Die Fotografin
Mit einer ehemaligen Preisboxerin, die wie eine Gefängniswärterin auf mich aufpasst.“
„Jetzt hör mal zu, Adriana!“ Gregor hebt die Stimme, wird mit einem Mal emotional. „Ohne mich wärst du vielleicht im Gefängnis gelandet, vergiss das nicht!“
„Du hast mich doch nur vom Revier abgeholt, weil du Angst hast, dass die Presse Wind davon bekommt.“ Reiß dich zusammen, Adriana, mach nicht noch alles schlimmer, denke ich, sage aber genau das Gegenteil. „Weil sonst in der Zeitung stehen könnte: Ist die Frau des Politstars eine gefährliche Verrückte?“
„Weißt du was? Es ist mir zu blöde, weiter mit dir darüber zu diskutieren! Du verlässt das Haus auf gar keinen Fall, deshalb habe ich Frieda ja auch engagiert.“ Gregor will noch etwas sagen, doch in diesem Augenblick piepst sein Handy und kündigt eine SMS an. Als er die Nachricht gelesen hat, steht ihm der Schweiß auf der Stirn.
„Ich muss noch verschiedene Unterlagen für Brandt vorbereiten. Wenn du etwas brauchst, dann rufe einfach nach Frieda. Sie sitzt unten im Wohnzimmer.“
Aber ich brauche nichts außer meiner Freiheit. Langsam fühle ich mich wie eine Gefangene in meinem eigenen Haus. Jeder meiner Schritte wird überwacht, es gibt kein Entrinnen. Die Zeit vergeht wie im Flug, schon ist es zehn Uhr. Jetzt sollte ich eigentlich mit Isabelle Wagner auf dem Revier sitzen und meine Aussage machen. Aber daraus wird nichts. In der Zwischenzeit ist auch Dietmar Brandt, der Imageberater der Partei, gekommen und verschanzt sich mit Gregor in dessen Arbeitszimmer, um die nächsten Schritte für die heiße Phase des Wahlkampfes zu besprechen.
„Wo bleiben Sie?“ Die SMS ist von Isabelle Wagner und es ist zehn Uhr dreißig. Als ich antworten will, steht Frieda breitbeinig in der Tür. Sie hat wie üblich beide Arme vor der Brust verschränkt und erkennt die Situation sofort.
„Geben Sie das Handy her, Frau See!“ Auffordernd streckt sie mir die Hand entgegen und ich habe nur noch Zeit, schnell die SMS zu löschen.
„Mit wem wollten Sie gerade telefonieren?“
„Mit meiner Freundin Marion!“, lüge ich und ärgere mich im selben Moment, dass ich so bereitwillig Auskunft gebe. Zum Glück hat Frieda nichts von der SMS mitbekommen. Es weiß also noch niemand von meinem nächtlichen Gespräch mit Isabelle Wagner.
Etwas später läutet unten die Türglocke und ich höre, wie Frieda öffnet, weiß aber nicht, wer kommt, denn ich kann nicht verstehen, was sie sagt. Das ist wahrscheinlich einer von Brandts Assistenten, der weitere wichtige Unterlagen bringt. Ich hoffe nur, dass ich am Nachmittag Gelegenheit habe, mit Isabelle Wagner Kontakt aufzunehmen, um ihr zu erklären, warum ich nicht kommen konnte. Aber vielleicht vergesse ich die ganze Angelegenheit mit meiner Aussage auch wieder und denke einfach nicht mehr an Talvin, sondern konzentriere mich auf die Zukunft mit meinem Mann. Aber wie immer kommt es ganz anders.
„Bist du noch ganz bei Trost, Adriana?“ Gregor stürmt in mein Schlafzimmer und ist sichtlich bemüht, nicht laut loszubrüllen. Hinter ihm steht Brandt, der mich mit seinem öligen Charme begrüßt und dann schweigt.
„Unten steht diese unverschämte Polizistin in Uniform und will mit dir sprechen. In Uniform! Du weißt, was das bedeutet? Die Nachbarn bekommen etwas mit und bald auch die Medien. Alles nur noch eine Frage der Zeit!“
„Ich weiß nicht, warum Isabelle Wagner hier ist. Weshalb will sie mit mir sprechen?“, frage ich naiv, doch Gregor nimmt mir diese Rolle nicht ab.
„Stell dich nicht so blöde an, Adriana!“, zischt er. „Du weißt genau, was ich meine. Diese graue Maus will mit dir reden. Was will sie von dir? Hast du mit ihr gesprochen? Wann war das?“
„Ich habe nicht mit ihr gesprochen!“, leugne ich hartnäckig, obwohl ich weiß, dass ich auf verlorenem Posten stehe. Brandt hat in der Zwischenzeit sein Handy hervorgeholt und wählt eine Nummer. Er geht aus dem Zimmer und ich kann daher nicht verstehen, mit wem er spricht. Gregor sieht mich noch einmal empört an und stürmt dann die Treppe hinunter. Ich höre ihn mit Isabelle Wagner leise diskutieren. Doch schon nach wenigen Augenblicken rast er wieder nach oben und bleibt mit geballten Fäusten vor meinem Bett stehen.
„Du willst einen Mord gestehen, den du dir nur eingebildet hast? Weißt du denn überhaupt, was du damit anrichtest?“ Gregors Kiefermuskeln zucken und er muss sich ziemlich zusammenreißen, um mich nicht anzuschreien
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