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Die Frau an Seiner Seite

Die Frau an Seiner Seite

Titel: Die Frau an Seiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heribert Schwan
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spezialisierte sich das Leipziger Unternehmen immer stärker und entwickelte sich schon bald zu einem der größten Rüstungskonzerne in Deutschland. Mit der Machtübernahme Adolf Hitlers 1933 begann die HASAG mit der Lieferung von Munition für die Wehrmacht und wurde ein Jahr später als Wehrmachtsbetrieb eingestuft. In den Jahren bis 1939 wurde der Leipziger Standort erheblich erweitert. Es entstand ein erstes Werk zur Herstellung von Infanteriemunition, neue Fabrikanlagen dienten der Produktion von Gewehrmunition, Zündern und Granaten unterschiedlicher Kaliber und verschiedener Konstruktionsformen. Als die HASAG 1938 ihr 75-jähriges Betriebsjubiläum feierte, zählte die auf mehrere Standorte verteilte Belegschaft bereits 14 000 Beschäftigte. In der Unternehmensführung fanden sich schon sehr früh hohe NS-Funktionäre. Die Generaldirektoren und Direktoren gehörten der »Schutzstaffel« der NSDAP (SS) oder der »Sturmabteilung« (SA) an. Gleiches galt für Angestellte in leitenden Positionen, die ausnahmslos zumindest Mitglieder der NSDAP waren. Wilhelm Renner übernahm im HASAG-Direktorium den Posten des Technischen Direktors und galt als enger Vertrauter des SS-Sturmführers Paul Budin. Ihm, der als Generaldirektor des Unternehmens fungierte, hatte Renner seine Spitzenstellung zu verdanken. Das Ehepaar Budin wohnte ebenfalls in der Montbéstraße und zählte zu den prominenten Nachbarn. Die engen beruflichen und privaten Beziehungen zwischen den Parteigenossen waren augenfällig. Beide Familien verband ein politisch-ideologischer Gleichschritt, der sich bis zur Zerschlagung des Nationalsozialismus 1945 als äußerst tragfähig erwies. Beide Spitzenkräfte der NS-Rüstungsindustrie verdankten ihre ungewöhnliche Karriere den neuen Machthabern, denen sie allem Anschein nach blind ergeben waren.
    Was Hannelores Mutter anging, bleiben die Motive für ihren Parteieintritt unklar. Wenn sie aber tatsächlich eine so unpolitische Frau gewesen wäre, wie sie von ihrer Tochter später immer beschrieben wurde, hätte sie auf eine Mitgliedschaft verzichten können. Dennoch beantragte sie vier Jahre nach ihrem Mann am 25. Juli 1937 die Aufnahme in die NSDAP, die rückwirkend zum 1. Mai 1937 mit der Vergabe der Mitgliedsnummer 772960 bestätigt wurde. Erst am 29. April 1937 hatte die NSDAP-Reichsleitung per Anordnung die Mitgliederaufnahmesperre aus dem Jahr 1933 aufgehoben. Als dieses Dekret wirksam wurde, zögerte Irene Renner keinen Moment, in den Kreis der bis 1945 circa 8,5 Millionen umfassenden Parteimitglieder einzutreten. Überliefert wird, dass sie stolz das Parteiabzeichen trug, als überzeugte Anhängerin des NS-Regimes galt und seit dem 14. Dezember 1939 zu den eifrigsten Aktivistinnen in der NS-Frauenschaft (NSF) gehörte. Zuvor war sie bereits Mitglied des nationalsozialistischen Frauenverbandes »Deutsches Frauenwerk« (DFW) geworden. In der von ihr unterschriebenen Aufnahmeerklärung heißt es: »Ich erkläre hiermit meinen Eintritt in die NS-Frauenschaft. Ich bin deutsch-arischer Abstammung und frei von jüdischem oder farbigem Rasseeinschlag, gehöre keiner Freimaurerloge oder sonst einem Geheimbund an und werde einem solchen während der Dauer meiner Zugehörigkeit zur NS-Frauenschaft nicht beitreten. Ich verspreche, die NS-Frauenschaft mit allen meinen Kräften zu fördern und verpflichte mich zur Zahlung eines monatlichen vorauszahlbaren Beitrages von mindestens … RM.«
    Die NS-Frauenschaft propagierte ein Frauenbild, das eine Macht- und Politikbeteiligung nicht vorsah. Die »Deutsche Frau« sollte ihre Bestimmung als Hausfrau und Mutter finden, Herd und Heim galten als »weiblicher Lebensraum«. Die herausragende Rolle als Mutter gehörte zur völkisch-nationalistischen Ideologie und war Garant für »stählerne, kampfbereite« Nachkommen. Irene Renner gehörte zu den 2,3 Millionen Mitgliedern der NSF, die diese weltanschaulichen Leitbilder verinnerlicht hatten.
    Zur Mitgliedschaft gehörte auch der Bezug der »Frauen-Warte«, die alle 14 Tage von der NS-Frauenschaft herausgegeben wurde. Diese »parteiamtliche Frauenzeitschrift Deutschlands« diente hauptsächlich der Verbreitung nationalsozialistischer Propaganda. Auf den wenigen politischen Seiten ging es um aktuelle Entwicklungen und später – oft genug geschönt – um den Kriegsverlauf. Die meisten Seiten wurden mit Strickmustern, Kochrezepten und einem Groschenroman gefüllt.
    Nach eigenen Angaben war die Renner-Gattin auch Mitglied des

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