Die grosse Fahrt der Sable Keech
den Wundrändern fraßen.
Einer der Leermenschen seines Vaters lag im Korridor, in zwei Teile zerschnitten und an manchen Stellen bis auf die Knochen verbrannt, aber er bewegte sich immer noch matt. Auf einmal verspürte Vrell ungeachtet der Schmerzen den harten Krampf des Hungers. Er hatte seit vielen Tagen nichts gegessen, und die kürzlich erfolgte Umwandlung in einen Erwachsenen war auch auf Kosten seiner Kräfte gegangen. Mit der restlichen Klaue schnitt er dem Leermenschen einen Arm ab, hob ihn an die Mandibeln und machte sich daran, das gekochte Fleisch vom Knochen zu nagen. Er wollte schon weitergehen, als ihm bewusst wurde, dass ihn der Arm nicht gesättigt hatte, also packte er auch den restlichen Torso. Bald war er auch damit fertig und musterte nun, da er sich gestärkt fühlte, die abgetrennten Hüften und Beine des Leermenschen. In diesem Augenblick bewegten sich jedoch wieder die Blutegel innerhalb des Körperpanzers, und er zischte wie ein undichter Luftverdichter und taumelte weiter.
Die Kabine, die er suchte, stand offen. Hier lag ein Prador-Zweitkind – eines von Vrells eigenen Geschwistern – in der Ecke und hatte alle Beine unter sich gefaltet. Vrell stieß es mit der Klaue an, und es bewegte sich träge.
»Hilf mir!«, zischte Vrell in der Pradorsprache.
Auf einmal war das Junge auf den Beinen und schwenkte bedrohlich die Klauen.
»Nicht Vater!«, blubberte es.
Kenntnisse, die für die Dauer von Vrells Versklavung durch die väterlichen Pheromone als irrelevant verworfen worden waren, erwiesen sich plötzlich als bedeutsam. Dieses Zweitkind war sicherlich noch auf die gleiche Weise versklavt und betrachtete Vrell somit nur als konkurrierenden Erwachsenen. Es würde ihn angreifen, falls es ihn als verwundbar einstufte, oder entfliehen, falls es dazu Gelegenheit fand. Vrell streckte die Klaue nach einem Regal in der Nähe aus, schob sie in einen großen Dreiklauenaufsatz, drehte sich rasch um und schlug damit heftig zu. Der polierte Stahl durchschlug die Beine des Zweitkinds an der Seite und schleuderte es flach zu Boden. Als es sich wieder aufzurappeln versuchte, schlug Vrell erneut zu und verwandelte die restlichen Beine in Brei. Dann öffnete er die Metallklaue und riss dem jüngeren Prador damit die Klauen ab, ehe er sich umdrehte und die Tür manuell schloss. Er wollte vermeiden, dass er von weiteren Artgenossen gestört wurde.
»Nicht Vater!«, protestierte das Zweitkind vom Boden aus. Vrell überlegte, ob er es erledigen sollte, aber womöglich konnte er noch Dinge von ihm erfahren, also ignorierte er es vorläufig und betrachtete das Werkzeug, das ihm zur Verfügung stand.
Der Aufsatz an der Klaue war zu groß, also legte er ihn ins Regal zurück und nahm den kleinsten auf, den er dort fand. Gern hätte er sich ein Betäubungsmittel verabreicht, aber dann hätte er nicht mehr gespürt, wonach er griff. Er tippte die Dreierklaue erst in einen Becher mit sterilisierendem Fett, schloss sie und führte sie an das blutige Loch, wo zwei Blutegel am Gelenk der fehlenden Klaue in den Körper eingedrungen waren. Er durfte jetzt nicht mehr zögern, da sie jederzeit wieder beginnen konnten zu fressen. Sachte führte er die Dreierklaue ein und spürte dem Pfad eines einzelnen Blutegels anhand der erzeugten Schmerzen nach. Der Pfad bog sich und führte sehr dicht an einem bedeutenden Nervenknoten vorbei, und er justierte die Gelenke des Aufsatzes, um der Bahn zu folgen. Als er den Blutegel erreichte, bestand darüber keinerlei Zweifel, denn das Tier wand sich hektisch und versuchte zu entkommen, indem es sich tiefer in den Körper hineinfraß. Vrell öffnete die Dreierklaue, stieß sie noch tiefer hinein, schloss sie und zerrte daran.
Vrell wusste, dass Menschen unter ausreichend starken Schmerzen das Bewusstsein verlieren konnten. Er hatte das oft miterlebt und sich die diversen Techniken angeeignet, mit denen man das verhinderte. Ihm selbst bot sich kein solcher Luxus. Er kreischte, als er den Blutegel herauszog, und zischte ihn an, während er das völlig blutige und sich windende Tier betrachtete, dessen röhrenförmiges Gewindemaul immer noch blind nach Fleisch suchte. Er legte das Mistvieh neben den Fettbecher, nahm diesen zur Hand und zermatschte die Kreatur darunter. Dann widmete er sich ihren beiden verbliebenen Artgenossen.
Als auch der letzte Blutegel nur noch ein Flecken auf dem Fußboden war, wechselte Vrell die Dreierklaue gegen einen großkalibrigen Injektor, führte ihn in
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