Die Hand im Moor (German Edition)
Worte nicht übel. Er hatte zuviel getrunken und wußte nicht mehr, was er sagte. Mit ihrem Sektglas in der Hand wandte sie sich einer Gruppe von Leuten zu, die sie durch ihren Onkel kannte, in dessen Hotel sie arbeitete. Sie hatte lange überlegt, ob sie an Christinas Verlobung überhaupt teilne hmen sollte, aber es hatte kein Weg daran vorbei geführt. Immerhin war sie ihre beste Freundin.
Kurz vor Mitternacht gab Paul Baron von Frey mit einer kle inen Ansprache die Verlobung seiner Tochter mit Volker von Quant bekannt.
"Es ist mir eine besondere Freude, daß Christina einen Mann gewählt hat, den meine Frau und ich nicht nur schätzen, sondern auch lieben", sagte er. "Wenn ich mich eines Tages aufs Altenteil zurückziehen werde, weiß ich den Freyhof bei meinem Schwi egersohn in den besten Händen." Er legte Christinas und Volkers Hände ineinander. "Werdet glücklich, Kinder", wünschte er und küßte seine Tochter auf die Stirn. "Unseren Segen habt ihr."
Volker sah Christina lange an, dann nahm er den Verlobung sring aus seiner Jackettasche und streifte ihn ihr bedächtig über den Finger.
Nein, dachte Christina und spürte plötzlich Panik in sich au fsteigen. Sie wollte davonrennen, sich irgendwo verbergen, statt dessen schenkte sie ihrem Verlobten ein Lächeln. Sie war vierundzwanzig. Irgendwann mußte sie heiraten, warum dann nicht Volker, den sie wie einen Bruder liebte.
"Ich werde immer für dich da sein", flüsterte er ihr zu und nahm sie in den Arm. Willenlos gab sie sich se inem Kuß hin.
Es dauerte einige Minuten, bis es Karin Weiß geschafft hatte, sich durch die anderen Gäste zu drängen, um ihrer Freundin und Volker von Quant ebenfalls zu gratuli eren.
Christina hatte noch immer keine Ahnung, daß Karin Volker liebte. "Ist es richtig, was ich tue?" fragte sie die Freundin. "Nie zuvor habe ich mich so hilflos gefühlt." Sie blickte auf den Ring. Er schien auf ihrer Haut zu brennen.
Nein, es ist nicht richtig, wollte Karin sagen und ihr den Ring vom Finger reißen, aber sie tat es nicht. Volker wünschte sich nichts sehnlichster, als eines Tages den Freyhof zu übernehmen. Nur darauf kam es an.
"Ihr werdet glücklich miteinander werden. Ganz bestimmt", erwiderte sie und umarmte Christina. "Ich wünsche es mir jede nfalls."
Volker, der mit einem älteren Herrn gesprochen hatte, wandte sich ihr zu. Es fiel ihm nicht leicht, Karins Glückwünsche entg egenzunehmen, dennoch hielt er länger als nötig ihre Hand.
Dieter Fischer tauchte plötzlich neben ihnen auf. "Nun, bist du am Ziel deiner Wünsche angekommen?" fragte er spöttisch den Freund. "Ein Prosit auf das glückliche Brautpaar!" Er hielt sein Sektglas hoch.
"Wir sollten etwas an die frische Luft gehen, Dieter", meinte Karin, bevor Volker antworten konnte. Sie nahm Dieter einfach beim Arm und führte ihn durch die offene Terrassentür in den Park. "Warum nimmst du dich nicht etwas zusammen?" Sie sah ihn vorwurfsvoll an.
"So wie du?" Dieter berührte ihr Gesicht. "Scheinbar merkst du nicht einmal, daß du weinst", sagte er. Mit einer wütenden Bew egung warf er sein leeres Sektglas in die nahen Büsche. "Ich bin schuld", klagte er sich an. "Ich ganz alleine."
"Schuld woran?" fragte Karin verständnislos. "Wenn es einen Schuldigen gibt, dann höchstens Jürgen. Hätte er nicht Christina verlassen, sie hätte sich niemals mit Volker verlobt." Niederg eschlagen wandte sie ihr Gesicht dem Haus zu. Es wurde bereits wieder getanzt. Fröhliche Musik klang in den Park hinaus. "Aber selbst dann hätte sich Volker nicht in mich verliebt", fügte sie bitter hinzu. "Ich bin niemals mehr als Christinas Freundin für ihn gewesen."
* * *
"Harro, so hatten wir uns das eigentlich nicht gedacht", meinte Volker von Quant alles andere als begeistert, als der Schäferhund in die Kutsche sprang, die vor dem Gutshaus wartete. "Ab mit dir!" befahl er und wies zur Freitreppe.
Harro dachte nicht daran, diesem Befehl nachzukommen. Er veränderte nur etwas seine Haltung und sah erwartungsvoll sein Frauchen an. "Wuw", machte er und legte eine Pfote auf Christ inas Knie.
"Warum nehmen wir ihn nicht mit?" fragte die junge Frau. "Harro fährt nun einmal für sein Leben gern mit der Kutsche." Sie kraulte Harros Kopf, was diesem ein genußvolles Seufzen en tlockte.
Volker blickte kopfschüttelnd in die Kutsche. "Sieht aus, als hätte ich mich gestern nicht nur mit dir, sondern auch mit Harro verlobt", scherzte er. Sie wollten zu einem zwei Kilometer en tfernten
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