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Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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hereingefahren sind.«
    »Ja, dieser Versuch liegt wohl nahe. Zu nahe, fürchte ich. Draußen wird ein weiterer Gleiter auf uns warten, da bin ich sicher. Ich habe eine bessere Idee.« Während sie sprach, bremste sie den Manta ab und brachte ihn zum Stehen. Direkt vor ihnen gabelte sich die Straße im leuchtenden Scheinwerferlicht. Links setzte sich der Kreisel fort, rechts begann der äußere Boulevard seinen zwei Kilometer langen Aufstieg. Gwen schaltete das Licht aus, und Dunkelheit hüllte sie ein. Als Dirk etwas sagen wollte, brachte sie ihn mit einem scharfen »Psssscht!« zum Schweigen.
    Die Welt war so tiefschwarz, als wäre er blind geworden. Gwen, der Gleiter, Challenge – alles war verschwunden. Er hörte, wie die Blätter sich gegenseitig berührten und glaubte auch den anderen Gleiter, die Braiths, zu hören. Aber das mußte ein Hirngespinst sein, denn mit Sicherheit hätte er zuerst die Lichter der Maschine gesehen. Plötzlich fühlte er ein leichtes Schaukeln, als säße er in einem kleinen Boot. Etwas Hartes berührte seinen Arm. Dirk fuhr zusammen. Dann fuhr etwas kratzend durch sein Gesicht. Blätter.
    Sie stiegen auf, direkt in das tiefhängende, dichte Laubwerk des riesigen Emerelibaums hinein.
    Ein Zweig, zur Seite gedrückt und dann zurückfedernd, schlug ihm heftig ins Gesicht. Seine Wange blutete. Um ihn herum – überall Blätter. Es knackte, und schließlich gab es einen sanften Stoß. Die Schwingen des Gleiters waren gegen einen dicken Ast gestoßen. Höher konnten sie nicht hinaufsteigen. Blind, eingehüllt in Dunkelheit und unsichtbares Blätterwerk, schwebten sie auf der Stelle. Wenige Augenblicke später schoben sich unter ihnen Lichtkegel vorbei, bogen nach rechts ab, den Boulevard hinauf. Der Gleiter war kaum verschwunden, da kam ein anderer von links in Sicht, bog scharf ab und folgte dem ersten. Dirk war sehr dankbar, daß Gwen seinen Vorschlag verworfen hatte. Endlos lange schwebten sie zwischen den Blättern, aber es erschienen keine anderen Gleiter. Schließlich ließ Gwen die Maschine zur Straße hinabsinken. »Wir haben sie nicht für immer abgehängt«, sagte sie. »Wenn ihre Falle sich schließt und wir nicht drin sind, werden sie zu grübeln anfangen.«
    Dirk wischte sich mit dem Ärmel seines Hemdes über die nasse Stelle auf der Wange. Als seine Finger ihm schließlich verrieten, daß der dünne Riß zu verkrusten begann, wandte er sich in die Richtung, aus der Gwen sprach. Er war immer noch blind. »Also jagen sie uns weiter«, sagte er. »Das ist gut. Während sie sich überlegen, wohin wir geflogen sein könnten, werden sie keine Emereli töten. Und Jaan und Garse müßten bald hier sein. Ich glaube, nun ist es an der Zeit, daß wir uns verstecken.«
    »Verstecken oder flüchten«, kam Gwens Antwort aus der Dunkelheit. Sie hatte die Scheinwerfer des Gleiters nicht wieder angeschaltet. »Mir kommt da ein Gedanke«, sagte Dirk. Er berührte noch einmal seine Wange. Dann fuhr er befriedigt fort: »Als wir im Kreisel fuhren, habe ich etwas bemerkt. Eine Rampe mit einem Schild. Ich habe sie nur ganz kurz im Scheinwerferlicht gesehen, aber sie hat mich an etwas erinnert. Auf Worlorn gibt es ein U-Bahn-Netz zwischen den Städten, nicht wahr?«
    »Das stimmt«, sagte Gwen. »Aber die Züge sind verschwunden.« »Und wenn schon! Ich weiß, daß die Züge nicht mehr fahren, aber was ist mit den Tunneln? Hat man sie zugeschüttet?« »Ich weiß nicht. Das glaube ich kaum.« Plötzlich leuchteten die Scheinwerfer des Gleiters wieder auf, und Dirk mußte die Augen wegen der plötzlichen Helligkeit zusammenkneifen. »Zeig mir dieses Hinweisschild«, sagte Gwen. Und wieder fuhren sie den Kreisel ab. Wie Dirk vermutet hatte, handelte es sich um einen Eingang zum U-Bahn-System. Eine flache Rampe rührte in die Dunkelheit hinab. Gwen stoppte ab und ließ den Gleiter ein paar Meter davon entfernt in der Schwebe, während sie mit den Scheinwerfern das Schild suchte. »Wir werden den Gleiter zurücklassen müssen,« sagte sie endlich. »Unsere einzige Waffe.« »Ja«, sagte Dirk. Der Eingang war für den grauen Metallmanta viel zu schmal, die Erbauer der U-Bahn hatten augenscheinlich nicht damit gerechnet, daß einmal jemand durch ihre Tunnel zu fliegen wünschte. »Aber vielleicht ist das gerade gut. Wir können Challenge nicht verlassen, und in der Stadt schränkt der Gleiter unsere Mobilität ganz entschieden ein. Stimmt's?« Als Gwen nicht sofort antwortete, rieb er sich müde die

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