Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
was sie sah. Sie versuchte die Augen zu bewegen, und das ging nicht. Sie versuchte Kopf oder Arme oder Beine zu bewegen und konnte es nicht, weil sie das alles nicht hatte. Sie blieb beträchtliche Zeit in diesem Zustand.
Schielauge war kein Präparat in dem Sinn, wie das lebendige, aber freigelegte Nervensystem des spröden Seesterns eines Biologen ein Präparat ist. Sie war ein Versuch.
Einen großen Erfolg stellte sie nicht dar. Der Versuch, ihre Persönlichkeit maschinell zu speichern, scheiterte nicht aus den Gründen, die frühere Experimente beendet hatten, durchgeführt an den anderen Angehörigen ihres Stammes: schlechte Anpassung der Chemie an Rezeptoren; unvollständige Informationsübertragung; falsche Verschlüsselung. Die Hitschi-Experimentatoren setzten sich der Reihe nach mit allen diesen Problemen auseinander und lösten sie. Ihr Versuch scheiterte oder gelang nur zum Teil aus einem anderen Grund. Es gab in dem Wesen, das als »Schielauge« erkennbar war, nicht genug Persönlichkeit, um diese zu erhalten. Es war keine Biographie, nicht einmal ein Tagebuch. Es war eher so etwas wie das Einzelergebnis einer Volkszählung, begleitet von Schmerz und illustriert von Angst.
Aber das war nicht das einzige Experiment, das die Hitschi betrieben.
In einem anderen Teil der ungeheuren Maschine, die in einer Entfernung von einem halben Lichtjahr die Erdsonne umkreiste, begannen die gestohlenen Säuglinge zu gedeihen. Sie führten ein Leben, das von dem Schielauges völlig verschieden war – ein Leben, gezeichnet von automatischer Pflege, heuristischen Versuchen und programmierten Herausforderungen. Die Hitschi erkannten, dass diese Australopithekinen zwar weit davon entfernt waren, intelligent zu sein, aber den Samen weiserer Nachkommen in sich trugen. Sie beschlossen, den Prozess zu beschleunigen.
In den fünfzehn Jahren zwischen dem Herausschälen der Kolonie aus ihrer prähistorischen afrikanischen Heimat und dem Tod Schielauges gab es nicht viel an Entwicklung. Die Hitschi waren nicht entmutigt. In fünfzehn Jahren erwarteten sie nicht viel. Sie hegten viel weitreichendere Pläne.
Da ihre Pläne von ihnen auch verlangten – und zwar von allen –, dass sie anderswo sein sollten, lange bevor aus den Augen eines der Nachkommen Schielauges wahre Intelligenz strahlte, trafen sie entsprechende Vorbereitungen. Sie konstruierten und programmierten das künstliche Gebilde so, dass es ewig halten würde. Sie sorgten dafür, dass es aus einem passenden Verarbeiter von Kometenmaterial mit CHON-Nahrung versorgt wurde. Diesen hatten sie schon in Betrieb genommen, um andere ihrer Einrichtungen zu versorgen, und vom Potenzial her war er langlebig. Sie konstruierten Maschinen, um die Begabungen von Nachkommen der Neugeborenen von Zeit zu Zeit zu prüfen und so oft wie nötig den Versuch zu wiederholen, ihre Persönlichkeiten zur späteren Betrachtung maschinell zu speichern – falls irgendwann jemand von ihnen zurückkommen sollte, um zu erfahren, wie das Experiment ausgegangen war. Sie hätten das angesichts ihrer anderen Pläne als höchst unwahrscheinlich eingeschätzt.
Immerhin umfassten ihre Pläne sehr viele Alternativen, die allesamt zur gleichen Zeit bestanden; denn das Ziel ihrer Pläne war ihnen sehr wichtig. Niemand von ihnen mochte jemals zurückkommen, aber vielleicht kam irgendjemand.
Da Schielauge auf keine nutzbringende Weise sich verständigen oder handeln konnte, löschten die Hitschi-Experimentatoren sparsam die affektiven Teile ihrer Speicherung und behielten sie nur als eine Art Nachschlagewerk in einem Fach, damit spätere Beobachter, welcher Art sie auch sein mochten, es zu Rate ziehen konnten. (Es war das, was Janine zu benutzen gezwungen wurde, indem sie noch einmal durchlebte, was Schielauge vor so vielen hunderttausend Jahren erlebt hatte.) Sie hinterließen bestimmte Hinweise und Daten für den Gebrauch späterer Generationen, die sie eines Tages verstehen mochten. Sie machten hinter sich Ordnung, wie sie das immer taten. Dann entfernten sie sich und überließen es dem Rest jenes Experiments, neben all ihren anderen Experimenten, weiter abzulaufen.
Achthunderttausend Jahre lang.
»Janine«, stöhnte Huai, »Janine, bist du tot?«
Sie blickte zu seinem Gesicht hinauf, zunächst unfähig, die Augen scharfzustellen, sodass er aussah wie ein verschwommener, breiter Mond, unter dem ein doppelter Kometenschweif wackelte.
»Hilf mir hoch, Huai«, schluchzte sie. »Bring mich
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