Die Friesenrose
müssen.“ Cirk war unvermittelt wieder ernst geworden. „Die schärferen Kontrollen machen uns immer mehr Schwierigkeiten. So knapp wie heute sind wir den Franzosen noch nie entwischt!“
„Dann verschwinde, und zwar schnell.“ Hugues schob den Stuhl zurück und stand auf. „Und ich werde jetzt ebenfalls verschwinden – Trientje wartet auf mich.“ Er zwinkerte Cirk zu und wandte sich an Inken.
„Ich spreche gleich mal mit dem Wirt wegen des Zimmers. Eine gute Reise ins Moor wünsche ich dir. Hoffentlich findest du freundliche Aufnahme.“
„Vielen Dank für alles.“ Inken streckte ihm die Hand entgegen.
„Geh nur mein Freund“ – Cirk klopfte dem Franzosen auf die Schulter –, „denn liebende Frauen soll man nicht wartenlassen. Du hast wahrlich Besseres vor, als mit mir einen Humpen Bier zu trinken.“ Anzüglich grinste er Hugues zu.
„Als ausgewiesener Frauenkenner musst du es ja wissen.“ Der Franzose hob die Hand zum Abschiedgruß und suchte sich einen Weg durch die überfüllte Kneipe.
Inken blickte ihm nach, dann erst wurde ihr bewusst, dass sie nun alleine mit dem Schmugglerkönig war. Der schien ihre Gedanken gelesen zu haben, denn er beugte sich zu ihr herüber und meinte: „Wie furchtbar, wenn man mit einem Widerling an einem Tisch sitzen muss, nicht wahr? Dabei“ – Cirks Augen glitten über Inkens Gesicht – „finde ich deine Gesellschaft äußerst anregend. Es verbirgt sich eine Schönheit unter der derben Kleidung und dieser lächerlichen Mütze, habe ich Recht?“
Inken gab keine Antwort und schaute bewusst nicht in seine Richtung.
„Sag, welche Farbe hat dein Haar? Ist es hell wie der Weizen auf dem Feld, oder schwarz wie die Flügel eines Raben?“
Röte stieg Inken ins Gesicht. Gleich würde sie dieser Kerl auch noch fragen, wie oft sie schon geküsst worden war. Hoffentlich stand er bald auf und ging! Sie durfte ihn nur nicht anschauen! Denn dann würde sie seinen Augen nicht mehr entkommen können! Da beobachtete sie stattdessen doch lieber scheinbar fasziniert die Eingangstür des Wirtshauses.
Als diese sich öffnete und eine Gruppe französischer Soldaten eintrat, spannte sich Inkens Körper wie eine aufgezogene Feder.
„Was ist los?“ Cirk flüsterte nur.
„Eine Patrouille steht in der Tür.“ Inken drehte sich zu Cirk um. Für einen Augenblick vermeinte sie Erschrecken in seinen Augen lesen zu können. Keine Sekunde später legte derBlockadebrecher seine beiden Arme auf den Tisch und ließ seinen Kopf darauf sinken.
Nun hatten auch die anderen Gäste die Anwesenheit der Franzosen bemerkt, und urplötzlich verstummten alle Gespräche.
„Bonjour, Messieurs!“ Wichtigtuerisch stolzierte einer der Soldaten durch die Kneipe. „Wir suchen einen Blockadebrecher. Er soll hier öfter verkehren.“ Angewidert glitten die Augen des Soldaten durch den einfachen Schankraum. Er hob die Stimme. „Sein Name ist Hoogestraat, Cirk Hoogestraat, und wer ihn deckt oder versteckt, macht sich strafbar.“ Er musterte die Männer bedeutungsvoll. „Also, weiß jemand, wo er ist?“
„Einen ’oogestraat kennen wir nicht“, rief einer der Schiffer, und das Gesicht des Soldaten verfinsterte sich, als ihm bewusst wurde, dass der Mann sich aufgrund seiner Aussprache einen Scherz mit ihm erlaubte.
„Hier.“ Der Franzose hielt einen Steckbrief in der Hand, und Inken erschauderte, als sie erkannte, wie gut Cirk auf der Zeichnung getroffen war. „Die Belohnung ist hoch.“ Abschätzend musterte der Franzose die vor ihm sitzenden Männer. „Und es wird noch andere Begünstigungen geben für einen Freund Napoleons.“
Inken hielt den Atem an, doch keiner der Gäste rührte sich. Erleichtert seufzte sie auf, als die Männer sich desinteressiert wieder ihren Bierkrügen zuwandten. Doch das Verhalten der Gäste schien die Wut des Soldaten erst richtig anzustacheln.
„Ihr weigert euch also, uns zu helfen. Nun gut, ich kann auch anders. Wer sich nicht ausweisen kann, kommt mit auf die Wache!“ Er wandte sich an den Wirt. „Visitation, Monsieur, wir werden das ganze Wirtshaus nach Schmuggelgut durchsuchen.“ Er nickte den Soldaten zu. „Kontrolliert zuerstdie Pässe der Männer, dann werden wir ja gleich sehen, ob dieser Verbrecher, dieser Hoogestraat, hier ist.“
Inken versuchte, ihre Betroffenheit zu verbergen. Ihr Blick streifte Cirk, und sie sah voller Entsetzen, dass seine rechte Hand nach einem auf dem Tisch liegenden Messer tastete. Herr im Himmel, er würde es
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