.
Ich hatte zwei Brüder. Rusty ist in Vietnam gefallen. Ich habe noch einen Bruder, der Ray McDeere heißt.«
»Wo ist er?«
»Das tut nichts zur Sache.« Er starrte Royce McKnight an und ließ damit erkennen, daß er ein Problem mit sich herumschleppte. Das Dossier enthielt wenig über Ray.
»Ich bitte um Entschuldigung«, sagte der geschäftsführende Partner leise.
»Mitch, unsere Firma sitzt in Memphis«, sagte Lamar.
»Würde Sie das stören?«
»Durchaus nicht. Ich bin nicht scharf auf kaltes Klima.«
»Waren Sie schon einmal in Memphis?«
»Nein.«
»Wir werden Sie bald dorthin einladen. Es wird Ihnen gefallen.«
Mitch lächelte und nickte und
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