Die Götter der Flusswelt - Flusswelt-Zyklus 5
Gull, die Crook, die Stride und die Kelly wiederbelebt hat.«
»Sie meinen die Leute, die in den Jack-the-Ripper-Fall verstrickt waren?«
Burton war überrascht, versuchte aber, es nicht zu zeigen. »Woher wissen Sie, wer sie sind?«
»Oh, ich habe Sie beobachtet, wie Sie ihre Gedächtnisspeicher beobachtet haben.«
Burton schoß aus dem Stuhl, sein Gesicht war rot und verzerrt.
»Verdammt, Sie haben mich bespitzelt! Woher nehmen Sie das Recht …«
Williams lächelte noch immer, doch seine Augen waren zu schmalen Schlitzen geworden. Er erhob sich ebenfalls.
»Jetzt machen Sie mal einen Punkt! Wenn Sie es für richtig halten, andere zu bespitzeln, müssen Sie auch damit rechnen, selbst bespitzelt zu werden. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, mein Freund.«
Burton war einen Augenblick sprachlos. »Da gibt es aber einen gewaltigen Unterschied«, sagte er dann. »Ich habe die Toten beobachtet. Sie spionieren die Lebenden aus, Ihre Nachbarn!«
»Sie haben die Lebenden am Fluß nicht via Gralstein beobachtet?«
»Sie haben meine Privatsphäre besudelt!«
»Man kann die Besudelten nicht besudeln«, sagte Williams. Er lächelte noch immer, doch seine Körperhaltung zeigte, daß er bereit war, einen Angriff abzuwehren.
»Na schön«, sagte Burton. »Sie haben mir immer noch nicht gesagt, warum Sie es auf sich genommen haben, diese pathologischen Mörder wiederzubeleben.«
»Es waren pathologische Mörder, aber sie sind es nicht mehr. Der Grund … ich bin Sammler und Student religiöser Typen. Auf der Erde fand ich Interesse daran, ich hatte große Erfahrungen mit ihnen, wie Sie ja wissen. Die Marxisten … sind religiös, obwohl sie es abstreiten würden, die Black Muslims, die Heilsarmee, die Buddhisten, die Südlichen Methodisten; Sie wissen ja, mit wie vielen ich zu tun hatte. Ich bin ebenfalls religiös, wenn auch nicht im konventionellen Sinn. Ich bin derjenige, der die Neu-Christen wiederbelebt hat, und die Nichireniten und Chancisten, die in Turpinville leben. Und ich habe den Dowisten Gull wiederbelebt. Ich überließ es ihm, seine Gefolgsleute zurückzuholen, was er ja dann auch tat. Und ich habe vor, noch andere wiederzubeleben.«
Burton wußte nicht, ob er ihm glauben sollte oder nicht. Er schnaubte und ging hinaus. »Geht nicht im Zorn, Sir Richard!« rief Williams ihm nach und lachte dröhnend.
27.
Auf dem Weg zum Fahrstuhl sah Burton durch den Korridor zurück. Williams ging die Stufen hinab, anscheinend, um sich zur Menge der Feiernden im Vestibül zu gesellen. Der Mann blickte hoch und winkte ihm durch die Geländerstäbe zu. Er grinste, als habe er gewaltig Spaß gehabt. Hatte Williams ihm die Wahrheit gesagt, oder hatte er phantasiert? Die Flußwelt war ein Ort, an dem Männer und Frauen keinen Grund mehr zum Lügen hatten. Man hatte sie von der Gesellschaft und den Institutionen befreit, die sie gezwungen hatten (oder sie glauben gemacht hatten, sie seien gezwungen), vor der Öffentlichkeit und sich selbst schützende Fassaden aufzurichten. Aber die meisten Menschen schienen sich dessen nicht bewußt zu sein oder fanden es schwierig, alte und unnötige Gewohnheiten aufzugeben.
Die Treppe zu nehmen war jedoch eine gute Idee. Er brauchte die Bewegung. Burton ging um die Ecke, am Fahrstuhl vorbei und schlenderte den langen Gang zum Treppenhaus entlang. Die Musik und die Stimmen, die er schwach in dem anderen Gang gehört hatte, verblichen.
Das einzige Geräusch war das seiner Schritte. Als er jedoch die Tür des Raumes neben der Treppe passierte, glaubte er, einen Schrei zu hören. Er blieb stehen. Der Schrei war nicht laut gewesen, eigentlich so schwach, daß er sich ihn durchaus hätte einbilden können. Nein! Da war es wieder, und das Geräusch schien durch die Tür zu kommen.
Die Räume waren zwar isoliert, aber nicht - wie die Wände im Turm - völlig schalldicht. Burton drückte das Ohr gegen die mit üppigen Schnitzereien verzierte Eichentür. Jetzt konnte er zwar keine Schreie mehr hören, aber dafür das Gebrüll eines Mannes. Die Worte waren unverständlich, der Tonfall hingegen eindeutig. Er war bedrohend und wütend.
Burton versuchte den Türknopf. Er ließ sich drehen, doch die Tür öffnete sich nicht. Er zögerte. Vielleicht wollten die beiden im Zimmer - wenn es nur zwei waren - gar nicht gestört werden. Es wäre ihm ausgesprochen peinlich gewesen, hätte man ihm vorgeworfen, sich in eine Sache einzumischen, die
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