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Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Augen. »Mir kommt es ganz logisch vor, aber vielleicht kann ich nicht mehr so klar denken. Ich bin erschöpft und habe wahrscheinlich Angst davor, mir das einzugestehen. Ich habe überall blaue Flecken und Schürfwunden und brauche dringend eine Mütze voll Schlaf.« »Nun gut«, sagte Gwen. »Die U-Bahn ist einen Versuch wert. Wir, können einige Kilometer zwischen uns und Challenge bringen und dann ein wenig schlafen. Ich glaube nicht, daß die Braiths uns dort unten vermuten und in den Tunneln jagen werden.« »Es geht also klar«, sagte Dirk.
    Sie gingen sehr methodisch vor. Gwen setzte den Gleiter neben dem Zugang zur U-Bahn ab und nahm den Sensorenkoffer und die Geländeausrüstung vom Rücksitz. Auch an die Himmelsflitzer dachten sie und schlüpften in die Flugstiefel. Ihre anderen Stiefel ließen sie zurück. Bei dem Werkzeug unter der Haube des Banshee befand sich auch eine etwa fünfzig Zentimeter lange Taschenlampe aus Metall und Plastik, die ihnen bei ihrem Weg von großem Nutzen sein würde. Als sie zum Aufbruch bereit waren, behandelte Gwen sie beide noch einmal mit dem Antigeruchsspray. Dann mußte Dirk am Eingang warten, während sie den Gleiter halb um den Kreisel flog und am Straßenrand, nicht weit von einem größeren Korridor der ersten Ebene, stehenließ. Sollten die Braiths doch denken, sie hätten sich in das innere Ganglabyrinth von Challenge abgesetzt, dann würde ihnen eine feine, lange Jagd bevorstehen.
    Dirk wartete im Dunkeln, während Gwen den langen Weg um den Baum zurückging und sich dabei mit der Taschenlampe den Weg leuchtete. Dann gingen sie gemeinsam die Rampe zur verlassenen U-Bahn-Station hinab. Dirk hatte sich den Abstieg kürzer vorgestellt. Er schätzte, daß sie sich schon wenigstens zwei Stockwerke unter der Oberfläche befanden. Schweigend folgen sie ihrem eigenen Licht, das von eintönigen, pastellblauen Wänden reflektiert wurde. Er dachte an Bretan Braith, der sich etwa fünfzig Etagen unter ihnen aufhielt. Ihn durchzuckte der verrückte Gedanke, daß in den Tunneln die Energie nicht abgeschaltet worden war, da sie sich schließlich außerhalb der Emerelistadt und damit auch jenseits von Bretans Machtbereich befanden. Aber natürlich war das U-Bahn-System schon lange vor der Ankunft von Bretan und der anderen Braiths auf Worlorn außer Betrieb gesetzt worden. Außer einer großen, hallenden Bahnstation, von der aus kreisrunde Wurmlöcher im Gestein in die Unendlichkeit hinausführten, fanden sie nichts vor. Im Dunkeln schien die Unendlichkeit gar nicht so weit zu sein. Im Bahnhof war es still, und diese Stille schien viel eher vom Tode herzurühren als die Lautlosigkeit auf den Korridoren von Challenge. Es kam ihnen vor, als gingen sie durch eine Gruft. Überall lag Staub. Die Stimme hatte in Challenge keinen Staub zugelassen, aber die unterirdischen Gänge gehörten nicht zu Challenge, waren nicht einmal von pi-Emerel erbaut worden. Ihre Schritte dröhnten erschreckend laut.
    Bevor sie sich in einen der Tunnel begaben, prägte sich Gwen die Netzkarte genau ein. »Hier unten gibt es zwei Hauptstrecken«, sagte sie mit leiser Stimme. »Die eine Linie, eine Rundstrecke, verbindet alle Festivalstädte untereinander. Wie es scheint, fuhren die Züge in beide Richtungen. Die andere Strecke diente als Zubringer zwischen Challenge und dem Raumhafen. Jede Stadt hatte ihre eigenen Fahrzeuge im Pendelverkehr zum Raumhafen. Also, welchen Weg wollen wir nehmen?« Dirk war erschöpft und gereizt. »Ist mir gleich«, sagte er. »Welchen Unterschied macht es schon? Wir können es ohnehin nicht bis zur nächsten Stadt schaffen. Selbst für die Himmelsflitzer sind die Entfernungen zu groß.«
    Gwen sah auf die Karte und nickte gedankenvoll. »Zweihundertdreißig Kilometer bis Esvoch und dreihundertachtzig bis Kryne Lamiya, wenn wir die entgegengesetzte Richtung nehmen. Zum Raumhafen ist es noch weiter. Ich glaube, du hast recht.« Sie zuckte die Schultern, wandte sich um und wählte aufs Geratewohl eine Richtung. »Hier entlang«, sagte sie.
    Sie wollten so schnell wie möglich eine größere Entfernung zurücklegen. Deshalb setzten sie sich auf den Bahnsteigrand und befestigten die Rechtecke aus Metallgewebe an ihren Flugstiefeln. Dann erhoben sie sich und begannen langsam in die von Gwen gezeigte Richtung zu fliegen. Sie flog voraus und blieb nur zwei Handbreit über dem Boden. Während sie die Lampe in der Rechten hielt, glitt ihre linke Hand leicht über die Tunnelwand. Dirk blieb

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