Die Germania
germanischer Glaube und darum nehmen sie auch gewisse Bilder und Feldzeichen aus ihren heiligen Hainen in die Schlacht mit.
Der wirksamste Sporn des Heldenmuths aber liegt darin, daß nicht aus Zufall, nicht aus einem beliebigen Zusammenwürfeln heraus die Keile, die Geschwader sich bilden, sondern aus den Familien und Sippschaften. Und diesen in nächster Nähe weilen ihre theuersten Häupter, der Kämpfer hört das Wehrufen seines Weibes, das Weinen seiner Kinder, ihre Zeugschaft ist den Männern die heiligste, ihr Beifall der höchste; zur Mutter, zur Gattin schleppt der Mann seine Wunden und jene zählen und untersuchen sie ihm ohne Zittern und bringen den Kämpfenden Nahrung und Zuspruch ins Gefecht.
Caput VII.
Reges ex nobilitate, duces ex virtute sumunt. Neo regibus infinita aut libera potestas, et duces, exemplo potius quam imperio, si prompti, si conspicui, si ante aciem agant, admiratione praesunt; ceterum neque animadvertere neque vincire, ne verberare quidem nisi sacordotibus permissum, non quasi in poenam nec ducis iussu, sed velut deo imperante, quem adesse bellantibus credunt. Effigiesque et signa quaedam detracta lucis in praelium ferunt. Quodque praecipuum fortitudinis incitamentum est, non casus nec fortuita conglobatio turmam aut cuneum facit, sed familiae et propinquitates; et in proximo pignora, unde feminarum ululatus audiri, unde vagitus infantium. Hi cuique sanctissimi testes, hi maximi laudatores; ad matres, ad coniuges volnera ferunt; nec illae numerare aut exigere plagas pavent, cibosque et hortamina pugnantibus gestant.
Caput VIII
Das Weib.
Von mehr als einer Schlacht erzählt die Geschichte, wo die wankenden und weichenden Reihen von den Frauen zum Stehen gebracht wurden, durch ihr ausdauerndes Bitten und Flehen, und indem sie mit entblößter Brust sich vor die Männer warfen und ihnen das Loos eines gefangenen Weibes vor das Auge stellten. Dieser Gedanke aber ist dem Germanen weit unerträglicher als die eigene Gefangenschaft; und dieses Gefühl ist so stark, daß man selbst ganze Stämme politisch fester bindet, wenn man sie unter andern Geiseln einige Jungfrauen aus dem Adel stellen läßt. Ja den Germanen sind die Frauen geradezu eine Art heiliger und prophetisch begabter Wesen; ihr Rath bleibt nicht unbeachtet, ihr Spruch wird nicht überhört. Wir selbst haben unter dem verewigten Vespasian jene Veleda gesehen, welche lange Zeit und weithin als ein göttliches Wesen gegolten hat. Auch früher schon standen eine Aurinia und andere Frauen in ähnlicher Verehrung. Aber kriechende Schmeichelei war das nicht, so wenig als Vergötterung.
Caput VIII.
Memoriae proditur quasdam acies inclinatas iam et labantes a feminis restitutas constantia precum et obiectu pectorum et monstrata comminus captivitate, quam longe impatientius feminarum suarum nomine timent, adeo ut efficacius obligentur animi civitatum, quibus inter obsides puellae quoque nobiles imperantur. Inesse quin etiam sanctum aliquid et providum putant, nec aut consilia earum aspernantur aut responsa negligunt. Vidimus sub divo Vespasiano Veledam diu apud plerosque numinis loco habitam; sed et olim Auriniam et compluris alias venerati sunt, non adulatione nec tanquam facerent deas.
Caput IX
Religion.
An der Spitze der germanischen Götter steht Merkur; ihm dürfen an bestimmten Tagen sogar Menschenopfer fallen. Ihrem Mars und Herkules huldigen sie nur mit dem Blute von Thieren. Ein Theil der Sueven opfert auch der Isis. Grund und Ursprung dieser Verehrung einer fremden Gottheit ist mir räthselhaft geblieben; auf einen vom Ausland eingedrungenen Cultus deutet jedoch die bildliche Darstellung der Göttin durch eine Liburne. Die Götter zwischen vier Wänden einzusperren oder in beliebiger Menschengestalt darzustellen, entspricht im übrigen nicht der germanischen Anschauung von der Erhabenheit himmlischer Wesen. Wälder und Haine sind ihre Tempel und in die Namen ihrer Götter hüllt sich jene geheimnißvolle Macht, welche einzig in der Andacht des frommen Gedankens sich ihnen offenbart.
Caput IX.
Deorum maxime Mercurium colunt, cui certis diebus humanis quoque hostiis litare fas habent; Herculem ae Martem concessis animalibus placant. Pars Suevorum et Isidi sacrificat; unde causa et origo peregrino sacro, parum comperi, nisi quod signum ipsum in modum liburnae figuratum docet advectam religionem. Ceterum nec cohibere parietibus deos neque in ullam humani oris speciem assimilare ex magnitudine caelestium arbitrantur; lucos
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