Die Flusswelt Der Zeit
den ersten Teil des Weges. Frigate packte die Füße des Toten und schritt aus, während Galeazzi die Armbeugen des Mannes ergriff. Alice folgte Burton und hielt dabei das Kind an der Hand. Obwohl einige Mitglieder der Gruppe ihnen ungläubige Blicke zuwarfen und neugierige Fragen stellten, ignorierte Burton sie. Nach einer Strecke von anderthalb Kilometern übernahmen Kazz und Monat den Transport der Leiche. Das Mädchen reagierte auf den Anblick des Toten überhaupt nicht. Möglicherweise hatte sie bei dem verbrannten Körper von Pater Giuseppe lediglich deren erschreckender Zustand geängstigt.
»Wenn sie wirklich eine aus der Frühzeit stammende Gallierin ist«, sagte Frigate, »wird sie wahrscheinlich daran gewöhnt sein, Menschen brennen zu sehen. Wenn meine Erinnerung mich nicht trügt, war es bei den Galliern Sitte, Menschenopfer, die in irgendwelche Tücher eingewickelt waren, brennend irgendwelchen Göttern darzubringen. Aber ich weiß nicht mehr, zu Ehren welcher Gottheiten sie das taten. Ich wünschte, ich hätte eine Bibliothek, in der ich nachforschen könnte. Glauben Sie, daß wir jemals soweit kommen werden? Ich glaube, ich würde allmählich den Verstand verlieren, wenn ich sicher wäre, daß ich niemals die Gelegenheit haben würde, in irgendwelchen Büchern herumzustöbern.«
»Das wird die Zukunft zeigen«, erwiderte Burton. »Wenn wir auf keine Bibliothek stoßen, werden wir uns unsere eigene machen müssen. Wenn wir dazu überhaupt die technischen Möglichkeiten zustande bringen.«
In Wirklichkeit hielt er Frigates Frage für absolut verrückt, aber unter Berücksichtigung der Umstände konnte man wohl in dieser Umgebung von keinem Menschen sagen, daß er alle seine fünf Sinne beisammen hatte.
Am Fuße des Hügelgeländes lösten Rocco und Brontic, zwei andere Männer, Kazz und Monat ab. Burton führte sie durch das hüfthohe Gras in den Wald hinein.
Die scharfen Grashalme schnitten ihnen ins Fleisch. Mit seinem Messer schnitt Burton einen Zweig ab und prüfte seine Flexibilität, während Frigate in seiner Nähe blieb und weiterredete. Möglicherweise, dachte Burton, redet er nur soviel, um nicht an die beiden Toten denken zu müssen.
»Wenn jeder Mensch, der einmal gelebt hat, auf dieser Welt wiedererweckt wurde«, sagte Frigate, »dann könnten wir vor einer Forschungsaufgabe stehen, die sich noch keinem anderen geboten hat! Denken Sie nur einmal daran, welche historischen Geheimnisse und Fragen wir klären könnten! Sie könnten mit John Wilkes Booth sprechen und ihn danach fragen, ob Stanton, der Staatssekretär im Kriegsministerium, wirklich mit der Ermordung Lincolns zu tun hatte. Sie könnten die wahre Identität von Jack the Ripper klären und herausfinden, ob Johanna von Orleans wirklich einer Sekte angehörte, die Hexenkult trieb. Man könnte mit Napoleons Marschall Ney reden und von ihm erfahren, ob er wirklich den Kugeln des Erschießungskommandos entging und später als Lehrer in Amerika lebte. Wir könnten die Hintergründe von Pearl Harbour aufdecken, das Gesicht des Mannes mit der Eisernen Maske sehen – falls es ihn je in Wirklichkeit gegeben hat. Wir könnten Lucrezia Borgia interviewen und ebenso alle, die sie kannten, um zu erfahren, ob sie wirklich jene giftmordende Hexe war, als die sie die Geschichte hinstellt.
Die Identität des Mörders, der die beiden kleinen Prinzen in jenem Turm umbrachte, wäre kein Geheimnis mehr für uns. Vielleicht war es wirklich Richard III. der sie umbrachte. – Und was Sie selbst betrifft, Sir Richard Francis Burton: Es gibt sicher auch eine ganze Reihe von Fragen, die Ihre Biographen interessieren würde! Stimmt es wirklich, daß Sie einst in eine Perserin verliebt waren, der zuliebe Sie bereit waren, Ihre wahre Identität zu vergessen und ein Eingeborener zu werden? Stimmt es, daß sie starb, bevor Sie sie heiraten konnten, und Sie darüber so verbittert waren, daß Sie für den Rest Ihres Lebens ständig eine Fackel als Andenken bei sich trugen?«
Burton warf ihm einen raschen Blick zu. Er hatte den Mann erst vor einer Weile kennen gelernt, und bereits jetzt erdreistete er sich, ihm die intimsten und persönlichsten Fragen zu stellen. Es gab nichts, das dieses Verhalten zu entschuldigen vermochte.
Frigate zog sich ein wenig zurück und sagte: »Und… und… Nun, ich verstehe vollkommen, daß dies nicht die richtige Zeit ist, über solche Dinge zu reden. Aber wußten Sie, daß Ihre Frau Sie kurz nach Ihrem Tod mit einer
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