Die Hand im Moor (German Edition)
Frau verlegen und stieß sanft mit ihrer Stirn gegen Volkers Kinn, dann schlüpfte sie unter seinen Händen hinweg und eilte ins ehemalige Eßzimmer, um sich umz uziehen.
Harro jagte am Seeufer entlang, während Christina vom Boot ssteg aus in Wasser sprang. Hin und wieder stöberte er Fliegen, Libellen und Schmetterlinge auf. Es war lustig anzusehen, wie er sich bemühte, die Insekten zu fangen und doch nie dabei Erfolg hatte.
"Gib es auf, Harro!" rief ihm Christina aus dem Wasser zu. Sie legte sich auf den Rücken und ließ sich treiben. Volker hatte das Radio wieder so laut geschaltet, daß sie selbst vom See aus jeden einzelnen Ton des Konzerts unterscheiden konnte.
Die Gedanken der Baronesse glitten zum vergangenen Abend zurück. Sie hob die linke Hand und betrachtete ihren Verlobungsring. Er paßte ihr wie angegossen, ohne daß sie ihn je zuvor anprobiert hatte.
Christina drehte sich herum und schwamm an dem dichten Schilf Wald vorbei, der den hinteren Teil des Sees bedeckte. Sie fragte sich, warum ihre Freundin so früh das Fest verlassen hatte. Vielleicht war es ihr nicht gut gewesen. Sie hatte die dunklen Ri nge unter Karins Augen bemerkt, auch wenn sich ihre Freundin Mühe gegeben hatte, sie mit Make-up abzudecken. Ich sollte sie nach unserer Heimkehr anrufen, dachte sie.
Dieter Fischer hatte sich auch reichlich seltsam benommen. Warum hatte er Volker so plötzlich angegriffen? - Nahm er ihm übel, daß der Freund sich mit ihr verlobt hatte? Neidete er ihm sein Glück?
Christina blickte zum Sommerhäuschen zurück. Sie war eine gute Schwimmerin und hatte schon sehr oft den See innerhalb weniger Minuten durchquert. Sie beschloß umzukehren und zu sehen, wie weit Volker mit dem Essen war. Da sie am Morgen nicht gefrühstückt hatte, spürte sie mit einem Mal heftigen Hunger.
Die junge Frau schwamm an einigen Seerosen vorbei. Harro stand schwanzwedelnd am Ufer. Er steckte vorsichtig die rechte Pfote ins Wasser, zog sie jedoch gleich wieder zurück. "Komm doch!" rief sie ihm zu, erwartete allerdings nicht, daß der Schäfe rhund wirklich ins Wasser springen würde.
Plötzlich kam Christina nicht weiter. Ihr rechter Fuß hatte sich in einigen Schlingpflanzen verfangen, die unter dem Wasser w ucherten. Sie hatte keine Angst. Es war nicht das erste Mal, daß ihr so etwas passierte. Sie tauchte, um ihren Fuß zu befreien.
Es gelang ihr nicht. Nach Luft schnappend kam die Baronesse wieder nach oben, um gleich darauf erneut zu tauchen. Ihre Hände umklammerten die Schlingpflanzen, rissen an ihnen, aber sie s aßen zu fest, gaben ihren Fuß nicht frei.
Wieder kam Christina nach oben. Ihr wurde bewußt, in was für einer ernsten Lage sie sich befand. Laut begann sie um Hilfe zu rufen, aber Volker konnte sie nicht hören. Harro sprang ins Wa sser und schwamm auf sie zu.
"Hol Herrchen!" befahl Christina. Obwohl sie genau wußte, daß es keinen Sinn hatte, jetzt die Nerven zu verlieren, begann sie heftig mit den Armen zu rudern. Ihr Herz schlug bis zum Hals. Sie spürte einen heftigen Schmerz in der Kehle.
Harro packte mit den Zähnen ihr rechtes Handgelenk. Er versuchte, sie aus dem Wasser zu ziehen.
"Hol Volker, Harro!" befahl die Baronesse erneut. "Nun mach schon. Los!"
Der Schäferhund ließ sie los. Er schwamm auf das Ufer zu, erreichte es innerhalb von zwei Minuten. Prustend stieg er aus dem Wasser, schüttelte sich und rannte davon.
Christina tauchte noch einmal unter, kam dieses Mal aber b ereits nach wenigen Sekunden wieder nach oben. Gierig sog sie die Luft ein. Sie spürte wie ihre Kraft erlahmte. Die Schlingpflanzen schienen sie unerbittlich immer tiefer zu ziehen.
Noch immer schallte das Klavierkonzert über den See. Die Musik erschien der jungen Frau wie Hohn. Nie zuvor in ihrem Leben hatte sie so große Angst empfunden. Ich ertrinke, dachte sie entsetzt. Ich ertrinke bei den Klängen von Rac hmaninow.
* * *
Volker von Quant blickte über den liebevoll gedeckten Terrassentisch. Während er den Klängen des Klavierkonzertes lauschte, dachte er an Christina. Er war glücklich, daß die Verlobung nichts an ihrer Zuneigung zu ihm geändert hatte. Christina war für ihn wie eine Schwester. Sie würden eine gute Ehe führen. Er zweifelte nicht einen Augenblick daran. Wenn sie sich beide Mühe gaben, würde ihre Verbindung nicht in einem Fiasko enden.
Flüchtig glitten Volkers Gedanken zu Karin. Da sie Christinas beste Freundin war, würde sie nach wie vor sehr häufig bei ihnen zu Gast sein. Er
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