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Die Früchte der Unsterblichkeit

Die Früchte der Unsterblichkeit

Titel: Die Früchte der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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vor dem Kellerzugang. Er öffnete das Maul und entblößte zwei gelbe, sichelförmige Fangzähne. Er sprang mit einem Satz an die Hauswand und lief wie eine Fliege daran hoch, huschte über das dunkle Dach. Als mimte er den Weihnachtsmann in einem Horrorfilm, verschwand er mit einem Satz im Schornstein.
    Mit dem Elektrozaun würden wir schon fertig werden, doch der Vampir war ein Problem. Zudem wussten wir nicht, wie viele sich noch im Haus befanden. Zwei wären eine Herausforderung. Drei Selbstmord. Besonders bei einer neuerlichen Magiewelle.
    »Andrea?« Raphaels Stimme drang warm und weich an mein Ohr.
    Ich sah ihn an.
Was?
    »Hat dir das Dingsda gefallen, das ich für dich dagelassen habe?«
    Das Dingsda? Ach,
das
Dingsda
. In puncto Liebeswerbung hatten die Gestaltwandler recht eigenartige Bräuche. Zumeist ging es darum, einer zukünftigen Gefährtin zu beweisen, wie clever und gewandt man war, indem man mühelos in ihr Territorium hinein- und hinaustänzelte. Da das Land an sich Eigentum des Rudels war, wurde unter ›Territorium‹ das Haus der Angebeteten verstanden. Die meisten Gestaltwandler brachen ein und hinterließen Geschenke, doch Boudas hatten einen seltsamen Sinn für Humor. Sie schlichen sich ins Haus der Zukünftigen und spielten ihr einen Streich.
    Raphaels Vater hatte Tante Bs Möbel an der Decke festgeklebt. Raphaels Onkel wiederum hatte sich mit einem Dietrich Zugang zum Haus seiner Tante verschafft, alle Türen verkehrt herum gedreht, sodass die Klinken nach innen zeigten. Dieser Tradition gemäß hatte sich Raphael während der Midnight Games weggestohlen, war in meine Wohnung eingebrochen und hatte mir
das
Dingsda
dagelassen.
    »Ausgerechnet jetzt willst du das wissen?«, zischte ich.
    »Sag einfach ja oder nein.«
    »Findest du, dass ist jetzt der richtige Augenblick dafür?«
    In seinen Augen leuchteten rote Blitze. »Vielleicht gibt es kein Danach mehr.«
    Als ich mich umdrehte, sah ich Cerberus hinter uns in der Schlucht. Er stand absolut still und starrte uns mit seinen drei Augenpaaren hasserfüllt an.
    Langsam wandte ich mich wieder zu Raphael um.
    »Hat es dir gefallen?«, flüsterte er mir geradezu verzweifelt zu.
    »Ja, ich fand es witzig.«
    Ein Lächeln blitzte in seinem Gesicht auf und machte es unerträglich schön.
    Mit ohrenbetäubendem Geheul stürzte sich Cerberus auf uns. Raphaels Kiefer schwollen an, waren mit einem Mal fellbewachsen. Ich warf mich auf den Rücken.
    Das riesige mittlere Maul kam auf mich zu, schien mich ganz verschlingen zu wollen.
    Ich feuerte.
    Der erste Schuss traf das Vieh im Rachen. Es jaulte auf und ich setzte gleich noch zwei Schuss hinterher. Hautfetzen flogen durch die Luft und dort, wo einmal sein Schlund gewesen war, klaffte ein riesiges Loch, durch das ich den Himmel sehen konnte. Cerberus ließ den mittleren Kopf hängen. Ich rollte mich zur Seite, doch ausgerechnet dort scharrte er mit seiner Riesenpranke. Eine Kralle schrammte mir die Seite und das Bein entlang, schlitzte mir die Kleider auf. Es brannte wie Hölle.
    Schnell rappelte ich mich hoch. Das linke Maul schnappte nach mir und verfehlte mich um Haaresbreite, da Raphael in die Luft gesprungen war und Cerberus’ Nase mit den Klauen bearbeitete. Cerberus zuckte zurück, doch Raphael hatte sein Maul in festem Griff. Der Hund schüttelte sich, doch Raphael klammerte sich fest, und es regnete blutige Hundefleischstückchen.
    Ich trat einen Schritt zurück, lud nach. In einem Wirbel aus Fell und Klauen hieb Raphael riesige Klumpen Fleisch aus der Hundeschnauze. Blut schoss in dunklen Strömen hervor.
    Der rechte Kopf begann nach ihm zu schnappen. Die aufeinanderschlagenden Fangzähne glichen einer Bärenfalle. Raphael krallte sich in die Hundenase, schwang die Beine wie ein Turner am Seitpferd und stieß dem Höllenvieh seine krallenbewehrten Füße ins rechte Maul.
    Ich riss die Weatherby nach oben, rechnete mit Cerberus’ Zurückweichen. Wie in Zeitlupe schwenkte der riesige Kopf mit den glühend rubinroten Augen zurück.
    Ruhig. Ziele.
    Ein uraltes Band entspann sich zwischen mir und Cerberus, sirrte wie eine unter Strom stehende Leitung. Die Verbindung zwischen Jäger und Beute.
    Höher und höher hob er den Kopf.
    Lass dir Zeit.
    Ich drückte ab.
    Blut schoss aus Cerberus’ Hinterkopf. Er wurde nach hinten gerissen und die Nase, die nur noch ein Krater war, zeigte gen Himmel. Feuer trat daraus hervor. Die Flammen züngelten, bis der ganze Kopf lichterloh brannte. Dann fiel der

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