Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Powelz
Vom Netzwerk:
Zwillingsbruders. In dieser Notsituation kamst Du auf die Idee, Dich als Psychologe in Haus Holle zu bewerben – weit entfernt von Deinem Geburtsort. Es war die Chance Deines Lebens. Wenn Knopinski nicht zufällig hier gelandet wäre, wäre Dein Schwindel niemals aufgeflogen. In Wirklichkeit heißt Du Richard Albers.“
    „Ich habe also fünf Morde auf dem Gewissen?“, fragte der Psychologe.
    „Ja – wobei es aus Deiner Perspektive keine Morde waren, sondern Akte der Nächstenliebe. Sterbehilfe auf den letzten Metern. Du bist wirklich ein exzellenter Psychologe, wenn auch nicht auf dem Papier. Aber von solchen Hochstaplern liest man ja immer wieder.“
    „Ist das alles?“, fragte Dr. Albers.
    „Nein“, antwortete Minnie. „Es gibt noch ein weiteres Rätsel. Zuerst vermisste Montrésor seine Brieftasche. Später verschwand Gertrud Knopinskis Schmuck. Bella suchte einen Geldschein. Außerdem fehlt meine Perlenkette.“
    „Habe ich diese Dinge gestohlen?“
    „Nein“, sagte Minnie. „Diese Diebstähle gehen auf das Konto eines anderen Kriminellen. Zuerst glaubte ich, dass sich Bruno an den toten Gästen bereichert, weil er immer wieder Geschenke erhielt. Eines Tages jedoch hörte ich, dass Hendrik ein Casino-Chip aus der Tasche gefallen war. Wahrscheinlich ist der junge Mann spielsüchtig. Aber er stahl nicht nur für sich selbst. Als er Gertrud Knopinskis Schmuck raubte, tat er das nicht aus purem Eigennutz, sondern gab einen Teil des Erlöses Cristiano, mit dem er großes Mitleid hatte. Kurz darauf verließ Cristiano das Hospiz – und wirkte extrem glücklich. Inzwischen hat Mike die Bestätigung einer professionellen Organisation für Sterbehilfe erhalten, dass Cristiano das Geld für den Giftcocktail doch noch zusammenbekommen hat. Ich habe seine Todesanzeige selbst gesehen.“
    „Liebe Minnie“, sagte Dr. Albers. „All das bildest Du Dir ein. Deine Erinnerung stimmt nur bis zu einem gewissen Punkt. Nachdem Du am 1. November in Haus Holle eingezogen bist und die anderen Gäste – von Marisabel über Montrésor bis zu Mike – kennengelernt beziehungsweise gesehen hast, haben wir Dich in der Nacht vom 2. auf den 3. November bewusstlos auf dem Sofa vor Deinem Zimmer gefunden. Damals wehte immer wieder dasselbe Lied durchs Haus, weil der DVD-Player von Herbert Powelz defekt war, und es niemand bemerkt hat. Ich erinnere mich noch gut, dass die Melodie von In mir klingt ein Lied pausenlos abgespielt wurde. In jener Nacht warst Du völlig ausgekühlt. Ich erinnere mich gut daran, was Herr Knopinski am Vortag im Esszimmer gerufen hat. Er war altersdement. Wie auch immer: Du bist damals ins Koma gefallen. Wir haben Deine Töchter informiert, die seither bei Dir am Bett saßen. Du bist erst vor ein paar Stunden erwacht – heute, am Silvesternachmittag. Ich habe durch die Tür gesehen, dass Du pausenlos geschrieben hast, wollte Dich aber nicht stören. Ich bin erst gekommen, als Du den Alarmknopf gedrückt hast.“
    Der Psychologe zog Minnies Nachttischschublade auf.
    „Ich nehme an, das hier sind Deine Notizen?“
    Minnie drückte den Alarmknopf.
    Im nächsten Moment stand Bruno im Zimmer. „Bruno, Du darfst nicht zulassen, dass er meine Notizen an sich nimmt“, rief Minnie.
    Doch Dr. Albers tuschelte etwas in Brunos Ohr, und der runzlige Pfleger verließ den Raum, ohne Minnie zu helfen.

Treue Seelen
     
     
    Als sie mit dem Mörder allein war, sagte Dr. Albers: „Jetzt erkläre ich Dir die Dinge mal aus meiner Perspektive, liebe Minnie.“
    „Viele Menschen machen eine innere Wandlung durch, wenn sie sterben. Das habe ich Dir schon erklärt, als ich Dich zum ersten Mal im Krankenhaus besucht habe. Wie gesagt: Du bist am 1. November nach Haus Holle gekommen und in der Nacht vom 2. auf den 3. November um 2.45 Uhr auf dem Sofa vor Deinem Zimmer in ein Wachkoma gefallen. Ein paar Tage vor Heiligabend wärst Du fast gestorben. Damals zitterten Deine Hände pausenlos über der Bettdecke. Danach ging es wieder aufwärts mit Dir – obwohl Du niemals erwacht bist. Heute Nachmittag bist Du nach einem fast zwei Monate andauernden Tiefschlaf im Beisein Deiner Töchter erwacht, hast Dich von ihnen verabschiedet, anschließend Dinge aufgeschrieben und mit dem Alarmknopf nach mir gerufen.“
    Der Psychologe  strich über Minnies Haare. „Für Deinen inneren Krimi gibt es eine einfache Erklärung: Am Tag Deines Einzugs hast Du die anderen Gäste kennengelernt und in der Eingangshalle gesehen, dass Mike Powelz

Weitere Kostenlose Bücher