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Die Früchte der Unsterblichkeit

Die Früchte der Unsterblichkeit

Titel: Die Früchte der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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im Wagen folgte ich den Streichhölzern nach Norden. Gelegentlich war mein geheimes Ich doch recht nützlich.
    Der Schwefelgeruch wurde immer intensiver. Ein tiefes Knurren donnerte durch die Schlucht unter mir, ging schließlich in ein feuchtes Hecheln über, gefolgt von einem frustrierten mehrstimmigen Jaulen, als würden mehrere Hunde gleichzeitig winseln.
    Ich fuhr mit dem Wagen bis an den Abgrund heran und schaute hinunter. Nichts. Von einem Riesenköter keine Spur. Die Böschung fiel sanft sieben bis acht Meter ab, und außer ein paar mickrigen Sträuchern und Sperrmüll war dort nichts zu holen. Ein verrosteter Kühlschrank. Die Überreste eines Sofas. Schmutzige bunte Kleiderfetzen. Offenbar hatte sich hier ein Haus übergeben, von dem allerdings nur noch ein kümmerlicher Haufen übrig war, am Rande einer Linksbiegung.
    Ein wütendes Knurren dröhnte durch die Scharte, kehlige Urlaute eines Mordsbiestes, das die Verfolgung aufnimmt. Meine Nackenhaare richteten sich auf. Ich schnappte mir das Gewehr vom Sitz, sprang aus dem Wagen und begab mich am Rand der Böschung in Position.
    Eine zottige Gestalt schoss um die Kurve. Safrangelbes Fell mit dunklen Tüpfeln auf dem Rücken. Die Muskeln des Vorderteils spannten sich heftig, während das Tier über den Abfall flog. Ein Bouda. Scheiße.
    Die Werhyäne erblickte mich. Aus ihrem Maul drang ein entsetztes, schrilles Lachen.
    Bitte lass es nicht Raphael sein. Bitte lass es nicht Raphael sein. Bitte …
    Der Bouda steuerte auf mich zu und wandelte mitten im Sprung seine Gestalt. Sein Körper barst, seine Läufe verbogen sich wie bei einer Schlenkerpuppe. Knochen traten hervor und Muskeln formten sich zu neuen kräftigen Gliedern und einem menschlichen Rumpf mit gemeißelter Brust. Der Kiefer explodierte und wuchs unverhältnismäßig, die Schnauze wurde flacher, nahm fast grotesk menschenähnliche Züge an und die Vorderpfoten streckten sich zu enormen Händen, die meinen gesamten Kopf hätten umfassen können. Ein Bouda in Kampfgestalt, ein Ungeheuer zwischen Mensch und Tier. Für einen Gestaltwandler war es eine beachtliche Leistung, diese Zwischenform anzunehmen, doch dabei auch noch die Proportionen zu bewahren, war mehr als eine große Tat. Und das Sprechen in dieser Gestalt war eine Kunst für sich.
    Die Werhyäne riss das Maul auf und entblößte dabei acht Zentimeter lange Reißzähne. Ein Schrei, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ, drang aus ihrer Kehle. »Fahr weg, Andrea! Fahr!«
    Raphael. Verdammt.
    »Keine Angst.« Ich beobachtete die Biegung durchs Visier. »Ich habe alles unter Kontrolle.« Ein Wesen, vor dem ein Werbouda in Kampfgestalt, zumal einer, der so durchgeknallt und tödlich wie Raphael war, Reißaus nahm, verdiente mit Respekt behandelt zu werden. Glücklicherweise lieferte die Weatherby genau diesen Respekt in Form einer Magnumpatrone. So ein Projektil würde selbst ein Nashorn im Galopp erledigen. Mit einem Hund in Übergröße sollte es allemal fertig werden.
    Der Boden erbebte wie von einem Riesenhammer malträtiert. Kühlschrank und Co. hüpften auf und ab.
    Ein Koloss kam um die Kurve geprescht. Er war beinahe so hoch wie die Wände der Schlucht. Blutrot und wuchtig rutschte er auf dem Müll aus und rammte den Fels. Der gesamte Hang geriet in Schwingung und ließ die Überreste des Hauses derart erzittern, dass es Ziegelsteine hagelte.
    Ein sechs Meter großer dreiköpfiger Köter. Respekt. Das war wahrscheinlich das coolste Teil, das ich je vor die Flinte bekommen hatte.
    Der Hund schüttelte sich die Trümmer vom Pelz. Er war gebaut wie eine italienische Dogge: stämmig und mit tiefer, breiter Brust. Sobald seine riesigen Pranken wieder festen Halt fanden, stürmte er erneut auf Raphael los. Wie eine Peitsche schlug sein langer Schwanz dabei aus. Die scharfkantige Spitze an seinem Ende glich einem Schlangenkopf. Die Mäuler seiner drei Köpfe standen offen und gaben den Blick auf glänzende Fangzähne frei, jeder länger als mein Unterarm. Drei gespaltene, schlangenähnliche Zungen hingen ihm aus den Mäulern und zwischen seinen fürchterlichen Zähnen spritzte Schaum hervor. Mit einem dieser Speicheltropfen hätte man einen Eimer füllen können und mitten im Flug entzündete sich der Geifer auch noch.
    Das Vieh war zu widerstandsfähig. Eine Kugel würde vielleicht gar nicht durch seine Haut dringen.
    Aber ich musste es ja auch nicht gleich töten, sondern nur so lange aufhalten, bis dieser Blödmann von Raphael es

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