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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.C. Schiller
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Körper strafft sich und ihre bernsteinfarbenen Augen, die zwar schön, aber leblos waren, funkeln mit einem Mal kampflustig.
    „Haben Sie jetzt Mitleid mit mir, weil ich meine Beförderung wegen Ihres Hirngespinsts verspielt habe? Ist es das, weswegen Sie hergekommen sind? Um der armen kleinen Polizistin zu sagen, dass es Ihnen leid tut? Dass Sie nur eine überspannte Fotografin sind, die sich wichtigmachen wollte? Weil Sie keiner mehr hört, weil Sie alle übersehen, weil Sie in einer Krise stecken?“
    „Ja, ja stimmt! Ich will mich entschuldigen. Es, es tut mir leid! Glauben Sie mir bitte. Ich leide selbst am meisten unter diesen Fantasien. Wissen Sie, wie schrecklich es ist, wenn man zwischen Wirklichkeit und Einbildung nicht mehr unterscheiden kann? Deshalb habe ich Sie vorhin auch fotografiert. Um zu beweisen, dass es Sie gibt. Um es mir zu beweisen!“
    „Dann wäre es ja ganz einfach, die Existenz Ihres Liebhabers zu überprüfen. Wenn es ein Foto gibt, ist ja alles klar, wenn nicht, dann war es Ihre Fantasie.“
    „Es gibt natürlich kein Foto!“, antworte ich kleinlaut und senke betreten den Kopf. „Aber Raul, ein enger Freund von mir, wollte mir noch etwas sehr Wichtiges mitteilen, bevor er starb. Das habe ich Ihnen ja erzählt.“
    „Sie haben viel erzählt, Adriana See. Das meiste sind allerdings Lügen! Ich glaube, Sie können nicht mehr zwischen Dichtung und Wahrheit unterscheiden!“
    Isabelle Wagner hat sich in der Zwischenzeit wieder nach hinten zu ihrer Schlange gestellt und sieht versonnen in das vom bläulichen Licht nur schwach erhellte Terrarium.
    „Dann ist ja alles klar. Sie haben sich da in eine fixe Idee verrannt, wollen Schuld auf sich nehmen für etwas aus Ihrer Vergangenheit.“
    Während Isabelle Wagner wie ein Psychiater redet, streichelt sie unentwegt die riesige Schlange im Terrarium, hebt sie sanft hoch, lässt sie dann aber wieder zurück in das Terrarium gleiten.
    „Ich wollte Ihnen eigentlich meinen Mitbewohner Kaa vorstellen, aber da er soeben gespeist hat, muss ich ihn in Ruhe verdauen lassen!“, entschuldigt sich Isabelle Wagner und streicht der Schlange zart über den Rücken.
    „Woher haben Sie das mit dem ‚Schuld auf sich nehmen‘? Genauso redet der Psychiater, bei dem ich in Behandlung bin!“, reagiere ich ziemlich erstaunt auf Isabelle Wagners vorangegangene Bemerkung.
    „Ich habe ein paar Semester Psychologie studiert und eine Vorlesungsserie über psychiatrische Gutachten bei Serienkillern gehört. Ich wäre gerne Profilerin geworden, doch es hat nur zur Streifenpolizistin gereicht. Aber was soll’s!“
    Isabelle Wagner stößt sich von dem Terrarium ab, bleibt unschlüssig in der Mitte des Zimmers stehen.
    „War’s das?“, fragt sie und klopft ungeduldig mit ihrem Fuß auf den Teppichboden. „Ich habe noch ziemlich viel zu tun, wenn es Ihnen nichts ausmacht!“
    Diese Floskel kommt ihr nur schwer über die Lippen, das merke ich. Am liebsten würde sie mich einfach hinauswerfen und vergessen. Ich kann es ihr nicht verdenken, denn schließlich habe ich ihre Karriere ruiniert.
    „Bemühen Sie sich nicht, Isabelle Wagner. Ich finde schon alleine hinaus!“ Langsam stehe ich auf, habe das Gefühl, vom Schweiß vollkommen durchnässt zu sein.
    „Also dann, auf Wiedersehen!“, rufe ich vom Flur nach hinten und öffne die Tür.
    Als Isabelle Wagner nicht antwortet, werfe ich noch einmal einen verstohlenen Blick in das Wohnzimmer. Isabelle Wagner hat die riesige Schlange Kaa doch aus dem Terrarium geholt und sie sich wie einen langen Schal um den Hals gelegt. Ich starre wie gebannt auf die glänzende schuppige Haut des Reptils und sehe, wie es sich langsam um den Hals von Isabelle Wagner schlängelt und wie ihrer beider Zungen miteinander züngeln.

19. Drei Wochen später – Mittwoch – nachmittags

    15:00 Uhr
    Drei Wochen später ist die Erinnerung an den Besuch bei Isabelle Wagner beinahe völlig verblasst. Die Tabletten von Dr. Mertens zeigen bereits Wirkung und ich werde auch von keinen
    Albträumen mehr heimgesucht. Gregor ist kaum noch zuhause, denn jetzt ist Endspurt im Wahlkampf und sein Terminkalender lässt ihm keine freie Minute. Während Gregor unermüdlich durch die Lande tourt oder in Talkshows und Politrunden brilliert, habe ich einen Online-Kochkurs belegt, um meine mageren Kochkünste aufzupolieren. Ich habe auch Kontakt zu einem Fotostudio aufgenommen, das sich auf Sportfotografien spezialisiert hat. Mein Vorstellungsgespräch ist

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