Die grosse Fahrt der Sable Keech
konnte er ohne die chirurgischen Instrumente im Schiff nichts unternehmen. Sobald der Zahnkarpfen mit der Klaue fertig war, legte er den Kopf auf die Seite wie ein Speisender, der einen besonders schmackhaften Appetithappen genossen hatte, und stürzte sich erneut auf Vrell.
Der Zahnkarpfen prallte an seine Flanke, warf ihn erneut auf den Rücken, beugte sich zu ihm herab und riss ihm ein Bein ab. Vrell schleppte sich auf dem Rücken weiter, während der Zahnkarpfen einen halbherzigen Versuch unternahm, ihn mit den Tentakeln am Grund festzuhalten. Fast im gleichen Augenblick, als Vrell wieder auf den Beinen war, ging ein weiterer Egel auf die neue Wunde los und fraß sich hinein.
Während der Prador sich weiter vorankämpfte, legte der Karpfen eine Pause ein und schob die frische Beute wie einen Zahnstocher im Maul hin und her. Vrell schrie und blubberte, als der Karpfen das Stück endlich herunterschluckte und ihm erneut nachsetzte. Das Schiff des Vaters ragte nun vor dem Prador auf wie eine Felswand, und in dieser Klippe entdeckte Vrell eine offen stehende, dreieckige Luke. Der Karpfen erwischte ihn von neuem, riss eines der beiden verbliebenen Greifgliedmaßen ab und zermalmte es in einer Wolke von grünem Blut.
Ringsherum wimmelte es im Wasser inzwischen von Blutegeln. Vrell prallte an die Unterkante der Luke und versuchte sich hindurchzukämpfen, aber der Karpfen packte den Rand seines Körperpanzers mit dem Maul und zerrte ihn zurück. Vrell wandte beide Augenstiele nach hinten, um das Ziel zu triangulieren, trat dann mit einem scharfen Bein zu und durchbohrte ein Auge der Kreatur. Der Karpfen ließ los, zog sich zurück und zuckte wieder vor, um genau dieses Bein zu packen. Zum Glück glitt sein Gebiss daran ab, und er konnte nur den Fuß abreißen, während Vrell durch die Luke taumelte und mit der restlichen Klaue nach der Türsteuerung griff. Sie funktionierte allerdings nicht – hier war also keine Sicherheit zu finden.
Vrell ruderte heftig zur hinteren Wand der Kammer, als der Karpfen das Maul hereinsteckte. Dabei entdeckte der Prador an einer Seitenwand vier leere Halterungen, in denen die aktivierten Kriegsdrohnen seines Vaters gesteckt hatten. Er war im Drohnenlager. In zwei weiteren Halterungen steckten Ersatzhülsen für Drohnen, aber sie enthielten keine Intelligenz, sodass sie keine Hilfe boten. Die Steuerungs- und Reserveintelligenz musste hier irgendwo sein, schlief aber sicher. Er erreichte eine Luftschleuse, rammte die Klaue in die vertiefte Steuerung und machte sich daran, den hydraulischen Offner zu pumpen. Langsam öffnete sich die Schleusentür und ließ Luft heraus, die in breiten, flachen Blasen emporstieg und sich wie eine Silberschicht über die Decke legte. Das lenkte den Karpfen ab. Er stemmte sich mit den Tentakeln hoch, saugte eine Blase ein und blies sie wieder hervor. Dann wandte er sich erneut dem panischen Prador zu.
Die Schleusentür war fast schon weit genug auf. Vrell rammte sich hinein und versuchte sie weiter hochzustemmen. Er spürte, wie sich das Maul des Karpfens um die hintere Kante des Körperpanzers schloss und die Panzerschale mit einem quälenden, dumpfen Unterwasserton durchbiss. Dann rutschten die Zähne des Angreifers jedoch ab, und der Prador stieß sich in die Luftschleuse. Der Zahnkarpfen war zu groß, um ihm dorthinein zu folgen, stocherte aber trotzdem hinter ihm her. Im dumpfen Schock der Schmerzen pumpte Vrell die Tür zu und hoffte, der Kreatur dadurch einige Tentakel abzuschneiden, aber der Zahnkarpfen zog sie zurück, kurz bevor die Schleusentür zuging.
Als sich die Abdichtung der Innentür öffnete, lief das Wasser aus der Schleuse schnell ins Schiff ab. Vrell, der immer wieder ein blubberndes Stöhnen von sich gab, arbeitete weiter an dem hydraulischen Türmechanismus, bis er dem Wasser in die klammen Korridore folgen konnte. Er glaubte fest, dass sein Vater tot war, hatte aber noch nicht vor, sich davon endgültig zu überzeugen. Er spürte, dass die drei Blutegel innerhalb seines Körperpanzers inzwischen nicht mehr fraßen – wahrscheinlich waren sie schon satt von dem Fleisch, das sie verzehrt hatten, während sie sich in den Körper hineingearbeitet hatten –, aber sie bewegten sich und bereiteten ihm nach wie vor enorme Schmerzen. Ihm blieb nichts weiter übrig, als sich auf den drei restlichen Beinen durch den Gang zu schleppen. Er war noch nicht mal in der Lage, die Schiffsläuse wegzuklopfen, die von oben auf ihn fielen und an
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