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Die Frau, die nicht lieben wollte und andere wahre Geschichten über das Unbewusste (German Edition)

Die Frau, die nicht lieben wollte und andere wahre Geschichten über das Unbewusste (German Edition)

Titel: Die Frau, die nicht lieben wollte und andere wahre Geschichten über das Unbewusste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Grosz
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Explosion anbahnte, bloß gab es keine Möglichkeit, ihn zu besänftigen.«
    Schlimmer war jedoch etwas anderes – wie solle er es nennen? – das fehlende Interesse seines Vaters an ihm. »In meiner Erinnerung ist er meist abwesend – ich weiß noch, dass er zur Praxis ging, ehe ich zur Schule aufbrach. Und es war offensichtlich, dass ich irgendwie zu viel für ihn war. Ich dachte immer, er könne es kaum abwarten, endlich von mir fortzukommen.«
    Während er redete, rief ich mir seine Erinnerung ins Gedächtnis, seine Freude darüber, von einem Mann gehalten zu werden – der Freund reglos, ruhig in seinen Armen – und so lange gehalten zu werden, wie er nur wollte. Ich fragte ihn, ob es auch deshalb ein so mächtiges Glücksgefühl gewesen sei, von einem Mann gehalten zu werden, weil es die Ablehnung und den Schmerz linderte, die er durch den Vater erfahren hatte.
    »Mir war, als hätte mein Vater in mich hineingesehen und nicht gemocht, was er dort sah. An jenem Nachmittag aber habe ich Gegenteiliges empfunden – ich habe mich gefühlt, als wäre ich daheim angekommen.«
    Wir schwiegen beide einen Moment, dann sagte er: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Geschichte allzu alltäglich ist – es dürfte kaum besonders viele Menschen geben, die zu Ihnen kommen und wie ich, in meinem Alter, noch einmal die Richtung wechseln. Aber so ist es nun mal.« Er machte eine kleine Geste, kehrte die Handflächen nach oben. »So ist es nun mal.«
    Lange Zeit saßen wir da und sagten kein Wort. Ich dachte an die Reise seiner Ehe, sah sie vor mir wie eine Reihe von Fotografien, ihn und seine Frau im Medizinstudium, ihre Hochzeit, die Geburt der Kinder, der Tod ihrer Eltern und die gemeinsamen Jahre. Ich sah den jährlichen Kreislauf von Geburtstagspartys und Urlauben. Ich stellte mir Professor R. und seine Frau als Studenten vor – so vieles, was sie damals nicht wussten, so vieles, das sie nicht vorhersehen konnten.
    Und dann, vielleicht wegen gedämpfter Laute, die von oben herunterdrangen, Klavier oder Stimmengewirr, musste ich an meine Frau und an meine Kinder denken und stellte mir eine ähnliche Abfolge von Fotografien aus unserem Leben vor – unsere Geburten, unsere Tode. Was erwartete uns?
    Professor R. seufzte, und ich fragte ihn, woran er in der Stille gedacht habe.
    »Ich dachte, wenn meine Frau so mit mir leben kann, wie ich bin, dann möchte ich mit ihr zusammenbleiben, aber auch weiterhin meinen Freund sehen. Falls sie das kann, dann ist es das, was ich möchte.«
    Wir hörten kurz danach auf, und wie vereinbart überwies ich Professor R. an einen Psychotherapeuten, dessen Arbeit ich bewunderte und dessen Praxis in der Nähe von Professor R.s Haus lag. Ich habe ihn seither nicht mehr gesehen, musste aber immer mal wieder an unser Gespräch denken – ich weiß nicht genau, warum.
    Zwei Jahre später saß ich in einem Café, wartete auf meine Frau und blätterte in einer auf dem Tisch liegengebliebenen Ausgabe der Times , als ich unter den Todesanzeigen Professor R.s Namen mit Foto entdeckte. Seine herausragende berufliche Karriere wurde beschrieben sowie Trauerbekundungen von Freunden und Kollegen angeführt; der Nachruf schloss mit den Worten, dass seine Frau bei ihm war, als er starb, friedlich und daheim.

Wie Paranoia Leid lindern und eine Katastrophe verhindern kann
    Amanda P., eine achtundzwanzigjährige, alleinstehende Frau, kehrt von einer Amerika-Geschäftsreise zurück nach London. Sie war zehn Tage in New York gewesen. Sie lebt allein. Sie stellt die Aktentasche vor der Tür ab, und als sie aufschließen will, kommt ihr ein Gedanke. »Ich hatte diese Phantasie, sah sie wie einen Film ablaufen: Das Umdrehen des Schlüssels aktiviert eine Art Zünder, und die ganze Wohnung explodiert; die Tür fliegt aus den Angeln auf mich zu und tötet mich auf der Stelle. Ich malte mir aus, dass ein Terrorist in meiner Wohnung gewesen war und eine Bombe angebracht hatte, um mich umzubringen. Warum sollte ich so verrückte Vorstellungen haben?«
    Oder nehmen wir zum Beispiel folgende flüchtige, paranoide Phantasien: Eine Frau geht die Straße entlang und lächelt vor sich hin; Simon A., ein attraktiver, gutangezogener Architekt, ist überzeugt, dass sie über seine Kleider schmunzelt. Oder da ist Lara G. – ihr Boss hat sie gebeten, am Ende des Tages noch in sein Büro zu kommen. Da sie seit Wochen nicht miteinander geredet haben, ist Lara davon überzeugt, dass er sie feuern wird. Sie ist

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